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Der PLO-Traum ist ausgeträumt Jordanien wieder am Zug

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In einem Interview mit der „Washington Post“ erklärte Ägyptens Staatspräsident Sadat, daß in Westjordanien, in den von Israel künftig zu räumenden Gebieten, ein palästinensischer Staat gegründet werden solle, der mit Jordanien eine Konföderation bilden werde. Sadat deutete damit eine neue politische Richtung an.

In Washington wurde behauptet, daß dieses offizielle Interview vorher mit dem syrischen Staatspräsidenten Assäd abgesprochen und daß auch Jordaniens König Hussein von der neuen Haltung Ägyptens informiert worden sei.

Israels Außenminister Yigal Alon erklärte sofort nach der Veröffentlichung des Gespräches, daß Ägypten damit eigentlich die israelische Position bezogen habe. Auch Israel wolle einen palästinensischen, mit Jordanien föderierten Staat, der sich auch wirtschaftlich behaupten könne. Jerusalem ist zudem der Meinung, daß mit der Erklärung Sadats, die Beschlüsse der Allarabischen Konferenz vom Oktober 1974 rückgängig gemacht worden seien, durch welche damals in Rabat die PLO als „legitime Alleinvertre-

tung der Palästinenser“ anerkannt wurde. Die neue ägyptisch-syrische Einstellung gegenüber der PLO geht parallel mit personellen Änderungen innerhalb der PLO-Führung und es wird behauptet, daß Arafat mit Hüfe eines neuen Führungsteams eine pro-ägyptische Politik einschlagen wolle. Offenbar wurde ihm klar, daß er sich gegen eine vereinte jordanisch- syrisch-ägyptische Front nicht behaupten kann.

Die neue Situation bedeutete für die verschiedenen Freischärler-Organisationen eine Herausforderung, deren Folgen sogleich in Westjordanien sichtbar Würden. Flugblätter der „Volksfront zur Befreiung Palästinas“, an deren Spitze Dr. George Habasch steht, verkündeten, die Erklärung Sadats an die „Washington Post“ stelle einen Verrat an der palästinensischen Sache dar. Ein anderes Flugblatt beteuerte; „Sadats Erklärung ist ein Mißverständnis!“, doch die Ostjerusalemer Zeitung „Al Quds“ bekannte ein: „Das Interview mit Sadat ist der erste Nagel des Sarges, in dem die Beschlüsse der Konferenz von Rabat zu Grabe getragen werden.“ Etwas später erklärte der frühere Bürgermeister von Hebron, Scheik Mohammed Ali Jaabari, auch heute noch die einflußreichste Persönlichkeit in Hebron und Umgebung, auf einer Pressekonferenz in Amman, daß man wohl eine neue Partei werde gründen müssen, deren Aufgabe es sein werde, die Palistinenser Westjordaniens zu vertreten - zwar nicht an Stelle der PLO, aber wenigstens neben der PLO. Ein weiterer Schritt, der den Alleinvertretungsanspruch der PLO in Frage stellt.

Es waren nur wenige völlig äbleh- nerjdę Stimmen in Westjordanien zu hoiren, obwohl äie meisten Bürgermeister dieser Region sehr enge Kontakte mit der PLO unterhalten.

Aus all dem geht hervor, daß Israel gezwungen sein wird, noch vor den im Mai 1977 stattfindenden Neuwahlen Verhandlungen über die Rückgabe der besetzten Gebiete aufzunehmen. Sadats Erklärung, die Genfer Friedenskonferenz werde die letzte israelisch-arabische Schlacht sein, hört sich heute aktueller an denn je.

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