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„Dopingfreigabe wäre Wahnsinn!"

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Am 25. Juli beginnen in Barcelona die Olympischen Sommerspiele. Seit 1984 begleitet P. Bernhard Maier als katholischer Seelsorger Österreichs Olympiateam.

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Am 25. Juli beginnen in Barcelona die Olympischen Sommerspiele. Seit 1984 begleitet P. Bernhard Maier als katholischer Seelsorger Österreichs Olympiateam.

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Fragt man Olympia-Seelsorger P. Bernhard Maier SDB provokant, ob er ein „Olympia-Tourist" sei, der genau so gut daheim bleiben könnte, erwidert er lächelnd, aber bestimmt: „Ich habe die Erfahrung gemacht, daß meine Tätigkeit bei den Sportlern gut ankommt, und wenn man sich bemüht, mit allen Gruppen Kontakt zu haben, muß man jede Minute nützen. Nur wenn eine Gruppe mich unbedingt dabei haben will, bin ich in seltenen Fällen Zuschauer bei Wettkämpfen, sonst brauche ich die Zeit für Begegnungen beim Training."

Maier, Priester, ausgebildeter Sportlehrer und Schuldirektor in Unterwaltersdorf, freut es, daß er in Barcelona bei Mitbrüdern vom Orden der Sale-sianer Don Boscos wohnt, zumal einst der heilige Johannes Bosco selbst diese Niederlassung besucht hat. Maiers Tätigkeit wird heute, wo man die Wichtigkeit der psychischen Verfassung von Spitzensportlern längst erkannt hat, allgemein geschätzt, bezahlt wird sie von der Kirche. Obwohl lautOlympia-Charta auch der Veranstalter religiöse Betreuung in den Weltreligionen anbieten muß, hat jedes Team natürlich gerne seinen eigenen Seelsorger mit.

„Von den etwa 105 Sportlern waren mir schon circa 45 bekannt", sagt Maier, von den Betreuern kennt er über 50 Prozent von früheren Anlässen. Um neue Leute kennenzulernen, sei er bei der Einkleidung des Teams „sieben Stunden dortgestanden, um einen ersten Kontakt herzustellen". In Albertville hat er festgestellt, daß die Sportler dankbar sind, zwischen Training, Wettkampf und Interviews einmal eine halbe Stunde geistig „auftanken" zu können. Zu den dort angebotenen Gottesdiensten für fünf verschiedene Gruppen (die sehr weit voneinander entfernt untergebracht waren) kamen je nach Gruppe „60 bis 100 Prozent der Sportler".

In Barcelona hat P. Bernhard Maier Teilnehmer aus 19 Sportarten zu betreuen, zum Glück ist das Gros direkt in der Stadt untergebracht. P. Maier will die Themen Vertrauen, Frieden, Völkerverbindung ins Zentrum der Messen stellen und innerhalb der Mannschaft ausgleichend wirken.

Für „Wahnsinn" hält er die von manchen geforderte Freigabe von Doping: „Die Kontrollen sind sicher teuer, aber solange für den Spitzensport soviel Geld da ist, muß es auch dafür da sein." Man sollte aber neben dem Dopingproblem auch die positiven Seiten des Sports sehen, etwa, wenn ihm ein Ruderer erzählt, er verzichte konsequent auf Rauchen und Alkohol, um seine Leistung erbringen zu können.

Die bisher halbherzige Position des Internationalen Olympischen Comi-tes zu Serbien und Montenegro - Sportler sollen ohne nationale Kennzeichen teilnehmen dürfen - versteht P. Maier nicht: „Wenn man versucht, politischen Druck auszuüben, so muß das auch für die Olympischen Spiele gelten. Südafrika war ja auch ausgeschlossen." Ob die Sportler unter diesen Umständen etwas von ihrer Teilnahme haben, bezweifelt Maier: „Die werden vermutlich nur ausgepfiffen." Eines scheint dem Olympia-Seelsorger durch die Jugoslawien-Krise jedenfalls erbracht: „der letzte Beweis für die Einseitigkeit der .Friedensbewegung'".

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