Vor den Falotten schützen!

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Hohe Lohnnebenkosten sind für Ministerin Hostasch nicht der Grund für wachsenden Pfusch. Sie fordert hingegen, die Korrekten mehr als bisher zu schützen.

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Hohe Lohnnebenkosten sind für Ministerin Hostasch nicht der Grund für wachsenden Pfusch. Sie fordert hingegen, die Korrekten mehr als bisher zu schützen.

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dieFurche: Bei der Recherche zum Thema "Schattenwirtschaft" wurde mir von Fachleuten aus Wissenschaft und Wirtschaft gesagt, das eigentliche Problem seien die hohen Lohnnebenkosten. Diese zu senken, würde neben anderen positiven Wirkungen auch den Pfusch bekämpfen. Was halten Sie von dieser Forderung?

lore Hostasch: Wenig bis gar nix! Ich würde es sogar umdrehen und sagen: Je weniger Schattenwirtschaft wir haben, umso leichter wäre es für jene, die korrekte Löhne bezahlen und sich korrekt an die Bedingungen des Sozialstaates halten, Preissenkungen durchzuführen. Die schwarzen Schafe schaden ja denen, die sich an das halten, was vorgeschrieben ist. Natürlich kommt hinzu: Ich hab ein Interesse daran, daß Menschen in Beschäftigung kommen können, die arbeits- und sozialrechtlich gesichert ist. Diesen Aspekt unterläuft natürlich die illegale Beschäftigung total.

dieFurche: Nach dem was Sie sagen, müßte doch auch die Unternehmerseite ein Interesse daran gehabt haben, ein Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetz zu bekommen. Woran ist der Gesetzesbeschluß dann doch gescheitert?

Hostasch: Rein formal ist es daran gescheitert, daß die im Ministerrat einstimmig beschlossene Regierungsvorlage nicht auf die Tagesordnung eines Sozialausschusses des Parlaments kam und daher nicht im Plenum beschlossen werden konnte.

Der politische Hintergrund war, daß unsere Argumente den ÖVP-Klub nicht überzeugten. Wir konnten scheinbar nicht deutlich genug klar machen, daß es mit diesem Gesetz zu keinem Bruch der Privatsphäre bei den Häuselbauern kommt und keine Verfolgung jener Beschäftigten, die ein bißchen im Graubereich tätig sind, gegeben ist. Also quasi das, was wir unter Nachbarschaftshilfe verstehen.

Es tut mir sehr leid, daß dieses wichtige Gesetz nicht beschlossen werden konnte, obwohl es von Wirtschaftsminister Farnleitner und mir gemeinsam eingebracht worden ist. Auch eine Besonderheit, daß zwei Minister von zwei Parteien hier sich hinter einen Gesetzesvorschlag stellen, der dann nicht im Parlament behandelt wird Das war auch eine neue, sicher nicht angenehme Erfahrung.

dieFurche: Gerade das macht dieses Scheitern ja so unverständlich. Welche Gruppierungen waren gegen das Zustandekommen des Gesetzes?

Hostasch: Es sind hier die unterschiedlichsten Interessen aufeinandergeprallt. Die Handwerkervertreter haben jedes Interesse, auch den Häuselbauer zu verfolgen. Die sehen in der Nachbarschaftshilfe eine Konkurrenz zu ihrem eigenen Geschäft. Dann gab es aber auch Branchen, in denen wir besonders viel illegale Beschäftigung haben, die überhaupt keine weiteren Sanktionen wollten.

Dann hat es wieder eine Gruppe gegeben, die sich dagegen ausgesprochen hat, die Anmeldung mit Arbeitsbeginn durchführen zu müssen. Da sind die wildesten Argumente gekommen, warum das alles nicht geht. Es sind diese unterschiedlichen Interessenlagen gewesen, die sich dann auch verbündet haben und damit das Gesetz blockiert haben dieFurche: Sie haben von Nachbarschaftshilfe gesprochen, die erlaubt sei. Wo ziehen Sie die Trennlinie zum illegalen Pfusch?

Hostasch: Ich sehe die Unterscheidung dort, wo erkennbar ist, daß hier eine organisierte Tätigkeit dahinter steckt. Ganz klar ist es bei großen Baustellen, wo ausländische Arbeitnehmerinnen und -nehmer beschäftigt werden, ohne daß eine Beschäftigungsgenehmigung da ist, ohne daß eine Anmeldung zur Sozialversicherung getätigt wurde. Das gleiche gilt für die Hotellerie, für die Gastronomie, wo eine klare illegale Beschäftigung evident ist.

Zu bekämpfen sind die organisierten Pfuschertrupps. Wenn sich oft mehrere Professionisten zusammentun und unangemeldet Arbeiten verrichten, und das wirklich professionell durchorganisiert ist.

Die andere Seite, die man absolut zu akzeptieren hat, ist, wenn jemand privat etwas renoviert oder ein Häusel aufbaut. Wenn sich aus dem Freundes- und Bekanntenkreis ein paar zusammentun, und der eine halt auch schon einmal ein Häusel gebaut hat und daher weiß, wie man ein Fundament macht, oder wie man Türen oder Fenster einsetzt. Das ist Freundschafts- und Nachbarschaftshilfe. Sicher gibt es Graubereiche, aber diese Unschärfen sind als Ausreden benützt worden, um das ganze Gesetz letztlich zu Fall zu bringen.

dieFurche: Sie sind Ministerin für Arbeit, Sie sind Ministerin für Soziales. Was wollen Sie mit der Bekämpfung der Schattenwirtschaft vor allem erreichen? Sollen Arbeitsplätze geschaffen, soll eine Aushöhlung der Sozialversicherungspflicht verhindert werden ...

