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Kinderfilm-Fadesse

Gequält von einer fiesen Haushälterin und dem Klassenrowdy, träumt sich Philipp, genannt Lippel, hinein in die Märchenwelt von „Tausendundeiner Nacht“: Klaus Maars Kinderbuch „Lippels Traum“ aus dem Jahr 1984 ist eine schöne Geschichte über die Kraft der Fantasie. Das kann man von der zweiten Verfilmung des Stoffes leider nicht behaupten. Selten konnte man in den letzten Jahren einen derart uninspirierten Kinderfilm sehen, daran ändern auch Moritz Bleibtreu als Vater und Anke Engelke mit ihrer achtbaren Darstellung der bösen Furie, die Lippel auch in seinem Traum verfolgt, nichts. Merkwürdig distanziert wird die Handlung heruntergespult, als ob Regisseur Lars Büchel versucht hätte, nur ja keine Emotionen hervorzurufen. Wenn Lippel am Ende jenen Mitschüler, von dem er gemobbt wird, die Stirn bietet, und zusammen mit neu gewonnen Freunden die gemeine Haushälterin verjagt, lässt das einen völlig kalt und erweckt lediglich den Eindruck von Pflichterfüllung. Hinzu kommt, dass die in Marokko gedrehten Orient-Bilder ebenso grau wirken wie jene aus dem verregneten Bayern. Besser das Buch (vor-)lesen.

(Michael Kraßnitzer)

Lippels Traum

D 2009. Regie: Lars Büchel. Mit Karl Alexander Seidel, Moritz Bleibtreu, An-

ke Engelke. Verl.: Constantin. 101 Min.

Animations-Analogie

Er landet, setzt Fuß auf den eroberten Boden, in den er sogleich, erfüllt von Stolz, die US-Flagge rammt; jetzt muss er nur noch auf die Erde zurück und zum Gouverneur ernannt werden – bis er nach rechts blickt … Astronaut Chuck Baker hatte sich seine Mission anders ausgemalt – nun sitzt er als Staatsfeind Nr. 1 auf „Planet 51“, der sich ein bisschen so anfühlt wie die USA in den 50ern. Seine einzige Hoffnung auf Rückkehr: die Hilfe von Alien-Teenager Lem, dessen Leben nun natürlich aus der Bahn gerät. Der Plot: nicht unbedingt originell. Dazu noch „inspirieren“ sich die Macher bei „Wall-E“ und „Shrek“. Dennoch: Der Animationsfilm von den 2002 gegründeten Ilion Animation Studios steckt voller Zitate und Analogien, gestaltet sich als Aufruf zur Toleranz – und gegen eindimensionale Problemlösungen – und verfügt über humorvolle Ideen. – Nur wirken diese wie optimal in ihr 50er-Umfeld eingebettet: leicht überholt, aber immerhin sympathisch. (Nicole Albiez)

Planet 51

E/GB 2009. Regie: Jorge Blanco.

Verleih: Sony Pictures. 91 Min.

Möchtegern-Leinwanddrama

Die haarsträubendsten Geschichten schreibt immer noch das Leben – wie das Schicksal der jüdischen Hochspringerin Gretel Bergmann beweist: Sie wurde, um einen US-Boykott bei den Olympischen Spielen 1936 in Berlin zu verhindern, von den Nationalsozialisten alibihalber aus ihrem britischen Exil „heim ins Reich“ der deutschen Nationalmannschaft berufen. Für die NS-Führung stand allerdings fest, dass sie unmöglich eine Jüdin ins Rennen um die Goldmedaille schicken können – und fanden mit Dora Ratjen (im Film Marie Ketteler) die Lösung des Problems: eine überlegene Team-„Konkurrentin“, die in Wirklichkeit ein Mann war! Angesichts der Fülle an inszenatorischen Möglichkeiten ist es eigentlich ein Kunststück, die Verfilmung dieser historisch belegten Geschichte in den Sand zu setzen – Regisseur Kaspar Heidelbach ist dieses mit dem Drama „Berlin ’36“ gelungen. Nicht nur die im Film verschwimmende Grenze zwischen Fakt und Fiktion erweist sich als problematisch, die holzschnittartige Charakterzeichnung der Protagonisten und die undifferenzierte Opfer-Täter-Darstellung verhindern eine ernsthafte Auseinandersetzung mit diesem unglaublichen (Sport-)Skandal. Selbst die charismatische „Gretel“- Darstellerin Karoline Herfurth kann nicht verhindern, dass sich das Möchtegern-Leinwand-Drama als müdes „nach einer wahren Begebenheit“-Fernsehfilmchen entlarvt. (Jürgen Belko)

Berlin ’36

D 2009. Regie: Kaspar Heidelbach. Mit Karoline Herfurth, Sebastian Urzendowsky, Axel Prahl. Verl.: Filmladen.100 Min.

Folter-Legende

Wären da nicht die patentierten Verstümmle-dich-oder-stirb-Spiele, so hätte die „Saw“-Reihe mit ihrem sechsten Teil die Schwelle der Aberwitzigkeit überschritten: Foltermeister Jigsaw in den Fußstapfen von Michael Moore! Während die personifizierte Unmenschlichkeit des US-Gesundheitswesens durch seine Fallen humpelt, dreht und wendet sich die Legende des Killers dermaßen beliebig wie geschickt, dass sie den verbliebenen harten Kern an Fans noch geraume Zeit bei der Stange halten wird. (Thomas Taborsky)

Saw VI

USA/CDN/AUS/GB2009. Regie: Kevin Greutert. Verl.: Lunafilm. 90 Min.

Krisen-Einschau

Für Til Schweiger (Bild re.) ist es offensichtlich ein Merkmal unserer Zeit, dass Menschen vom Glück reden, stattdessen aber am eigenen und anderer Leute Elend werkeln. Gründe, wie Ludo und Anna, jenes Paar, das sich in „Keinohrhasen“ zusammengestritten hatte, wieder auseinanderdriften, bieten sich ihm daher viele. In „Zweiohrküken“ wird zuerst sie eifersüchtig, dann er. Misstrauen macht sich breit, persönliche Unsicherheiten treten zutage, Souffleure säen weitere Zwietracht.

Schweigers treffende Krisen-Einschau legt los. Sie reicht aber immer nur bis zum jeweils nächsten Gag der Seitenblicker-Komödie, die er parallel dazu quasi als Ablenkung aufzieht. Beide Hälften seines Films sind durch und durch kalkuliert, in jenem Pastell, Braun und Gold, das Schweigers Produktionen so eigen ist, den prominenten Gästen und Verweisen auf den Vorgänger. Er versucht nicht nur, am Puls der Zeit zu sein, mit „Zweiohrküken“ will er der Puls sein. Auch wenn er deshalb mit gehöriger Selbstironie und giftigen Kommentaren auf gemeinsame Feinde, unter anderem seine Kritiker, immer wieder die Verbundenheit mit dem Publikum betont: Sein eigener Film, vor allem dessen Erscheinungsbild, widerspricht ihm darin. (Thomas Taborsky)

Zweiohrküken

D 2009. Regie: Til Schweiger.

Mit Til Schweiger, Nora Tschirner, Ken Duken. Verleih: Warner. 124 Min.

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