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„Die Lage ist ernst, aber nicht hoffnungslos“

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Die gegenwärtige wirtschaftliche Situation in der Steiermark ist unter dem Blickwinkel des Sprichwortes „Die Lage ist ernst, aber nicht hoffnungslos“ zu betrachten. Die Lage ist ernst, weil sich die Insolvenzen mehren - allein in den ersten fünf Monaten des heurigen Jahres hat es 35 Konkursfälle gegeben -, weil es keinen Investitionsanreiz und dadurch auch keine Investitionsneigung gibt und weil neben den strukturschwachen Grenzgebieten nunmehr im obersteirischen Raum, wo die verstaatlichte Industrie zu Hause ist, neue Problemzonen zu entstehen scheinen.

Die Lage ist aber nicht hoffnungslos, weil eine besonnene Landespolitik in Zusammenarbeit mit der Interessenvertretung der Wirtschaft, soweit es bei den vorhandenen Mitteln möglich ist, eine neue Form der Wirtschaftsförderung und ein breites Netz an Serviceleistungen organisiert hat. Und weil schließlich die Zahl der Betriebe in der

Steiermark im letzten Jahr gegenüber 1976 nur irt einem verschwindend geringem Ausmaß abgenommen hat und noch immer neue Arbeitsplätze geschaffen werden. Auch die Lehrlingszahlen nehmen noch immer zu, was wiederum den Optimismus der Wirt-schaftstreibenden beweist.

Momentan die größten Schwierigkeiten herrschen im Bereich der Baubranche. Großinsolvenzen am Bausektor haben ARGE-Partner oder Nebengewerbebetriebe mitgerissen. Im großen und ganzen hat sich herausgestellt, daß die kleineren Unternehmungen in der Regel die Krisensituation leichter bestehen und bewältigen können, weil ihnen mehr Flexibilität und ein rascheres Umstellungsvermögen eigen ist. Die ganze Hoffnung richtet sich momentan auf die Erzeugung intelligenter Produkte. Zur Zeit herscht bei In- und Ausländern keine Investitionsneigung, inländische Betriebe in der Steiermark nehmen zumeist lediglich Rationalisierungsmaßnahmen vor.

Dazu Anton Peltzmann, Mitglied der Steiermärkischen Landesregierung für Wirtschaftsfragen, zuständig für die Wirtschaftsförderung und Initiator der steirischen Wirtschaftsförde-rungsgesetze: „Alle Bemühungen des Landes können nur dann einen Erfolg haben, wenn das Wirtschaftsklima an sich, für das die Bundesregierung allein zuständig ist, Investitionsneigungen aufkommen läßt. Um dieses Klima ist es jedoch zur Zeit schlecht bestellt: 1978 wird um die Erreichung des ohnehin bescheidenen Wirtschaftswachstums von 1,5 Prozent gebangt. Wir können und wollen auch arbeitsplatzschaffende Investitionen fördern, wir sind aber nicht in der Lage, die wirtschaftspolitisch bedingte Investi-uonsunlust zu beseitigen.“

Auf den Vorwurf der SPÖ Steiermark, das Land hätte für die verstaatlichte Industrie nichts getan, kontert Peltzmann: „Wir haben für den Bereich der verstaatlichten Industrie und Betriebe, die mehrheitlich dem Bereich des Staates zuzuzählen sind, seit 1973 bis Ende des vergangenen Jahres nicht weniger als 237,7 Millionen Schilling sowohl durch direkte Förderungen als auch durch indirekte Förderungen für Schulungen und Umschulungen aufgewendet.“

Die Steiermark ist ein Land kleiner Strukturen. Die Klein- und Mittelbetriebe dominieren bei weitem. Wenn man die von der Handelskammer Steiermark herausgegebene Beschäftigtenstatistik zur Hand nimmt, so kann man feststellen, daß in allen Bereichen der Wirtschaft Zunahmen zu verzeichnen sind, gegenüber dem Stand von 1976 im Gewerbe 2,7 Prozent, in der Industrie 1,7 Prozent, im Handel 1,5 Prozent, im Geld-, Kredit- und Versicherungswesen um 4,2 Prozent, in der Verkehrswirtschaft um 0,8 Prozent und im Fremdenverkehr um 3,0 Prozent. Der Gesamtstand an Beschäftigten in der gewerblichen Wirtschaft der Steiermark hat sich um 2,0 Prozent erhöht.

Ähnlich erfreulich ist die Entwicklung der Lehrlingszahlen. Im vergangenen Jahr wurden in der Steiermark 34.117 Lehrlinge ausgebildet, das ist gegenüber 1976 eine Steigerung um 2,75 Prozent. Das Land Steiermark hat für die Wirtschaft in den Jahren 1967-1977 an Darlehen, Beihilfen und Zinsenzuschüssen einen Betrag von rund 1,7 Milliarden Schilling eingesetzt, damit konnten 536 Firmen gefördert werden.

Eine Verbesserung der wirtschaftlichen Situation versucht man auch durch ein breitgestreutes Netz von Serviceleistungen zu erreichen, wobei es eine enge Zusammenarbeit zwischen Landesregierung und Handelskammer gibt. So nimmt der Verein für praktische Betriebsberatung eine

Marktlücke wahr, indem er den Betrieben Rationalisierungsvorschläge macht und ihnen bei der Beschaffung der nötigen Fachberater behilflich ist. Der Exportring mit seinen 154 Mitgliedsfirmen versucht, kleinen und mittleren Betrieben, die auf den ausländischen Märkten ankommen wollen, die Funktion der Exportabteilung zu ersetzen und ihnen jedes nur mögliche Service anzubieten.

Die Zukunft der steirischen Wirtschaftsforderung dürfte vor allem in der Förderung von Unternehmungen mit hoher Wertschöpfung, intelligenten Produkten und zukunftsorientierten Projekten liegen. In der steirischen Metropole an der Mur merkt man die Unlust und das Kopfschütteln über die Wirtschaftspolitik der Bundesregierung, man merkt aber auch trotz aller Schwierigkeiten die zähe Entschlossenheit, die Probleme zu meistern.

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