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Das Geschäft mit der Traumfabrik

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Der Mercedes in „Dallas“, das Mars-Produkt in ,,E. T.“, der Revolver von James Bond, kein Produkt kommt zufällig in den Film, subtile Werbung sorgt für das Geschäft danach.

Frühlingserwachen in Hollywood bedeutet weltweit bestaunten „Oscar“-Segen. Medienkräftig geehrt werden die besten Filme des letzten Jahres, dazu Regisseure, Stars, sonstige Schauspieler, Komponisten, kurz jede Berufsgruppe, die zur fortwährenden Blüte der Traumfabrik beiträgt. Unbesungen bleiben aber die Product Agents und Merchandising (Handels- und Verkaufs-) Spezialisten, obgleich ihr Beitrag zum finanziellen Erfolg der Branche beständig zunimmt.

Die Kunst, subtile Werbung für Markenartikel oder Dienstleistungen Spielfilmen und Fernsehserien aufzupfropfen, wird schlicht „product placement“ genannt. Sie verquickt raffiniertes Marketing bedeutender Konzerne mit besonderen Bedürfnissen der Filmwirtschaft und gilt als Big Business. Man munkelt von 100 Millionen Dollar Jahresumsatz und noch mehr.

Wer Hollywoodproduktionen jüngeren Datums am Bildschirm oder auf der Leinwand betrachtet, erkennt viele Wort- und Bildmarken. Nicht eine davon wurde gratis oder rein zufällig gefilmt. Denn Dutzende professionelle-„product agents“ konkurrieren heftig um die Chance, Erzeugnisse ihrer Klientel derart unterzubringen, daß sie Millionen Menschen vor Augen geführt, womöglich noch von einem populären Star erwähnt werden. Dafür werden sie von werbefreudigen Firmen fürstlich entlohnt. Ihre Gebühren beginnen mit 10.000 Dollar pro Unterbringung und mehr. Sogenannte „Tie-Ins“ bringen Millionen-Dollargeschäfte, welche die Werbung eines potenten Mul-tis und des Filmvertriebs aufeinander abstellen.

Erinnern Sie sich an den Kassenschlager „E. T.“? Da verwendete der Knabe Elliott Süßigkeiten, um den Weltraumknirps heranzulocken. Das Original-Drehbuch von Melissa Mathison und der Roman, den William Kotzwinkle daraus machte, erwähnten MandMS, ein populäres Mars-Produkt. Aber diese Firma wollte Steven Spielbergs' Amblin Entertainment und Universal Pictures keine Anerkennungsgebühr bezahlen. Der Konkurrent Hershey Foods Corp. ging dagegen ein BTie-In“ein, um seine Reese's Pie-ces zu plazieren. Das steigerte den Umsatz dieser Spezialität um 65 Prozent oder 20 Millionen Dollar.

Zählen Sie bloß die Mercedes des TV-Erfolges „Dallas“. Wer ihre Verwendung für Zufall hält, glaubt wohl auch an den Weihnachtsmann. Als im Vorjahr erstmals ein Audi die Erfolgsserie durchfuhr, wurde bei kalifornischen Audi-Vertretungen groß gefeiert. Was solche Imagepflege deutschen Automobil-Herstellern wert war, ist nicht bekannt.

Indessen heißt es, daß Renault sich die Plazierung eines Pkws in die stahlharten Hände des Geheimagenten 007 stolze 100.000 Dollar kosten ließ. Der jüngste James-Bond-Film „Im Angesicht des Todes“ wurde am Titelblatt des „Sharper Image“-Versandkatalogs für Yuppy-Spielzeug gefeiert.

Roger Moore besichtigte telegen einen vornehmen Laden der Kette in San Francisco. Vermarktet wird nicht nur eine Kapsel-

Variante der Beretta, seiner ständigen Begleiterin in „From Russia with Love“ und „Dr. No“ zu 79 Dollar, zuzüglich 6,50 Dollar Zustellgebühr, sondern auch eine 45er-Pistole, mit der man sich im Büro lautlos einschießen kann.

Die Trident-Armbrust aus dem James'Bond-Film „For Your Eyes Only“ kostet 99 Dollar, der dazugehörige Feldstecher 59 Dollar und jeder Pfeil 12 Dollar. In „The Spy Who Loved Me“ rettete James Bond die schöne Sowjetagentin Anya im atemberaubenden Wellenritt auf einem WETBIKE, welches der Ski-Mobil-Erzeuger Artic Enterprise im entlegenen

Minnesota für 2.200 Dollar auf den Markt-gebracht hatte.

In rascher Folge fand das Wassermoped in „Jaws“, „Malibu Beach“ und „The Stuntman“ Verwendung. Der Erfinder Nelson Tyler kassierte.

Der Produzent Albert R. Broc-coli könnte sich die Forschung und Entwicklung der verblüffenden „HighTech-Gadets“, die wesentlich zur Beliebtheit seiner Bond-Filme beitragen — und im Gegensatz zu deren Stars nicht veraltern —, kaum leisten, wenn nicht gleichzeitig ein Liebhabermarkt dafür geschaffen würde.

Jerry Lewis wurde von verschiedenen Filmkritikern verrissen, weil er in „Hard Working“ für Dunkin Donuts, eine Art Krapfen, gar zu unverschämt warb. „Have some Milk Duds“, sagte Marlon

Brando 1982 in „The Formula“ zu George C. Scott und hob die Nachfrage nach dieser Süßigkeit gewaltig an. Namentliche Erwähnung einer Marke durch einen Superstar ist eine gewaltige Summe wert.

Die Zeiten, wo man Freibier für Hunderte Mitarbeiter während der zermürbenden Dreharbeiten für die Verwendung einer leicht erkennbaren Flasche bezahlte, sind längst vorbei. Man berechnete genau, was es gekostet hätte, das Gebräu soundsovielen Millionen Verbrauchern durch andere Medien in Erinnerung zu bringen.

Übrigens hat es guten Grund, daß Löwenbräu seit Jahren in keiner Produktion von Columbia Pictures erwähnt wurde. Das verbot ganz streng der Coca-Cola-Konzern kurz nach dem Erwerb des Studios. Denn Löwenbräu wird von Phillip Morris in Lizenz gebraut. Die Gruppe, deren Marl-boro-Zigaretten gleichzeitig verbannt wurden, konkurrierte mit „7Up“ gegen Coke.

Warum wohl stecken Stars, die verreisen, den Flugschein immer so ein, daß man das Emblem der Linie genau sieht? Internationale Fluggesellschaften beschäftigen

Verbindungsleute zur Filmindustrie. Freiflüge zu entfernten Aufnahmeplätzen können das Produktionsbudget wesentlich entlasten. Dafür wird dann die Schwanzflosse des Jumbos sekundenlang eingeblendet, und jeder Zuseher fliegt nur mehr mit der Linie, welche der Held seiner Träume benützt.

Robert Kovoloffs Associated Film Promotions garantiert Kunden für 50.000 Dollar, daß ihre Produkte in einem Jahr fünfmal verfilmt werden, was nicht unbedingt heißt, daß sie auch auf der Leinwand zu sehen sind. Denn der Verschnitt bleibt das Privileg und die Verantwortung der Produzenten, der Marketing-Mißbrauch nicht dulden darf, weil der Geduld des Publikums auch gewisse Grenzen gesetzt sind.

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