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Hofiibergabe in Blau-Gelb
Für den Gewerkschafter Ernst Höger und gegen Innenminister Karl Blecha haben sich die niederösterreichischen Sozialisten entschieden. Eine Erfolgsgarantie?
Für den Gewerkschafter Ernst Höger und gegen Innenminister Karl Blecha haben sich die niederösterreichischen Sozialisten entschieden. Eine Erfolgsgarantie?
In der SP-Bundesparteileitung ist man angeblich nicht sehr glücklich. Bundesobmann Fred Sinowatz hätte gern Karl Blecha als Parteiobmann nach Niederösterreich geschickt und als Innenminister behalten. Die blaugelbe SPÖ hat eine „landesinterne” Lösung bevorzugt: als Nachfolger für Landesobmann Leopold Grünzweig — er wird im Herbst diese Funktion zurücklegen — ist bereits der 40jährige Landesrat Ernst Höger designiert.
Die Sorge von Fred Sinowatz um die Entwicklung der SPÖ in Niederösterreich ist verständlich. Bei den Landtagswahlen im Herbst 1983 hat sie drei Mandate verloren. Hatte man in SP-Krei-sen gehofft, den damals durch die Wohnbau-Ost (WBO)-Skandale angeschlagenen VP-Landesob-mann und Landeshauptmann Siegfried Ludwig durch eine Diffamierungskampagne abservieren zu können, so war's ganz anders gekommen. Die ÖVP hatte im Land unter der Enns ihren größten Wahlsieg nach 1945 verbuchen können.
Sicher hatte die Diffamierungskampagne der Volkspartei mindestens ein Mandat gebracht. Sicher profitierte Ludwig auch von der von ihm eingeleiteten Bürgernähe im Land; Sicher war die SPÖ-Niederlage auch eine Auswirkung der Krise der Bundes-SPÖ nach dem Abgang Bruno Kreiskys und eine deutlich ablehnende Reaktion der blau-gelben SP-Kernwähler auf die rot-blaue Koalitionsregierung.
SPÖ-Landesobmann Leopold Grünzweig reagierte jedenfalls zutiefst betroffen. Er kündigte -fast zwei Jahre vor dem nächsten
Wahl-Landesparteitag - seinen Rücktritt an.
Die Folgen für die niederösterreichischen Sozialisten waren verheerend. Resignation im Parteikader, Aufflackern einer Nachfolgediskussion, die hinter den Kulissen mit ziemlicher Härte geführt wurde.
Diesem Schrecken hat nun das Landesparteipräsidium ein Ende bereitet. Es beschloß, Ernst Höger dem Landesparteitag am 5. Oktober in Schwechat zur Wahl als Landesobmann vorzuschlagen. Der Landesparteivorstand stellte sich wenige Tage später hinter diese Empfehlung. Damit sind die Würfel in der blau-gelben SPÖ gefallen, die Weichen für Jahre gestellt. Karl Blecha, den eine kleine Gruppe und auch Leopold Grünzweig selbst gerne als neuen Parteichef gesehen hätten, ist für immer „ausgetrickst”.
Blechas Freunde sprechen davon, daß eine „historische Chance” versäumt wurde. Sie hätten dem 52jährigen Innenminister mehr Durchschlagskraft, neue
Ideen zugetraut. Vor allem verweisen sie darauf, daß Blecha, der seinen Ministerbonus mitgebracht hätte, Siegfried Ludwig und dessen voraussichtlichem Nachfolger, Landeshauptmannstellvertreter Erwin Pröll, besser gewachsen gewesen wäre.
Denn Pröll, der 1980 fast gleichzeitig mit Ernst Höger in die Landesregierung eingezogen ist, hat Höger an Popularität seither weit überflügelt. Während sich Höger in den eineinhalb Jahren, in denen Grünzweig die Zügel ein wenig schleifen ließ, kaum als Führungspersönlichkeit profilieren konnte, muß sich Pröll — obwohl Siegfried Ludwig als VP-Landes-obmann von Energie strotzt und in der Partei unangefochten regiert — immer wieder „einbrem-sen”.
Aber die Mehrheit in den SP-Führungsgremien von Niederösterreich hat sich von Högers Argument überzeugen lassen: Es sei gefährlich, die Spitzenfunktionen Landesobmann und Landeshauptmann-Stellvertreter zu trennen. Zum Schaden der Partei könnten sie „auseinanderdividiert” werden.
Und Karl Blecha hat nie daran gedacht, das Innenministerium zu verlassen und ganz nach Niederösterreich zu übersiedeln. Vielleicht hat ihm auch geschadet, daß SP-Landesparteisekretär Max Strache sein eifriger Wegbereiter nach Niederösterreich war.
Denn der Steirer Strache, den sich vor zehn Jahren Grünzweigs Vorgänger Hans Czettel geholt hatte, galt bei den blau-gelben Genossen immer als „diabolus ex machina”. Vielleicht, weil er frischen Wind gebracht hatte. Vielleicht, weil er auch politischen „Untergriffen” nicht abhold war. Vielleicht, weil in Niederösterreich eben auch in der SPÖ die Uhren anders gehen.
Schaumgebremst.
Für Ernst Höger hat sehr deutlich der Gewerkschaftsflügel agiert. Man lehne einen „Mann von außen” ab, man brauche diesen nicht, hieß es dort immer wieder.
Nun, Ernst Höger, gelernter Werkzeugmacher (Grünzweig ist Lehrer) hat seine Polit-Karriere als Gewerkschaftssekretär begonnen. Und neben seiner Regierungsfunktion als Gemeindereferent ist er auch Obmann der ÖGB-Landesexekutive.
Höger weiß, wie schwer das Erbe ist, das er nach dem 63jährigen Leopold Grünzweig (er wird im Frühjahr 1986 auch aus der Regierung ausscheiden) antritt. Aber er ist Optimist. Schaumgebremster allerdings.
Denn in einem Interview erklärte er, er warte, daß ihm die Parteifreunde eine Chance von drei Legislaturperioden einräumen. „Stagniert dann noch immer alles, soll ein Besserer kommen.” So Höger.
In der blau-gelben ÖVP ist man über die Designierung Högers nicht unglücklich. Man kennt ihn. Karl Blecha als Gegner wäre gefährlicher, unberechenbarer erschienen. Man bereitet sich in der niederösterreichischen Volkspartei auf eine lange, ruhige Zeit als erste Kraft im Land unter der Enns vor.
„Die einzige Angst, die wir haben müssen, ist die vor uns selber”, meint ein VP-Spitzenmann aus Niederösterreich. Allerdings nur hinter vorgehaltener Hand.
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