7078639-1993_27_21.jpg
Digital In Arbeit

Generaldirektor Dr. Werner Rauchenwald

Werbung
Werbung
Werbung

Wo sehen Sie die wirtschaftlichen Stärken der steirischen Wirtschaft? Dr. Rauchenwald: Die Steiermark ist von den Rahmenvoraussetzungen her sicher kein begünstigtes Bundesland. Insbesondere ist sie mit von der Struktur her problematischen Regionen, wie dem südsteiri-schen Grenzland oder dem obersteirischen Industriegebiet, reichlich augestattet. Dennoch haben in der Vergangenheit viele steirische Betriebe immer wieder erstaunliche Erfolge verbuchen können. Mir imponieren dabei insbesondere die Leistungen im High tech Bereich. Denken sie nur an so fortschrittliche Unternehmen, wie etwa AMS oder AVL. Es scheint, als ob die erstklassigen universitären Einrichtungen, insbesondere die technischen Universitäten, in der Steiermark ein hervorragender Nährboden für solche Entwicklungen sind.

Wenn Sie die Möglichkeit dazu hätten: Welche strukturverbessernden Maßnahmen würden Sie durchführen? Dr. Rauchenwald: Hoffnungen würde ich vor allem in den tertiären Bereich der Wirtschaft, also in den Dienstleistungsbereich, setzen. Ich glaube, daß in der Steiermark die Fremdenverkehrswirtschaft noch weiter ausgebaut werden könnte - die natürlichen Voraussetzungen sind in reichem Ausmaß gegeben. Vorbildliche Beispiele sind ja bereits die beachtlichen Aktivitäten in der Thermenregion und in den obersteirischen Schigebieten. Aber abgesehen von diesem Schwerpunkt hielte ich als eine zentrale strukturpolitische Maßnahme die gezielte Förderung von Klein- und Mittelbetrieben. Diese sind das Rückgrat unserer Wirtschaft und haben auch in wirtschaftlich schwierigen Zeiten immer das erforderliche Maß an Flexibilität beweisen können. Insbesondere müßten neue und steuerlich interessante Möglichkeiten der Eigenkapitalversorgung geschaffen werden, da die Eigenkapitalausstattung, vor allem der gewerblichen Betriebe, katastrophal ist. Darüber hinaus sollten diese Betriebe weitestgehend von bürokratischen Hemmnissen, wie etwa überzogenem Buchführungs- und Lohnverrechnungsballast befreit werden. Ein ganz besonderes Anliegen für eine generelle Strukturverbesserung wäre der Abbau der Bürokratie in allen Bereichen, also eine Verlagerung von den wirtschaftlich unproduktiven Bereichen hin zu den produktiven.

Wie sehen Sie die wirtschaftlichen Chancen der Steiermark für die EG? Dr. Rauchenwald: In der EG werden alle Wirtschaftssubjekte mehr Chancen, aber natürlich auch mehr Risken vorfinden. Es wird darum gehen, die sich aus dem wesentlich größeren Absatzmarkt ergebenden Möglichkeiten zu nutzen. Die steirischen Unternehmen haben sich im Export immer tapfer geschlagen und werden durch die EG-Öffnung - insbesondere durch den daraus resultierenden Wegfall von Diskriminierungen - neue und günstigere Rahmenvoraussetzungen vorfinden. Sie sollten dabei doch nicht auf die Chancen vergessen, die sich durch eine weitere epochale Veränderung ergeben haben: die Ostöffnung.

Welche A uswlrkungen erwarten Sie sich von der EG für Ihre Branche? Dr. Rauchenwald: Die Banken werden die am stärksten expandierende Branche sein. Im neuen Europa wird allerdings auch die Konkurrenz zwischen den Banken ein noch größeres Ausmaß erreichen. Vor allem werden unsere Banken einer Unzahl von Finanzinstitutionen Paroli bieten müssen, die die österreichischen Anleger mit einer Flut von verlockenden Angeboten überschwemmen werden. Dies sollte jedoch für die heimischen Banken aufgrund ihrer Solidität und des Vertrauens, das sie bei ihren Kunden mit gutem Grund genießen, kein Problem sein. Einen verstärkten Anpassungsdruck wird es im Bereich der Kosten, insbesondere bei den Ausgaben für das Personal und die Geschäftsstellennetze geben. Es wird zu Personaleinsparungen und zu Zweigstellenschließungen kommen. Ich halte diese Entwicklungen tendenziell für bedauerlich, weil sie die angestrebte Erhöhung der Servicequalität nicht gerade erleichtern. Insgesamt aber werden die österreichischen Bänken im neuen Europa eine gute Figur machen. Immerhin werden sie ja schon seit Jahren - denken Sie nur an die verschiedenen Novellierungen des Kreditwesengesetzes - auf ”Europastandard” getrimmt.

Ein Thema. Viele Standpunkte. Im FURCHE-Navigator weiterlesen.

FURCHE-Navigator Vorschau
Werbung
Werbung
Werbung