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Kabelrundfunk als Herausforderung

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Die Herausforderung, die sich durch die neuen Medien, im besonderen im Bereich des Kabelfernsehens bzw. des Kabelrundfunks, ergeben, stellen auch die Kirche undjene Institutionen und Unternehmungen, die sich der katholischen Kirche verpflichtet fühlen, vor die Frage, welche Zielvorstellungen in bezug auf diese neuen Medien zu entwickeln sind.

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Die Herausforderung, die sich durch die neuen Medien, im besonderen im Bereich des Kabelfernsehens bzw. des Kabelrundfunks, ergeben, stellen auch die Kirche undjene Institutionen und Unternehmungen, die sich der katholischen Kirche verpflichtet fühlen, vor die Frage, welche Zielvorstellungen in bezug auf diese neuen Medien zu entwickeln sind.

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Dabei ist davon auszugehen, daß wir zwar in Österreich programmäßig nach wie vor von einem Monopol des ORF sprechen, sendemäßig dieses Monopol aber bereits durchbrochen ist. Die bestehenden Kabelgesellschaften sind nach der gegenwärtigen Gesetzeslage berechtigt, Programme ausländischer Rundfunkstationen zeitgleich und unverändert an ihre Abnehmer auszustrahlen, was zweifellos bereits eine so starke Durchlöcherung des ORF-Monopols darstellt, daß man eigentlich auch von einem Programm-Monopol nicht mehr sprechen kann.

Für den Empfänger ist es schließlich gleichgültig, ob ein Programm, das nicht vom ORF produziert oder in Auftrag gegeben wurde, in Österreich oder im Ausland auf Sendung geht. Durch diese Entwicklung ist aber bereits der Zeitpunkt abzusehen, zu dem mit zunehmender Vergrößerung der Zahl der Anschlüsse an die Kabelnetze das Bedürfnis steigt, auch eigene, in Österreich produzierte, Programme von österreichischen Kopfstationen auszustrahlen. Neben dieser Entwicklung muß auch die derzeit laufende Diskussion um ein Verlegerfernsehen, also die Möglichkeit, neben dem ORF über Sender und nicht nur über Kabel Programme auszustrahlen, im Auge behalten werden. Was hat das alles für die Kirche zu bedeuten?

Die derzeitige rundfunkrechtliche Situation ist, was die Interessen der Kirche betrifft, eindeutig geregelt. Bereits aus den verfassungsrechtlichen Bestimmungen über den Rundfunk wie Objektivität und Unabhängigkeit lassen sich einigermaßen handfeste Grundlagen Für die Berücksichtigung kirchlicher Anliegen in Hörfunk und Fernsehen gewinnen; noch deutlicher wird dies bei Betrachtung der einfachgesetzlichen Bestimmungen des Rundfunkgesetzes, die eine entsprechende Berücksichtigung der Kirchen im gesamten Programm, also nicht nur in den Kirchenfunksendungen, vorsieht. Wenn auch nicht immer eitel Wonne herrscht, kann man doch sagen, daß die Kirche zumindest im Bereich des Kirchenfunks durch die gegebene Gesetzeslage nicht schlecht abschneidet.

Ob und wie sich dies ändert, hängt von der künftigen Organisationsform und den rechtlichen Bedingungen für die oben zitierten Erweiterungsmöglichkeiten, Rundfunkprogramm zu machen und in Osterreich auszustrahlen, ab. Der Weg Verlegerfernsehen braucht hier nicht weiter verfolgt zu werden, da diese Möglichkeit - wenn sie überhaupt zustande kommt - sicher unter besonderen Bedingungen stehen wird. Die Kirche wird in diesem Fall über die Verlagshäuser der katholischen Preßvereine am Entscheidungs-prozeß beteiligt sein. Eine totale Freigabe der Programmausstrahlung über Sender (also das Modell Italien) und damit auch ein allfälliger eigener Kirchensender kann ebenfalls mit Sicherheit ausgeschlossen werden. Bleibt also als realistische Möglichkeit die Frage, wie der Programmzugang zum Kabelfernsehen in Zukunft geregelt sein wird.

