Gewaltmärkte in den Ruin treiben

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Am "Krisenkontinent" sind viele Konflikte selbstverschuldet - ohne Kapital von außen würde aber den Kriegsherren das Kriegführen zu teuer werden. von wolfgang machreich

Afrika weint. Afrika stirbt. Die Elendsnachrichten schleifen jene Raster nach, die von Aristoteles bis Scholl-Latour in die Wahrnehmung des Abendlandes gestanzt wurden. Africa nigra, geschichtsloser, barbarischer, verfluchter Kontinent." Mit diesem Zitat beginnt der Wiener Afrika-Kenner Walter Sauer im Sammelband 'Afrika - Mythos und Zukunft" seine Überlegungen zur Geschichte - für Europäer passender Geschichtslosigkeit - Afrikas. Sauer beklagt dabei, dass sowohl moderner Sensationsjournalismus, aber auch Schulbücher, das Bild Afrikas allein als 'Krisenkontinent" prägen.

Geballte Kriegsgründe

Den Sensationsjournalisten und Schulbuchschreibern wird es aber auch von afrikanischer Seite nicht wirklich schwer gemacht, immer wieder ausreichend Material für ihre 'bad news" zu bekommen: 'Im afrikanischen Raum sind geballt jene Phänomene anzutreffen, die einhellig von den Vereinten Nationen, der NATO und der EU als die sicherheitspolitischen Probleme der Zukunft eingestuft werden", sagt Walter Feichtinger, der Leiter des Instituts für Friedenssicherung und Konfliktlösung (IFK) an der Landesverteidigungsakademie Wien. Feichtinger zählt folgende afrikanische Krisenfaktoren auf, die zu einer 'brisanten Gesamtsituation" beitragen: schwache und gescheiterte Staaten, in deren Umfeld sich Terrororganisationen festsetzen und lokale Kriegsherren wüten; dazu kommen korrupte und ausbeuterische Regime sowie Erkrankungen epidemischen Ausmaßes.

HIV/Aids ist vielerorts in Afrika bereits die häufigste Todesursache bei Erwachsenen und Ursache als auch Folge von bewaffneten Konflikten zugleich: Neben Aids-Waisen als ideales Rekrutierungspotenzial für kriminelle Banden und Rebellenbewegungen treibt die durch die Seuche ausgelöste wirtschaftliche Perspektivenlosigkeit die Menschen in Konflikte und Kriege - die wiederum schaffen den idealen Rahmen für eine großräumige Durchseuchung.

Therapie für Kindersoldaten

'Sicherheit und Stabilität sind Voraussetzung für nachhaltige Entwicklung", heißt ein Leitgedanke der neuen eu-Afrika-Strategie: 'Daraus folgt die Notwendigkeit einer engeren Verzahnung von Entwicklungs-mit Sicherheitspolitik und anderen Politikfeldern, wie die Förderung von Demokratie und Menschenrechten." In diesem Sinn unterstützt die Österreichische Entwicklungszusammenarbeit sos-Kinderdörfer in Norduganda, in denen kriegstraumatisierte Kinder und Kindersoldaten ein Zuhause, und Therapie finden. Besonders betreut werden junge Mütter unter den Kindersoldaten. Viele dieser Mädchen wurden als 'Frauen" an die Soldaten der Lord's Resistance Army ausgeliefert und haben - oft selbst noch Kind - kleine Kinder oder sind schwanger.

Daneben dienen afrikanische Konflikte aber auch als 'Katalysator für die gemeinsame Europäische Sicherheits-und Verteidigungspolitik (ESVP)", sagt der IFK-Afrika-Experte Gerald Hainzl. Wie die EU-Operation 'Artemis" im Ostkongo 2003 gezeigt hat, so Hainzl, nützt Europa den afrikanischen Bedarf an Krisenintervention von außen, um die ESVP voranzutreiben.

Und die Nachfrage nach eu-Sicherheitsexpertise ist ungebrochen (siehe Interview unten). Die 2002 gegründete Afrikanische Union (au), der mit Ausnahme Marokkos alle anderen 53 afrikanischen Staaten angehören, kann zwar im Gegensatz zu ihrem erfolglosen Vorgänger, der Organisation Afrikanischer Einheit (oau) bereits einige Erfolge bei der friedlichen Konfliktlösung verbuchen, aber 'eine ergänzende und unterstützende Beteiligung von außen", ist laut Hainzl nach wie vor unverzichtbar.

Neben der humanitären und militärischen Unterstützung aus Europa muss sich die EU-Afrika-Strategie aber einem weiteren Lackmustest unterziehen, der erst zeigt, wie ernst es Europa mit der Krisen-und Konfliktbewältigung in Afrika ist: Gewalt muss finanziert werden, Gewalt-Unternehmer streben nach Profit, Gewaltmärkte brauchen Abnehmer.

Blutdiamanten und mehr

Blutdiamanten sind zum Symbol von fremdfinanzierten Kriegen geworden, daneben gibt es viele andere Güter, die Kriegsherren das Kriegeführen erst möglich machen. Ruinieren kann man Gewaltmärkte, wenn es gelingt den Warenaustausch mit anderen Märkten zu blockieren - das ist die Achillesferse von Afrikas Gewalt-Unternehmern; Wirtschaftsinteressen sind aber auch der wunde Punkt der EU - und bevor es zu sehr weh tut, lässt man doch lieber Afrika weinen und sterben.

Nächste Woche Teil 3: Afrikas Versöhnung: Friedensarbeit in Uganda und UN-Gerichtshof Sierra Leone.

EU-Afrika-Strategie

Als 'europäische Antwort auf das stärker werdende internationale Interesse an Afrika" hat die Europäische Union eine eigene Afrika-Strategie mit dem Titel: 'Die eu und Afrika: In Richtung einer strategischen Partnerschaft" verabschiedet. Die Furche widmet diesem Unterfangen eine eigene Serie, die dazu beitragen will, der gängigen Rede vom 'vergessenen Kontinent" entgegenzuwirken.

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