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8 Millionen fehlen

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Ein österreichisches Fremdenver-kehrskonzept soll die „Konzeptreihe“ der Bundesregierung fortsetzen. Veröffentlicht wurde dieses Schriftstück bisher noch nicht, und auch bei der Pressekonferenz im Wiener Palais Pallavicini war Bundesminister Mitterer nur bereit Schlagworte daraus vorzutragen und einer seiner Unterreferenten verlas einen Teil des Inhaltsverzeichnisses. Denn man ist vorsichtig geworden in unserem föderalistischen Land. Fremdenverkehr ist Ländersache und da am Konzept auch nach dem österreichischen Fremdenverkehrstag noch ge-. feilt wird, wollte man jede- allzuharte Stellungnahme eines Bundesministeriums vermeiden. Egal, wie dieses Fremdenverkehrskonzept mit seiner endredigierten Fassung aussehen wird, schon jetzt meinen Fachleute, es sei weniger ein Konzept denn eher — wie übrigenns das Verkehrskonzept und teilweise der Energieplan — eine Bestandsaufnahme. Eine Bestandsaufnahme, die bei den Urzeiten des Flugverkehrs beginnt, um auf den heutigen Standard des Flugverkehrs und seines Einflusses auf den Fremdenverkehr zu kommen, eine Aufzählung der bisherigen Leistungen, ein vorsichtiges Zeigen der eventuellen Möglichkeiten, wenn, ja wenn das Geld vorhanden ist.

Denn während Gewerbe und Handel im umfangreichen Maße Exportförderung genießen, hat der von Konkurrenz am härtesten betroffene Fremdenverkehr teilweise nicht einmal die ihm zustehende steuerliche Begünstigung erhalten (Mitterer: „Man kann doch schließlich nicht mit der Grundsteuer den Garten eines Hotels genauso bewerten wie den eines Privatmannes“). 8 Millionen Schilling brauchte allein die Fremdenverkehrswerbuing auf Bundesebene, um im Ausland den werblichen Status quo halten zu können. Denn die 55 Millionen Schilling, die im Vorjahr genügten, sind 1969 zu gering geworden. Dafür führt der Handelsminister nicht eine enorm expansive Werbetätigkeit an, sondern die Tatsache,

• daß die mit viel Mühe aufgebauten Fachleute, wenn sie nicht von Konkurrenzunternehmen der Reiee-bürobranche und des Flugverkehrs abgeworben werden sollen, eben immer wieder Gehaltserhöhungen bekommen müssen;

• daß ein Mietenstillstamd in Wien, in Österreich, in Westeuropa und anderen Ländern, wo Österreich seine „Fremdenverkehrsbotschaften“ unterhält, nicht usuell sei. (Mitterer: „In Frankreich kommt eben alle zwei Jahre der Hausherr und saigt: ,Entweder Sie zahlen mehr, oder Sie fliegen raus.'“)

• und daß schließlich die ausländische Konkurrenz immer stärker wird.

Vor allem die Ostländer machen mit Diskontpreisen Österreich das Leben sauer. *

So will man in unserem Land nunmehr auf dem Fremdenverkehrssektor eine konzentrierte Aktion starten und engste Zusammenarbeit zwischen den einzelnen Institutionen, die sich mit dem Fremdenverkehr befassen, anstreben. Denn in unserem 7-Millionen-Staa>t macht jeder für sich seine Public-Rela-tions-Kampagne:

• Der Staat wirbt im Ausland, die Mittel werden hierfür- zu zirka drei Viertel vom Staat, der Rest je zur Hälfte-von der Bundeskammer der gewerblichen Wirtschaft und von den Ländern aufgebracht;

• die Länder werben daneben oft gegeneinander (vor allem für den Winterurlaub);

• die Bundeskammer der gewerblichen Wirtschaft verfügt über ein eigenes Werbebudget;

• jede, wenn auch noch so kleine Gemeinde verwendet die Mittel, die ihr aus dem Kurbeitrag zukommen, teilweise für werbliche Maßnahmen;

• die österreichische Spielbank AG hat ihre eigene Werbung mit Fremdenverkehrszentren ;

• die privaten Hoteliers werben direkt oder über Reisebüros... „et cetera, et cetera“ könnte man mit dem Zitat des Königs von Siam aus dem amerikanischen Erfolgsmusical „Der König und ich“ sagen.

Mit dieser Problematik und dem breiten Spektrum der Möglichkeiten und Schwierigkeiten des Fremdenverkehrs befaßte sich der Österreichische Fremdenverkehrstag in Baden.

Schwerpunkte der Abschlußreso-lution waren dabei die unbedingt notwendige Qualitätssteigerung, die stärkere Förderung des Fremdenverkehrs durch Bund und Länder, das gemeinsame Vorgehen, die gegenseitige Information aller mit dem Fremdenverkehr befaßten Stellen und vor allem die Tatsache, daß die österreichische Wirtschaft und Zahlungsbilanz ohne Fremdenverkehr in Schwierigkeiten geraten würde.

Trotzdem in Österreich auf den Speisekarten der Restaurants die Beefsteaks, Roastbeefs wie in anderen europäischen Staaten auch, bereits die dominierende Rolle eingenommen haben, ist man sich in einem bei allen Fremdenverkehrsstellen klar:

„Eine eigene österreichische Note muß erhalten bleiben.“ Denn trotz geringer Werbemittel im Vergleich zum Ausland bringt der Begriff „lovely Austria“ noch immer die meisten Besucher. So gesehen war der „Brinkley-Report“ im amerikanischen Fernsehen vom Schlaraffenland an der Donau eine gute und dazu noch billige Werbung.

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