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TJROHE Osterbotschaft ist aus Cannes ge- kommen. Der Helmut-Käutner-Film der Wiener Cosmopol-Eilm „Die letzte Brücke“ hat bei den Internationalen Filmfestspielen in Cannes nicht nur den Großen Preis des katholischen Filmbüros, sondern gemeinsam mit sechs anderen Filmen auch den Prix International erhalten. Neben dem Grand Prix, den ein japanischer Film erhielt, ist dies die höchste Auszeichnung des Festivals. Dar, über hinaus wurde die Hauptdarstellerin des Films, Maria Schell, zur „besten Filmschauspielerin" des Jahres gewählt. Ein Vertreter der Produktions- firma, Regisseur Käutner, und Maria Schell waren in Cannes anwesend und konnten persönlich die Auszeichnung in Empfang nehmen. — Das ist Oel in die Wunde unserer österreichischen Produktionsmisere. Wenn wir auch einige nicht unwesentliche künstlerische Potenzen der „Letzten Brücke" aus anderen nationalen Zonen „kooptiert" haben, so ist die noble völkerversöhnende und die künstlerische Haltung dieses Films, der die edle Aktion und den tragischen Untergang einer Aerztin der deutschen Armee im jugoslawischen Partisanenkampf eitjr drucksvoll und würdig schildert, doch als Geist von unserem Geiste anzusprechen. Da sich zudem zur Zeit in unseren heimischen Ateliers manches Vielversprechende ankündigt, ist mit einigem Recht zu hoffen, daß der Tiefpunkt des österreichischen Filmschaffens überwunden ist und frischer Frühlingswind durch das Potemkin-Grin- zinger Dorf pfeift. Vielleicht war die „letzte" die rettende Brücke.

A LS man vor einigen Wochen hörte, daß ein Team beamteter Kunstrichter nach einem Punktesystem Stücke und Aufführungen der kleinen Wiener Theater bewerten sollte, bekam man einen gelinden Schrecken. Man fürchtete, daß dies Punktesystem etwa so aussehen könnte: Autor des Stückes seit garantiert 50 Jahren tot: 2 Gutpunkte; Einschlafen eines Beamten nach dem dritten Akt: 3 Schlechtpunkte; nach dem zweiten Akt: 4 Schlechtpunkte; Lachen am falschen Fleck: 1 Schlechtpunkt; Länge des Stückes unter zwei Stunden: 1 Gutpunkt usw. — Nun aber liegen die Ergebnisse vor, und siehe da, es wurde das ambitionierte Theater-„Kalei- doskop" in der Secession für die Aufführung von „Leonce und Lena" mit dem ersten, das Theater im Palais Eszterhäzy für „Feuer auf der Erde" mit dem zweiten Preis bedacht. Die Entscheidung ist zu begrüßen, denn die Kunst ist aus diesem Wettbewerb, allen Befürchtungen zum Trotz, als „Sieger nach Punkten" hervorgegangen.

TN IE Triennale für Kunstgewerbe Arbeiten in Glas, Porzellan, Stoffen, die heuer wieder in Mailand stattfinden wird, hat Oesterreich im Juli des vergangenen Jahres zur Teilnahme eingeladen. Vor kurzem, nachdem mehr als ein halbes Jahr vergangen war, wurde endlich zu einem Preisausschreiben aufgerufen, das die Entwürfe ermitteln soll, mit denen Oesterreich vor die internationale Kritik treten will. Die Eile, in der nun alles arrangiert werden muß, wird diesem Vorhaben bestimmt nicht nützlich sein. Ob die Tatsache, daß man sich lange Zeit nicht über die Person des verantwortlichen Kommissärs einigen konnte, an dieser Verzögerung schuld ist, oder ob bloß die Akten solange bei den Behörden lagen?

A UCH vpn den Vorbereitungen zur Biennale in Venedig ist nichts Erfreuliches zu berichten. Eine lange Liste von Namen — alles durchaus angesehene und repräsentative Künstler — wurde der Oeffentlichkeit bekanntgegeben, die Oesterreichs bildende Kunst in Venedig vertreten sollen. Es geht bei der Biennale darum, einen der wichtigen Preise zu gewinnen; und das wird nur dann möglich sein, wenn man einige wenige Künstler mit ihren wesentlichsten Werken ausstellt und nicht eine bloß informative Ueberschau mit einer erschöpfenden Fülle von Künstlern bietet, die dann alle leer ausgehen müssen. Ob auch hier keine Einigung erzielt werden konnte und die genannte Liste ein Kompromißvorschlag ist, der es allen recht machen wollte?

E INE Hauptschule in Favoriten hat eine eigene Kunstgalerie erhalten. Auf den Korridoren der Hauptschule Wienerfeld-Ost hängen nun Bilder lebender Künstler, von Beck. Biljan-Bilger, Swoboda und anderen. Es wird berichtet, daß bei der Eröffnung die Erwachsenen mit dem einen oder anderen der Bilder noch nicht viel anzufangen wußten, die Rinder aber durchaus mitgingen, und den Eltern die ‘einzelnen Formen auf ihre Weise erklärten. Es ist geplant, auch in anderen Schulen solche kleine Galerien einzurichten, und das ist in mehrfacher Hinsicht ein vortrefflicher Gedanke. Nicht nur, daß die Gemeinde Wien dadurch zu intensiverem Ankauf von Kunstwerken angeregt wird, kommen sie in Schulen bestimmt besser zur Geltung als in Amtsstuben Besonders wichtig erscheint aber, daß die Jugend, die ja für neue Eindrücke besonders aufnahmefähig ist, mit der Kunst aufwächst. In zwanzig Jahren wird dann nicht mehr gefragt werden, ob ein Bild „altertümlich" oder „modern", sondern nur, ob es „gut" oder „schlecht" sei.

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