RomeoEtJuliette  - © Foto Monika Rittershaus

"Roméo et Juliette": Hollywood, MeToo und Auspuffgase

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Das MusikTheater an der Wien zeigt unter der Regie von Marie-Eve Signeyrole das wohl berühmteste Liebespaar der Weltliteratur unter den Umständen der 1990er Jahre.

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Das MusikTheater an der Wien zeigt unter der Regie von Marie-Eve Signeyrole das wohl berühmteste Liebespaar der Weltliteratur unter den Umständen der 1990er Jahre.

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Das Geschehen ist in die Gegenwart verlegt. Nichts Neues in der aktuellen Regieszene. Aber deswegen muss man nicht so übertreiben und Charles Gounods sehr freie Shakespeare-Oper „Roméo et Juliette“ gleich in das Hollywood der 1990er Jahre transferieren. Und wenn, dann bitte nicht so verkrampft und geschmäcklerisch, mit Videos, die vielfach von der ohnedies nur schemenhaft angedeuteten Handlung ablenken, und zu Autorennen umgedeuteten Duellen. Dazu ein Finale, wie es unsensibler kaum vorstellbar ist. Denn Juliette stirbt an Auspuffgasen. Aber geht es tatsächlich um diesen Gounod? Bildet seine Musik hier nicht eher eine Hintergrundkulisse für eine ganz andere Erzählung, wie es die Regisseurin Marie-Eve Signeyrole auch im Programmheft – das man wieder einmal lesen muss, um die Regie zu verstehen – erklärt? Sie will mit dieser ihrer Arbeit vorrangig dem Coppola-Clan ein Denkmal setzen, nimmt so nebenbei auch die MeToo-Debatte mit, geißelt das Verhältnis von Vater Coppola zu seiner Tochter, die sich erst langsam aus den Klauen des Clans lösen und zu einer eigenen Persönlichkeit emanzipieren konnte.

Eine Filmstory, und das durchaus spannend erzählt. Aber als solche hat man es nicht avisiert, sondern ausdrücklich als Inszenierung der Gounod-Oper. Und deren Anliegen, man muss es nicht detaillierter ausführen, ist ein sehr anderes. Sie behandelt nicht einen von Medien hysterisch verfolgten Clan-Konflikt, sondern eine tragisch endende Liebesgeschichte. Man braucht dazu nur die Partitur befragen. Ob sie bei dieser Produktion des MusikTheaters an der Wien wirklich eine Rolle gespielt hat? War man nicht ohnedies nur an einer ausgeflippten Szenerie interessiert? Dafür spräche, dass man Gounods Musik mit einigen Pop-Beiträgen ergänzt. Wozu? Das bleibt wie vieles offen.

Und musikalisch? Das ORF Radio-Symphonieorchester Wien hätte sich einen versierteren Dirigenten verdient als den mit Gounods Farben hörbar wenig vertrauten Kirill Karabits. Entsprechend wenig klingt aus dem Orchestergraben der ohnedies problematischen Akustik dieses in dieser Szenerie noch atmosphäreloseren Ambientes. Mélissa Petit und Julien Behr bemühen sich in den Titelpartien um ihr Bestes. Das Beste ist in dieser fehlgeleiteten Produktion aber wieder einmal der Arnold Schoenberg Chor. Damit ist auch schon alles gesagt.

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