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Aus Zeiten und Zonen

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Ll Gl. Das Buch der Sitte. Uebertragen von Richard Wilhelm. Eugen-Diederichs-Verlag, Düsseldorf. 356 Seiten. Preis 15.80 DM.

Das von Meister Kungtse (Konfuzius) begründete oder angeregte Schrifttum ist nach der chinesischen Terminologie die Summe aus den fünf kanonischen Büchern ersten Ranges (Wu-King) und den vier zweiten Ranges (Si-Schu). Zur ersten Gruppe gehört das bekannte „Buch der Wandlungen" (I-Ging, das Wilhelm ebenfalls bei Diederichs herausgab), zur zweiten rechnet man das hier besprochene, auch „Li-Ki“ oder „Aufzeichnungen über die Sitten“ genannt, ein Sammelwerk aus dem 2. Jahrhundert vor Christi. Die abschließende Fassung stammt von Dschong-Kang-Tschong. Ein Buch für den praktischen Gebrauch, sozusagen ein Knigge, aber freilich — alle Vergleiche treffen ins Leere, wenn, wie hier, es sich nicht um Begriffe von Ehrfurcht, Arbeit, Ehewahl, Duldsamkeit allein handelt, sondern um eine leuchtende Linie geistiger Ideen, die von Konfuzius zurück in die Anfänge der chinesischen Kultur, und von ihm zu den Nachfolgern, wie Sün-King, führen. Für den Leser von heute ist das Buch ein Innenhof, vor dessen Mauern sich der Lärm der Zeit bricht, eine Quelle der Weisheit und Belehrung, das zu kritischer Stellungnahme auf jeder Seite auffordert, dabei an sich leicht lesbar ist. Daran mag die flüssige Uebersetzung ein Verdienst haben.

DER PFAD ZUR ERLEUCHTUNG. Uebersetzt von Helmuth von Glasenapp. Eugen-Diederichs-Verlag. Düsseldorf. 220 Seiten. Preis 9.60 DM.

Die hier von dem bekannten Indologen und Professor der vergleichenden Religionswissenschaft („Der Hinduismus“, 1922; „Die Literaturen Indiens", 1929; „Der Buddhismus", 1936; „Die Philosophie der Inder“; „Die fünf großen Religionen“, 1951 52) herausgegebene Band bietet eine Auswahl von Ueber- tragungen aus der buddhistischen Literatur Indiens, teils in Prosa, teils in Versen. Als Grundlage dienten das „kleine“ „.das „große“ und das „DiamantfaEr- ddttg . Dem Herähsgeber fern ės'auf die Vermittlung wesentlichen Gedankeninhaltsrin gedrängter ' Form an. Wer mehr wissen will, kann sich mit Hilfe der überall am Ende der Textzeilen angegebenen Quellenhinweise weiterfinden. Die Sprache der Uebersetzung wirkt durchaus anschaulich.

GAUKLER, FÜCHSE UND DÄMONEN. Von Pu Sung - Ling. Aus dem Chinesischen übertragen von E. P. Schrock und Liu Guan-Ying. Verlag Benno Schwabe & Co., Basel. 232 Seiten. Preis 7.80 sfr.

Von Pu Sung-Ling, der im Jahre 1622 geboren wurde, ist nur ein Werk erhalten, das mehr als

400 Einzelgeschichten enthält und in unserer Sprache den langen Titel „Merkwürdige Geschichten aus einer einsamen Bibliothek“ („Liau Dschai Dschi I“) trägt. Was diese Erzählungen auch in der Ueber- tragung so packend und lebendig macht, das ist die merkbare Spur des chinesischen Volksglaubens, jenes Glaubens, der noch in unser Jahrhundert ungebrochen hineinwirkt.

EWIGES MORGENLAND. Von Rudolf Ge1pke. Verlag Benno Schwabe & Co., Basel. 141 Seiten. Preis 6.50 sfr.

In drei Gruppen: Kinder der Wüste; Die Welt der Kalifen und Städte; Aus Persiens Gärten — gibt der Uebersetzer, mit der Ausnahme des Schakir al- Batluni aus dem 19. Jahrhundert, durchweg Erzählungen und (wenige) Gedichte aus der Zeit des Aufstiegs und der Blüte islamitischer Kultur. Im ersten und zweiten Teil stehen fast lauter arabische, im dritten persische Verfasser. Nach persischen Motiven hat Li Gelpke in das Buch hübsche Zeichnungen eingestreut.

ANNALEN. Von Tacitus. Deutsch von August Horneffer. Mit einer Einleitung von Joseph Vogt und Anmerkungen von Werner Schur. Alfred-Kröner-Verlag, Stuttgart. XLII 611 Seiten, 7 Bildtafeln, 1 Karte. Preis 13.50 DM.

In der Reihe der vielen Uebersetzungen der „Annalen“, deren moralisch-pessimistische Darstellung der Kaiserzeit lange Zeit das Urteil über diese Epoche beeinflußte, darf die Horneffers wegen der sauberen Sprachführung auf weite Beachtung zählen. Da sich in den letzten Jahrzehnten die Wissenschaft auf das Geschichtsdenken des Tacitus warf, ist die essayistisch geschliffene Einleitung Vogts, „Die Geschichtsschreibung des Tacitus, ihr Platz im römischen Geschichtsdenken und ihr Verständnis in der modernen Forschung“, für alle, die sich mit dem Werke befassen, von bestimmender Wichtigkeit (der Verfasser führt Quellen und Hinweise, vor allem aus der Fachliteratur, genau an). Wenn die Worte ..Mommsens zitiert werden, die- Tacitus und seinem Werke den „Unwillen über das Sagen dessen, was verschwiegen zu werden verdiente, und über das Verschweigen dessen, was notwendig war zu sagen“, vorhalten — so muß man bedenken, und Vogt spricht es klar aus, daß dem Geschichtsschreiber nur das abverlangt werden darf, „was im Rahmen der Aufgaben, Darstellungsformen und Wertbegriffe der römischen Historiographie einem Genius zu geben möglich war". Und das war genug, um fast zweitausend Jahre zu überdauern.

