Atomwaffen für Europa?
DISKURS"Die Effektivität von Nuklearwaffen beruht auf nicht beweisbaren Annahmen"
Europa hat ein klares Interesse, russischen Bedrohungen zu begegnen, aber ein noch größeres Interesse, die der nuklearen Abschreckung inhärenten existentiellen Risiken zu minimieren, sagt Außenpolitik-Experte Alexander Kmentt. Warum der Ruf nach einer Atombombe der falsche Weg ist.
Europa hat ein klares Interesse, russischen Bedrohungen zu begegnen, aber ein noch größeres Interesse, die der nuklearen Abschreckung inhärenten existentiellen Risiken zu minimieren, sagt Außenpolitik-Experte Alexander Kmentt. Warum der Ruf nach einer Atombombe der falsche Weg ist.
Russlands Angriff auf die Ukraine hat das europäische Sicherheitsumfeld verändert. Europa ist gefordert, seine Verteidigungskapazitäten und seine Resilienz gegen die russischen Bedrohungen zu stärken. Dass Russlands Aggression mit nuklearen Drohgebärden verbunden war, bedeutet aber nicht, dass ein Mehr an nuklearer Abschreckung oder gar eine eigene europäische nukleare Bewaffnung eine kluge Antwort auf das neue Gefahrenbild darstellen. Vielmehr zeigt dieses reflexive Aufflackern einer nuklearen Bewaffnungsdebatte und das Gleichsetzen von „Nuklearschirm bedeutet Sicherheitsgewinn“, wie dringend ein vertiefter Diskurs über die Risiken und Auswirkungen von Nuklearwaffen erforderlich ist.
Kollaps der Nahrungsmittelversorgung
Der Sicherheitsgewinn von Nuklearwaffen ist fraglich. Nukleare Abschreckung ist mit extrem hohen Risiken behaftet. Ihre Effektivität wird zwar postuliert, sie beruht aber auf letztlich nicht beweisbaren Annahmen. Neueste wissenschaftliche Forschungen zeigen, dass die humanitären Auswirkungen von Nuklearwaffenexplosionen noch gravierender und globaler wären, als dies bislang bekannt war. Schon der Einsatz eines Bruchteils der Nuklearwaffenarsenale könnte etwa zu einem nuklearen Winter und dem Kollaps der globalen Nahrungsmittelversorgung führen.
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