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Avantgarde von gestern und heute

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„Aspekte der Düsseldorfer Kunstszene” nennt sich eine von Peter Baum zusammengestellte und in der Wiener Sezession sauber präsentierte Ausstellung, die vorher in der Neuen Galerie der Stadt Linz, Wolfgang Gurlitt-Museum, zu sehen war. Sie beschränkt sich klugerweise auf acht Aussteller, die sie dadurch ausführlicher vorstellen kann und deren Auswahl ein allerdings etwas irreführendes Bild von Geschlossenheit vermittelt. Im Wesentlichen beziehen alle die Positionen der Avantgarde von vor mehr als fünfzig Jahren, die, nach dem Verlust ihrer ideologischen Grundlagen, „keinen anderen Zweck mehr verfolgte, als das künstlerische Experiment auf dieselbe Stufe zu stellen wie die wissenschaftliche und technologische Forschung” — (Argan). Die Ausstellung kennzeichnet sich durch ein kühles, um nicht zu sagen steriles, ąrt pour art, das selbst die Proteste des Dada ins Ästhetische, Ge- schmäcklerische umfälscht, wie etwa in den Benagelungen von Günther Uecker, der sich dann bei seiner „Sandspirale” von „japanischen Gärten” inspierieren ließ. Sein ehemaliger „Zero”-Kollege Heinz Mack wirkt mit seinen „Lichtstelen” und dem „Silber-Rotor” als dünnblütiger Kinetiker und Dekorateur; beide haben sich nicht weiterentwickelt. Die Arbeiten von Rupprecht Geiger besitzen eine für seine von Suprematismus ausgehenden Untersuchungen von Farbe und Form erstaunliche Unsensibilität, während die „Color- Sound”-Variationen von Karl Gerst- ner beweisen, daß quantitative Messungen noch keine Qualität in den Farbtonänderungen ergeben, sondern „Sprünge” die vom „Gestalter” zu korrigieren wären. Von Erwin Heerich stammen nicht uninteressante Pairallelpenspektive-Konstruk- tionen, optische Täuschungen, die als bildnerisches Problem und als Graphiken allerdings dürftig wirken.. Dürftiig erscheinen auch die an und für Sich sauberen Photographien von Bernd und Hilla Becher von Industrie und Faehwerkbäüten’’-- deren unterkühlte Sachlichkeit ebenso reizlos wirkt wie der reichlich primitive „Einfall” der Mondphasen-Pho- tographien von Monika Baumgartl,

eine gleichermaßen naive Bemühung, sich mit dem Phänomen Zeit un- künstleriisph auseinanderzusetzten wie die Demonstration von Klaus Rinke am Eröffnungstag, dessen „Body-Art” nicht einmal eine pantomimische Grammatik abgibt. Seine dekorative „Stangenserie” könnte die Fragilität der heutigen „Erfolgsleiter” symbolisieren. Alles in allem eine Ausstellung, die trotz ihrer Par- tialität den Kahlschlag der bundesdeutschen Kunst und ihrę weitgehend antihumanistischen Positionen deutlich macht.

Dada, das Absurde und Antihumanistische herrschen auch in einer Ausstellung vor, die als „Omaggio a Vittorio de Sica” im Italienischen Kulturinstitut zu sehen ist, das dankenswert 19 bekannte und unbekannte österreichische Künstler dazu eingeladen hat. Neben reichlich unreifen Leistungen finden sich hier aber doch einige sehr beachtliche Arbeiten wie die lyrischen Evokationen von Hans Staudacher, die konzentrierten Meditationskomplexe von Friedrich Plahl, die nicht nur technisch perfekten Formkomplexe von Jörg Hurtig, die zeitkritischen Kommentare von Friedrich Schlögl oder die Graphiken von Renate Bertimann, Angelika Kaufmann und Doris Reiter. Schade, daß die Ausstellung in einen Viel zu engen Rahmen gepreßt erscheint.

Expressive, sicher in die Fläche verspannte Federzeichnungen zeigt Linda Waber, die ausgezeichnete Holzschneiderin, in . der Galerie Würthle. In Stadtvedeuten erinnert sie manchmal vielleicht zu sehr an Rudolf Hradil, entfaltet sich aber in ihren Landschaften aus dem Waldviertel stark und überzeugend, wenn sie auch, Eigenschaften des Papie- res nützend, Effekte und Zufall oft zu sehr ins Spiel bringt, die strenge Disziplin der Holzschnitte kompensiert. Die Aquarelle von Gerald Schmid, die ebenfalls bei Würthle zu sehen sind, wirken, obzwar farbig ansprechend, in, ihrer verschwommenen Gestaltlosigkeit nicht durchwegs überzeugend. Die relativ besten Arbeiten sind unter den Felslandschaften zu finden.

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