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Die Jahrtausendwende als Jubeljahr

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Die frühere portugiesische Überseeprovinz Mosambik zählt heute zu den ärmsten Staaten der Welt. Nun wurde das Land in das HIPC-Programm aufgenommen. Diese Initiative wurde vor einem Jahr von Weltbank und IWF gestartet, um es den ärmsten Entwicklungsländern zu ermöglichen, ihre Schulden abzutragen ohne neue Kredite aufnehmen zu müssen und damit ihre weitere Entwicklung zu gefährden. Schuldner und Gläubiger legen dabei gemeinsam fest, wieviel Schulden ein Land tragen kann. „Zum ersten Mal gibt es also theoretisch - einen Ansatz zur Lösung der Schuldenkrise, der schuldnerzentriert statt schuldenzentriert ist", meint Ted van Hees von EURODAD, einem Netzwerk von europäischen Nicht-Regierungsorganisationen (NGOs) aus sechzehn Staaten, die sich für die Entschuldung der ärmsten Länder einsetzen, bei der Jahreskonferenz, die heuer in Wien tagte. Im Rahmen des HlPC-Programmes wurde festgelegt, daß die Gesamtschulden nicht mehr als 200 Prozent der Exporterlöse ausmachen sollen, der Rest soll erlas sen werden. Nun sind jedoch die Schulden Mosambiks so hoch, daß die vereinbarte 80prozentige Streichung nicht ausreichen wird, um die Schulden auf das erwähnte Maß zu reduzieren. So kam man bei der EURODAD-Konferenz zu dem Schluß, daß die Gläubiger auf 90 Prozent oder mehr verzichten sollten. Bis Jahresende will man mit Briefen an die nationalen und internationalen Entscheidungsträger um einen höheren Erlaß ersuchen. „Der Fall Mosambik könnte ein Stolperstein im HIPC-Prozeß werden, der den Erfolg der gesamten Initiative auf die Probe stellt", erklärt Martina Neu-wirth von der Initiative „Erlaßjahr 2000", die sich in Österreich für die Entschuldung der Entwicklungsländer einsetzt.

Der Grundgedanke der Initiative ist ein biblischer: Im Alten Testament wird beschrieben, daß im alle 50 Jahre wiederkehrenden „Jubeljahr" alle Schulden gestrichen wurden. Diesen Gedanken hat die Plattform „Erlaßjahr 2000", an der sich neben dem „Österreichischen Informationsdienst für Entwicklungspolitik", „Greenpeace Österreich" und der „Entwick lungszusammenarbeit mit der Dritten Welt Gesm.b.H." auch die Österreichische Bischofskonferenz und der Evangelische Arbeitskreis für Weltmission beteiligen, aufgegriffen: Im Jahr 2000 sollen die Schulden der schwer- bis mittelverschuldeten Länder des Südens gestrichen werden. Die Bedingungen für diesen Schuldenerlaß sollen in einem fairen und transparenten Verfahren, etwa durch ein unabhängiges Schiedsgericht, geklärt werden. Die dabei frei werdenden Mittel sollen der Armutsbekämpfung dienen.

Es bleibt jedoch die Frage, wie die se umfassende Entschuldung der Entwicklungsländer finanziert werden soll, wird doch von Finanzexperten, Begierungen, Weltbank und IWF beständig erklärt, die Kosten zur Entschuldung seien astronomisch. Dagegen wendet van Hees ein, daß bei der jüngsten Krise der asiatischen Finanzmärkte in einer „Ruck-Zuck-Aktion" innerhalb von wenigen Wochen mehr als 15 Milliarden Dollar für Thailand locker gemacht wurden. „Die Tatsache, daß ein Land in einer Woche ein doppelt so großes Notbudget zur Sanierung seines Finanzsektors erhält, wie etwa 20 der ärmsten Entwicklungsländer über mehrere Jajire ver-teiltzur Gewährleistung von absoluten Grundbedürfnissen, zeigt, wie sehr internationale Nothilfsmaßnahmen Sache des politischen Willens sind", erklärt van Hees. „Wenn sich der IWF weiterhin von seiner Verantwortung drückt, wird man in spätestens ein paar Jahren wieder eine neue Schuldenerlaßinitiative gründen und die jetzige HIPC-Initiative zu einer langen Reihe von erfolglosen Vorgängern stellen müssen", warnt der Entschuldungs Lobbyist Die Zeit, die dabei verstreicht, bezahlt die Bevölkerung Mosambiks und anderer Entwicklungsländer mit bitterer Armut und sozialer Not.

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