Hostasch: Ein zentraler Punkt ist der Schutz der Arbeitskraft, also die korrekte Anmeldung zur Sozialversicherung, der Arbeitnehmerschutz, der bei illegaler Beschäftigung nicht gegeben ist. Daher steht für mich einmal der Mensch im Zentrum, der im Pfusch ja in einer ungeschützten Tätigkeit ist, oft auch ausgebeutet wird, wenn ich insbesondere an ausländische Kolleginnen und Kollegen denke, die vielfach zu schlechtesten Konditionen beschäftigt werden, weit unter dem Kollektivvertrag und zu Arbeitsbedingungen, die jedem Sozialstaat Hohn sprechen.

Weiters ist es sehr wichtig, daß innerhalb der Wirtschaft korrekte und faire Verhältnisse herrschen. Weil es ist für jedes Unternehmen, das mit den Mitarbeitern ordentlich umgeht, ein Wettbewerbsnachteil. Ich muß ja die Korrekten auf der Arbeitgeberseite auch schützen. Darum verstehe ich da die ÖVP und auch die Wirtschaftskammer nicht wirklich, daß sie nicht mehr Druck ausgeübt haben. Die müßten ja Interesse zeigen, die korrekten, seriösen Unternehmer gegen die, wie sich Finanzminister Edlinger ausgedrückt hat, Falotten zu schützen. Das ist der zweite Punkt.

Und der dritte Punkt ist: Für mich gehört zum Grundverständnis in einer Demokratie, daß Gesetze dazu da sind, auch eingehalten zu werden. Wir haben manchmal ein wenig ein schlampiges Verhältnis zu Gesetzen. Aber wenn das zu weit geht, dann wird es ein Problem für den Rechtsstaat. Wenn Gesetze zum Schutz und zum Wohlergehen der Allgemeinheit da sind, viele aber diese Gesetze nicht ernst nehmen und dabei auch keine groben Sanktionen fürchten müssen, dann erfüllt mich das mit Sorge.

dieFurche: Kann sich Österreich von anderen EU-Staaten bei der Pfuschbekämpfung etwas abschauen?

Hostasch: Sicher, man soll sich immer anschauen, was die anderen tun. Aber nehmen Sie zum Beispiel das Luxemburger Modell: Das besagt, wenn Bauherrn die Professionistenrechnungen einreichen, bekommen sie eine Steuervergütung. Schaut man sich das aber im Detail an, dann ist das eine wesentlich geringere Förderung des privaten Wohnbaus, als die bei uns bereits bestehende. Weil der Zuschuß ist gedeckelt, es geht nur für ganz bestimmte Aufgaben und ist außerdem in der Zielgruppe ziemlich eingeschränkt.

Trotzdem, ich habe auch ein Interesse, daß bei der österreichischen Wohnbauförderung Zuschüsse für nachgewiesene Leistungen erbracht werden. Ohne zuviel Bürokratie aber doch, daß sichergestellt ist, daß die Mittel korrekt verwendet werden.

dieFurche: Wie beurteilen Sie das Vorgehen der Regierung in Dänemark? Dort werden gewisse Tätigkeiten vom Staat subventioniert.

Hostasch: Wenn es darum geht, den Niedriglohnbereich staatlich zu subventionieren, sei es durch Negativsteuer oder durch Verzicht von Sozialversicherungsbeiträgen, dann halte ich das für problematisch. Weil damit erfolgt ein massiver Druck, genau diese Bereiche mehr zu forcieren. Es erfolgt dann das, was wir eigentlich nicht wollen. Die Standards werden gesenkt, anstatt gehoben zu werden. Wir würden also eine Negativwirkung erzeugen, die auf keinen Fall wünschenswert ist.

Es gibt Bereiche, wo man für bestimmte Zeit derartige Quersubventionierungen machen soll. Wir tun es auch: Schauen Sie sich die Lehrlingsförderungen an. Aber das ist eine Zielgruppe mit einer bestimmten Befristung. Auch für ältere Arbeitnehmer könnte ich mir in diese Richtung etwas vorstellen. Das ist eine überschaubare Gruppe und etwas, das man steuern kann. Nur so quer über die grüne Wiese subventionieren und so quasi alle Auftraggeber dazu einzuladen, wenig für persönliche Dienstleistungen zu zahlen, weil der Staat wird schon etwas zuschießen, das halte ich für problematisch.

Für mich steckt die Sehnsucht nach einer Änderung unserer Wirtschaftsphilosophie dahinter. Wir haben wenig Bedenken, viel Geld für Güter auszugeben. Wenn es darum geht, eine Leistung - die ein Mensch für mich erbringt - zu kaufen, wird das als extrem teuer angesehen. Da soll ein anderes Bewußtsein entstehen.

dieFurche: Wann starten Sie die nächste Offensive gegen den Pfusch?

Hostasch: Momentan ist es schwierig etwas zu starten, weil ich nicht weiß wer und wo die Partner sind. Wenn wir hoffentlich in absehbarer Zeit wieder klare Regierungsverhältnisse haben, und ich wieder die Chance bekäme, Verantwortung zu übernehmen, wäre das eines der ersten Dinge, die ich wieder ins politische Gespräch bringen würde.

Vielleicht fallen uns einige Modifizierungen ein, um einen neuen Zugang zu bekommen, aber vom Grundsatz her möchte ich das schwer erarbeitete und meiner Meinung nach entscheidend wichtige Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetz unbedingt in die österreichische Gesetzeslandschaft hineinbringen.

Das Gespräch führte Wolfgang Machreich Nächste Woche lesen Sie im Dossier: Wohnbau und Architektur * Welche Faktoren bestimmen heute den Wohnbau?

* Wie sieht das Traumhaus des Österreichers aus?

* Sozialer Wohnbau und Bausparen

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