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Große Schadenfreude

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Mit Sicherheit haben sich Ronald und Nancy Reagan die Weihnachtstage behaglicher, ruhiger und besinnlicher vorgestellt, als sie tatsächlich verlaufen sind. Wie schwer die Iran-Affäre auf beiden lastet, läßt sich aus ihren Gesichtern ablesen.

Nancy Reagan ist ihr sonst so strahlendes Lächeln abhanden gekommen. Und Ronald Reagan verzichtet bei Empfängen auf die

sonst bei solchen Gelegenheiten üblichen Witzchen.

Die Reagans - so kann man aus ihrem Freundeskreis hören -kommen sich irgendwie wie Belagerte vor.

Bei jedweder Gelegenheit wird der Iran ins Spiel gebracht. Der Präsident und die First Lady werden ständig mit neuen Fragen konfrontiert.

Für die amerikanischen Medien, vor allem die superliberalen der amerikanischen Ostküste, ist die Iran-Affäre der Reagan-Administration ein gefundenes Fressen.

In seinen sechs Jahren Amtszeit hatte Präsident Ronald Reagan bisher vorwiegend Erfolge aufzuweisen. Und in der jüngsten Geschichte war kein Präsident so beliebt und populär, wie der ExSchauspieler.

Nun endlich, aufgrund der ungeschickten Iran-Geisel-Nikaragua-Verquickung, kann man dem Konservativen eins auswischen.

Und das geschieht in Serie. Typisch dafür ist das Wochenmagazin „Newsweek“. Am 1. Dezember 1986 lautete die Schlagzeile - neben einem Reagan-Foto — „His^ Biggest Blunder“ (Sein größter Schnitzer); am 8. Dezember wurde Stabschef Donald Regan abgebildet und die Frage gestellt „Who Knew?“ (Wer wußte was?); und die Ausgabe mit Datum 15. Dezember zeigte wieder Präsident Reagan und die Schlagzeüe „Rea-gan's Role—his Secret Message to Iran“ (Reagans Rolle — Seine Geheimbotschaft an den Iran).

Schon einmal davor, am 17. November, hatte „Newsweek“ seinen Titel der Affäre gewidmet, die von liberalen Tageszeitungen immer und immer wieder mit Watergate verglichen wird. Das ist -wie jetzt auch „Watergate-Präsident“ Richard Nixon hervorhob -absoluter Unsinn.

Ronald Reagan hat schwer Federn lassen müssen. Nahezu die Hälfte aller Amerikaner glaubt,

er habe bisher nicht die volle Wahrheit bekannt. Aber dieser außenpolitische Fehler, so katastrophal man ihn einzuschätzen mag, wird keinen Rücktritt des Präsidenten zur Folge haben.

Die Schwerpunktsetzung, der sich „Newsweek“ bedient, wird mit noch größerer Schadenfreude und noch unverhohlenerer Genugtuung auch von den elektronischen Medien betrieben. Amerikanische Fernsehnachrichten sind zwar nicht sehr beeindruk-kend, weil sie vorwiegend innenpolitisch und auf Show-Effekt orientiert sind und Vorgänge im Ausland gern negieren, aber von den abendlichen 20 Minuten werden jetzt Tag für Tag wenigstens 15 der Iran-Affäre gewidmet.

Mit einer Verringerung der entsprechenden Nachrichtenflut und immer neuen Vermutungen und Enthüllungen ist in absehbarer Zeit aber kaum zu rechnen. Die „Washington-Post“ beispielsweise hat ihre Redaktion durch die zeitweilige Rückberufung von im Ausland stationierten Reportern verstärkt, weil das Iran-Thema zum Schwerpunkt gemacht wird.

Diesen gilt es nach allen Regeln der journalistischen Kunst auszukosten.

Präsident Reagan hat sich und seiner — immer beschworenen — Geradlinigkeit, aber auch seiner Politik keinen Gefallen getan, als er begann, Waffen im erhofften Austausch für US-Geiseln in den Iran zu liefern.

Er hat sich unglaubwürdig gemacht. Und hat sich selbst gelähmt. Denn die ihm noch verbleibenden zwei Regierungsjahre werden nunmehr kaum besonders schöpferische werden können.

Auf die Unterstützung der Wählermassen - vielleicht gegen den Kongreß - kann Reagan erst einmal nicht hoffen.

Schwer geschadet hat die Rea-gansche Politik aber vor allem den gegen die Sandinisten in Nikaragua kämpfenden Contras.

Daß sie die finanziellen Profite aus dem Waffen-Mehrecken-Geschäft USA-Israel-Iran überwiesen bekamen, wird sicherlich zur Folge haben, daß ihnen seitens der USA überhaupt keine Mittel bewüligt werden.

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