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Neue Musikerbiographien

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Franz Schubert. Von Karl Kobald (Almathea-Verlag, Zürich-Wien). — Giuseppe Verdi. Von Karl Holl. — Johann Strauß. Von Werner Jaspert. — Franz Lehar. Von Stan Czech. (Sämtliche: Verlagsbuchhandlung Franz Perneder, Wien)

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Franz Schubert. Von Karl Kobald (Almathea-Verlag, Zürich-Wien). — Giuseppe Verdi. Von Karl Holl. — Johann Strauß. Von Werner Jaspert. — Franz Lehar. Von Stan Czech. (Sämtliche: Verlagsbuchhandlung Franz Perneder, Wien)

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In seinem Schubert-Buch, dos in einer erweiterten, ergänzten und reich illustrierten Neuauflage erschienen ist — mit welcher sich das mit Recht beliebte Werk dem 50. Tausend nähert — erweist sich Kobald, ähnlich wie in seinem „Beethoven" — als Meister jener Mischform, die Kulturhistorie, Biographie und Werkbeschreibung umschließt. Die Anlage dieser Biographie ist vor allem dadurch charakterisiert, daß die einzelnen Kapitel meist nur zwei bis drei Seiten umfassen. Trotzdem entsteht, ähnlich wie bei einem Mosaik, ein eindrucksvolles Bild, welches dureh die Atmo- späre des Biedermeiers bestimmt ist und dessen Grundfarbe die zahlreichen und herzlichen Freundschaften Schuberts bilden. Das Budi ist sauber gedruckt und friedensmäßig ausgestattet.

Die bedeutendste Musikerbiographie, welche während der letzten Monate erschienen ist — ebenfalls eine Neuauflage —, stammt von dem deutschen Verdi-Forscher Dr. K. Holl. Das Werk ist erstmalig 1940 erschienen und wurde 1942 in einer verbesserten Auflage vorgelegt. Holls Biographie ist die erste umfassende und gültige Gesamtdarstellung Verdis in deutscher Sprache und basiert vor allem auf sämtlichen zugänglichen italienischen Quellen. Im Geiste Verdis, der bekanntlich ein dezidierter Feind des Geniekults und indiskreter Biographik war, überwiegt eine sachlich-nüchterne dokumentarische Darstellung die subjektive Deutung und kritiklose Verhimmelung. Die Weite seines Horizonts erweist der Autor in dem Einleitungskapitel „Der geistige und politische Raum" und in dem meisterhaften Scnlußresume „E ie bleibende Spur“. Sehr treffend und eindrucksvoll ist die Deutung Verdis als des nationalen Repräsentanten der Zeit des Risorgimento in seinen beiden entscheidenden Phasen.

Ein dankbares und liebenswürdiges Sujet gestaltet Werner Jaspert in seiner Johann- Strauß-Biographie. Farbig und bewegt ist das vor- und nachmärzlicbe Wien dargestellt. Besonderes Interesse verdient die 'Familiengeschichte der Strauß und die wenig bekannte

Rußlandepisode. Dem Verfasser gelingt aber auch ein lebendig-anschauliches und überzeugendes Porträt seines Helden. Zur Kunst des Wiener Meisters, insbesondere zu den zahlreichen Operettendžsastres, hat Jaspert genügende Distanz, so daß auch seine Wertungen Anspruch auf Allgemeingültigkeit haben.

Weit weniger ergiebig ist die menschliche Person und das Werk von Franz Lehar, die Soan Czech zu schildern unternommen hat. Der Weg eines Erfolgskümstlers ist, wenn wir von seinen allerersten Stationen absehen, zutiefst uninteressant und ließe sich am einifach- ten und zugleich auch am präzisesten durch Zahlen ausdrücken. „Mein Sinnen und Trachten ist, mir einen Namen zu machen“ — das war in der Tat das Hauptanliegen des jungen Lehar. Und nach dem Erfolg, der ihm später so reichlich beschieden war, strebt er mit einem Fleiß und einer Unbeirrbarkeit, um die ihn jeder anders Künstler beneiden konnte. — Dem Gegenstand seiner Darstellung steht der Autor völlig unkritisch gegenüber und begnügt sich im wesentlichen mit dem Nacherzählen der wenig bewegten Lebensgeschichte seines Helden sowie der Entstehungsgeschichte und Inhaltswiedergabe sämtlicher Lehar-Operetten. Trotz dieser Bescheidung passieren ihm einige bedauerliche Geschrraacksentglaisungen, die besonders arg sind, wenn Lehar mit anderen zeitgenössischen Künstlern verglichen wird, so etwa in seinem op. 1 („Ich fühl’s, daß ich tief innen kranke“), mit dem jungen Hofmannsthal und später mit Puccini. Doch bleibt dem Verfasser das Verdienst, alles Wissenswerte über seinen Gegenstand mit Fleiß zusammengetragen zu haben. Auif der von ihm geschaffenen Basis könnte eine Deutung, Wertung und Kritik vorgenommen werden.

Die vorliegenden drei Bücher des Pemeder- Verlages sind mit ausführlichen und sorgfältig gearbeiteten Registern, Werkverzeichnissen und Quellennachweisen ausgestattet und können auch zu wissenschaftlichen Arbeiten herangezogen werden.

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