Die derzeitige Entwicklung, nämlich die Beschränkung der bestehenden Kabelgesellschaften auf die bloße Pro-grammzubringung (derzeit nur Übermittlung ausländischer Programme), legt nahe, Für eine definitive Regelung eine Trennung in Sendegesellschaften und Programmgesellschaften vorzusehen. Die Sendegesellschaften wären dann zu verpflichten, bei der Vermietung von Sendezeiten oder bei Konzessionserteilungen an Programmgesellschaften insgesamt jene Kriterien zu beachten, die verfassungsgesetzlich und teilweise einfach-gesetzlich heute bereits den ORF verpflichten (allenfalls wäre dieser Katalog auch noch zu durchforsten). Ein solches System hätte zur Folge, daß die Kirche durch eigene Programmgesellschaften (unmittelbar im kirchlichen Besitz stehende oder solche von in katholischer Hand befindlichen Medienunternehmungen) Konzessionen beantragt, falls solche an mehrere Programmgesellschaften für einen bestimmten Raum vergeben werden oder aber, falls monopolartige Gebilde die Programmkonzessionen erhalten, in diesen Gesellschaften eine entsprechende Repräsentanz finden muß.

Kann aber die Kirche überhaupt ein Interesse an regionalem bzw. lokalem Kabelfernsehen haben? Kirche wird zuerst und vor allem in der überschaubaren Gemeinde und dann als Diözese erfahren. Die Wirklichkeit, die uns die traditionellen Medien über Kirche heute vermitteln, bezieht sich aber vorwiegend auf Weltkirche und landesweite Probleme. Die Ergänzung dieses unmittelbaren Erfahrungsbereiches Gemeinde und Diözese könnte regionaler und lokaler Rundfunk bieten. Die Notwendigkeit, für diesen Bereich Programm zu gestalten, wird zugleich die Chance sein, Menschen, die keinen oder nur mehr wenig Kontakt zur Kirche haben, in neuer Weise anzusprechen; es wird allerdings noch einiger Überlegungen bedürfen, für diese Menschen auch die richtigen und ansprechenden Inhalte und Darstellungsweisen über kirchliches Leben und Tun zu entwickeln.

Selbstverständlich darf ein solches Programm sich nicht in einem Kirchturmhorizont erschöpfen, sondern muß auch vom lokalen Bezugspunkt aus die großen und weltweiten Anliegen der christlichen Gemeinschaft berücksichtigen; schließlich wird ein lokales oder regionales Kabelprogramm ja auch nicht ausschließlich in und über diesen lokalen Bereich produziert werden, sondern neben lokalen Programmteilen wird es Programmteile geben, die von außen zugekauft werden oder in Zusammenschaltung für größere Gebiete gleichzeitig ausgestrahlt werden.

Damit ist schließlich der letzte, aber wichtigste Punkt angesprochen, die Gestaltung von Programmen. Hier liegt die eigentliche Herausforderung für die Kirche, nicht in der Verkabelung, nicht in der Investition der Sendegesellschaften. Die jungen, für die neuen Medien aufgeschlossenen kreativen Menschen sind die Programmacher von morgen. Solche Talente im kirchlichen Raum zu entdecken und jene Menschen, die aus anderen Bereichen kommen, mit kirchlichem Denken und Leben zu konfrontieren, ist das Gebot der Stunde. Manche dieser Talente sind heute schon bekannt. Ihnen Arbeits- und Experimentiermöglichkeiten zu geben, dürfte keine unüberwindlichen Schwierigkeiten bereiten. Aber auch viel Gedankengut, das bisher nur in traditioneller Weise für den Medienkonsumenten in Büchern, Zeitungen und Zeitschriften umgesetzt wurde, müßte auf seine Verwertbarkeit im elektronischen Bereich überprüft werden. Im Programmbereich muß also der Schwerpunkt liegen.

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