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Offene Kanäle: Wann kommt das OK für OKs? Experten und Politiker diskutierten grundsätzliche und finanzielle Aspekte des freien Fernsehens.

Was die Entwicklung elektronischer Medien betrifft, ist Österreich ein recht verschlafenes Land: Bereits seit 1984 gibt es Privatfernsehen in Deutschland, in Österreich findet es mit dem Sender ATV Plus terrestrisch erst seit einigen Wochen statt. Zeitgleich mit dem Privat-TV wurden beim großen Nachbarn damals auch so genannte Offene Kanäle (OK) zugelassen. Sender, deren Programm von den Sehern gemacht wird. Zumeist ohne inhaltliche oder gestalterische Beschränkungen. Der Zugang zum Medium Fernsehen soll bei OKs für alle offen stehen - Fernsehen für das Volk, durch das Volk.

In den USA gibt es OKs schon seit 1971, heute senden dort mehr als 2.000 Stationen. In Deutschland sind es rund 80 freie Sender. In Österreich gibt noch immer keinen OK, die unbeschränkte Mitteilungsfreiheit via Äther kann derweil nur über einige, in schweren Existenzkrisen steckende Radiosender gelebt werden.

Rückstand von 15 Jahren

Aber es regt sich was: Der Arbeitskreis Offene Kanäle Österreich (AOKÖ) hält die Debatte stetig am Köcheln, um freies Fernsehen endlich auch hierzulande möglich zu machen. Erst letzte Woche fand in der Wiener Urania eine hochrangig besetzte Podiumsdiskussion zum Thema statt. AOKÖ-Sprecher Johannes Schütz: "In den siebziger Jahren entstanden in Österreich zahlreiche engagierte Videoprojekte, die allesamt als Vorbild für OKs in Deutschland dienten. Wir waren damals Vorreiter. Doch heute haben wir einen Rückstand von 15 Jahren." Für Schütz soll ein OK vor allem dazu dienen, "umfassende Medienkompetenz zu vermitteln und die Infrastruktur fürs TV-Machen kostenlos zur Verfügung zu stellen". Offene Kanäle sollen - quasi als dritte Programmsäule - auch Alternativen zum staatlichen bzw. privaten Fernsehprogramm sein. "Allerdings", meint Schütz, "dürfen OKs nicht kommerzialisiert werden. Es darf hier keine Spaßgesellschaft geben, sondern nur das reale Leben. Sonst wäre ein OK nicht mehr authentisch". Jedenfalls wäre für Schütz die Schaffung eines OK "die Erweiterung des ORF-Bildungsauftrages hinsichtlich Medienkompetenz".

Dieser Meinung ist auch Arno Aschauer, Leiter der Filmschule Wien und früher langjähriger ORF-Mitarbeiter: "Das Fernsehen kann auf diese Weise entmystifiziert werden. Wer am Küniglberg gearbeitet hat, weiß, dass dort Leute Fernsehen machen, die nicht einmal wissen, wer draußen zuschaut." Fernsehen von der Basis ist also gefragt. "Offene Kanäle würden viele neue Programmformen hervorbringen. Mit kleinen Kameras kommt man viel leichter ins Zentrum des Geschehens als etwa der ORF, dessen Auftritte immer recht staatstragend wirken", meint Aschauer, der in OKs auch die Chance sieht, junge, in Ausbildung befindliche Filmschüler experimentieren zu lassen.

Gesplittete ORF-Gebühr?

Doch Fernsehen, und sei es noch so billig produziert, kostet Geld. Woher soll dieses Geld für die Meinungs- und Darstellungsfreiheit aber kommen? Könnten nach der jüngsten Erhöhung der ORF-Gebühren nicht ein paar Prozent davon in die Ermöglichung Offener Kanäle fließen? Die Politik ist gefragt. SP-Bundesgeschäftsführer Norbert Darabos: "Unsere politische Grundsatzerklärung würde vorsehen, zwei Prozent dieser ORF-Gebühren für OKs zu verwenden." "Ein Gebührensplitting halte ich für zu oberflächlich", kontert Ferry Maier, Nationalratsabgeordneter der ÖVP. "Offene Kanäle sind stets regional oder lokal tätig, weshalb die Finanzierung eine Frage für die Länder und Gemeinden sein muss." Maiers Vorschlag: Der so genannte "Kulturschilling", der von der ORF-Gebühr in die Länder umgeleitet wird, soll für OKs nutzbar gemacht werden.

Schwacher politischer Wille

Eine Idee, die weder Schütz noch Darabos begeistern. "Der Kulturschilling wird von jedem Bundesland autonom festgesetzt. Es wird schwierig, alle neun Länder dafür an einen Tisch zu bekommen", glaubt Darabos. Doch Ferry Maier meint: "In Wien könnte Bürgermeister Häupl mit einem Fingerschnipper sagen: Gut, wir machen einen OK. Das ist lediglich eine Frage des politischen Willens." Die Politik schiebt sich den Finanz-Ball also gegenseitig zu.

Immerhin: Die gesetzliche Möglichkeit, offenes Fernsehen zu machen, ist gegeben: Derartige Programme dürfen im Kabel-Fernsehen ausgestrahlt werden. "Der Gesetzgeber hat dies 2001 vorgesehen. Hier ist die Politik nicht mehr gefragt", sagt Ferry Maier. "Wenn davon niemand Gebrauch macht, kann man auch nichts ändern."

Mehr Informationen im Internet unter www.offener-kanal.at

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