Hanns Salaschek

HINFÜHRUNG ZU THOMAS VON AQUIN. Zwölf Vorlesungen von Josef Pieper. Kösel-Ver- lag, München. 246 Seiten.

Die Lehre des doctor communis ist so reich, daß jede Zeit sich daraus ein ihr entsprechendes Thoirtas- bild entwerfen kann. Piepers feinsinnige Vorlesungen berücksichtigen die heutigen philosophischen Strömungen und Bedürfnisse, ohne jedoch dem thomasischen Werk oder seinem Geist Gewalt anzutun. So werden aus dem Leben, der Umwelt und der Lehre des hl. Thomas besonders solche Einzelheiten hervorgehoben, die gerade die heutigen Philosophierenden beeindrucken und bei der Wahrheitssuche unterstützen können: der Mendikantenstreit, der Pariser Universitätsbetrieb, der uns fast verlorengegangene Sinn für das sachlich geführte, wirklich fruchtbare Streitgespräch (disputatio), die unglaubliche geistige Konzentration, die es Thomas ermöglichte, gleichzeitig mehrere Werke zu diktieren, das viel geschmähte mittelalterliche Latein als eine klare, knetbare und lebendige Sprache, vor allem aber das ausschließliche Streben nach Wahrheitsfindung und die ausgezeichnet dargestellte „existentielle“ Interpretation des thomasischen Seins- und Gottesbegriffs. Bezüglich der Verbindlichkeit des Thomismus erörtert der Verfasser zwar eine allgemeine, sehr beachtenswerte Richtlinie, aber auf dieses noch immer aktuelle Problem geht er nicht näher ein. Nicht nur den Philosophie- und Theologiestudenten, die sich ex professo mit der Lehre des hl. Thomas zu befassen haben (Codex Juris Canonici, can. 589, u. 1366), kann diese vorbildliche Schrift wärmstens anempfohlen werden, sondern auch allen Philosophierenden, die in der hier erschlossenen Gedankenwelt Wege zum selbständigen Denken und einen Aufstieg zur höheren Weisheit finden können. Das Buch ist geeignet, zu einem Thomasbild beizutragen, das weder »durch einseitige Schulmeinüngen eingeengt, noch durch die Scheu vor jedem wie immer gearteten „Thomismus“ entstellt wird.

DDr. N co Creitemann

DAS WUNDER MENSCHENHIRN. Die abenteuerliche Geschichte der Gehirnforschung. Von Alfred Mühr. Walter-Verlag, Olten, 464 Seiten, 140 Bilder. Preis 26.50 sfrs.

Trotz der vielen hochinteressanten Ergebnisse aus der Hirnforschung ist das Wissen um das Wesen des menschlichen Gehirns wenig verbreitet; außerhalb der Fachwelt findet man selten konkrete Vorstellungen darüber. Wer sich informieren wollte, griff eben zum verläßlichen Fachbuch. Der Verfasser, bekannt durch seine kulturgeschichtlichen Romane über die Seide, das Porzellan und die Diamanten, dessen Liebe der Medizin gehört, hat, obwohl weder Arzt noch Anatom, mit seiner Monographie der Erforschung des menschlichen Gehirns einen interessanten Tatsachenbericht geschaffen. Es gelang ihm, den spröden, schwer zugänglichen Stoff, den er mit großem Fleiß und peinlicher Gewissenhaftigkeit erarbeitet hat (umfangreich ist das Literaturverzeichnis), feuilletonistisch zu formen, ohne den Boden der Gründlichkeit zu verlassen. Mit anderen Worten, er hat über ein ernstes Thema lesbar geschrieben. Von den frühesten Anfängen bis zu unserer Zeit spannt er den Bogen der Gehirnforschung, der uns Einblick gibt in das Mysterium unseres Geistes- und Seelenlebens. Ganz besonders lag Mühr daran, von den naturwissenschaftlichen Methoden und der Denkweise der Forscher zu berichten (unter denen die Oesterreicher einen hervorragenden Platz einnehmen), wie man Schritt für Schritt zur Entdeckung all der einzelnen Kenntnisse gekommen ist. Erstaunlich viel Exaktes und Grundsätzliches, aber auch Informativ-Historisches findet sich in dieser gediegen ausgestatteten, reich illustrierten Monographie. Mancher Leser wird dieses oder jenes zweimal durchgehen, weil es ihm vielleicht zu ungewohnte Kenntnisse vermittelt, steckenbleiben wird er in dem spannenden Bericht bestimmt nicht. Dürfen wir noch vermerken, daß der bekannte Psychiater und ehemalige Assistent Wagner-Jaureggs Erwin und nicht Emil Stransky heißt (S. 463) und die russische Mathematikerin -sich Kowalewskij und nicht Kowalewsky (Tafel 45) schreibt?

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