Rath - © Foto: Privat

Sr. Philippa Rath zu Frauen in der Kirche: „Die Geduld ist irgendwann aufgebraucht“

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Sie hat die Berufungsgeschichten von 150 Frauen soeben als Buch herausgebracht – ein Bestseller: Die Benediktinerin Sr. Philippa Rath nimmt sich gerade ihrer Kirche gegenüber kein Blatt vor den Mund.

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Sie hat die Berufungsgeschichten von 150 Frauen soeben als Buch herausgebracht – ein Bestseller: Die Benediktinerin Sr. Philippa Rath nimmt sich gerade ihrer Kirche gegenüber kein Blatt vor den Mund.

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Sie ist seit 30 Jahren Benediktinerin der Abtei St. Hildegard in Rüdesheim-Eibingen. Als studierte Theologin, Historikerin und Politologin war Philippa Rath Pos­tulatorin bei der Heiligsprechung und Erhebung Hildegard von Bingens zur Kirchenlehrerin. Nach einer Zusatzausbildung in Logotherapie und Existenzanalyse begleitet sie viele Menschen und andere Ordensgemeinschaften in Krisen- und Konfliktsituationen. Sie ist Delegierte im Synodalen Weg in Deutschland. Der von ihr herausgebrachte Band „Wenn Gott es so will“, in dem 150 Frauen von ihrer Berufung zur Priesterin oder Diakonin erzählen, ist ein Bestseller.

DIE FURCHE: Als Sie ins Kloster gingen, taten Sie es, um Ihren Glauben gemeinsam zu leben: Haben Sie sich träumen lassen, dass Sie einmal zur Stimme von Frauen werden, die sich in der Kirche nicht angemessen repräsentiert fühlen?
Sr. Philippa Rath: Zu meiner Schande gestehe ich: Ich habe nie auch nur einen Gedanken an das verschwendet, was man unter „typischen“ Frauenthemen versteht. Ich lebe in einer exempten, d. h. kirchenrechtlich unabhängigen, Frauenabtei, mit einer gewählten Äbtissin, die nach der Benediktsregel Stellvertreterin Christi im Klos­ter ist. Das Männer-Frauen-Thema spielt in unserem Kloster eine eher untergeordnete Rolle – außer dass wir natürlich auf einen Priester angewiesen sind, um die Heilige Messe feiern zu können.

DIE FURCHE: Wie kamen Sie denn dazu, sich so für die Frauen zu engagieren?
Rath: Ich bin seit einigen Jahren geistliche Begleiterin einer katholischen Frauengruppe und habe so die Frauenperspektive in den Gemeinden näher kennengelernt: Da sind fast 100 sehr engagierte Frauen, zwischen 30 und 90. Diese Frauen bauen vor Ort Gemeinde, sie konstituieren sie, tragen sie maßgeblich. Nicht nur beim Vorbereiten von Festen! Und trotzdem stoßen sie immer wieder auf Mauern. Wenn sie mehr Verantwortung und Mitgestaltung wollen, heißt es: „Bis hierher und nicht weiter.“ Es gibt eine zunehmende Diskrepanz zwischen der Lebenswirklichkeit in der Gesellschaft und der Erfahrung der Frauen in der Kirche. Viele Frauen sind nicht länger bereit, das zu akzeptieren

DIE FURCHE: Was tut, nach Ihrer Beobachtung, den Frauen weh?
Rath: Sie fühlen sich diskriminiert, ausgegrenzt, nicht ernst genommen. Viele, die eine Berufung spüren – etwa zum Diakonat oder zum Priesteramt –, werden belächelt, ja lächerlich gemacht. Es herrscht weithin das Prinzip: Was nicht sein darf, ist auch nicht.

DIE FURCHE: Ist Sehnsucht nach dem Amt ein Drang nach Teilhabe an der Macht?
Rath: Es geht um Gleichberechtigung, um Teilhabe an den Entscheidungen und an der Verantwortung in der Kirche. Es geht um die Möglichkeit, die eigenen Charismen fruchtbringend einzubringen, kompetent mitzugestalten, der Kirche gemeinsam zu dienen. Auch darum, das Evangelium verkünden zu dürfen, die Sakramente zu spenden. Die Frage nach dem Amt sollte m. E. vor allem eine Frage der Berufung und der theo­logischen und geistlichen Kompetenz sein.

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