Sarkozys ehrgeizige Pläne für die Finanzwelt

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In Washington findet am 15. November eine Weltfinanzkonferenz statt, mittels der die globale Finanzmarkt-Architektur neu errichtet werden soll. Frankreichs Präsident Nicolas Sarkozy hat genaue Vorstellungen, welche Position die EU einnehmen soll, und stößt damit teils auf harte Kritik.

Der Weltfinanzgipfel am 15. November in Washington wird zu einer Nagelprobe für das Auftreten der Europäischen Union auf dem harten internationalen Parkett. Noch ist allen gut in Erinnerung, wie die gleichzeitig abgehaltenen Pressekonferenzen der Euro-Länder am 13. Oktober wohlwollend von den Märkten aufgenommen wurden. Die EU muss - will sie ernst genommen werden - global so gut wie möglich mit einer Stimme sprechen.

Der neue starke Mann der EU ist zweifelsohne der derzeitige EU-Ratspräsident, Frankreichs Präsident Nicolas Sarkozy. Doch manchen Mitgliedsstaaten der Union ist er zu ehrgeizig, denn im Hinblick auf den kommenden Weltfinanzgipfel in Washington hat Paris genaue Vorstellungen, wie dem globalen Finanzkollaps beizukommen ist:

Die Teilnehmer des Weltgipfels sollen sich generell dazu verpflichten, die Finanzmärkte transparenter zu gestalten.

Der Deutschen Presse-Agentur liegt Sarkozys Vorschlag vor, in dem er weiter fordert, dass kein Finanzinstitut, kein Markt und keine Gesetzgebung außerhalb von Aufsicht und Regulierung stehen soll.

Explizit sollen Rating-Agenturen, Investmentfonds und Hedgefonds stärker beaufsichtigt werden.

Innerhalb der EU fordert Frankreich häufigere Gipfeltreffen der 15 Euro-Länder. Und genau hier beginnen bereits die Widerstände. Der niederländische Finanzminister Wouter Bos will "keine neuen ständigen Strukturen schaffen". Deutschlands Bundeskanzlerin Angela Merkel sieht dies ähnlich, will aber grundsätzlich in Krisenzeiten verstärkt auf Euro-Gipfel als Abstimmungsplattform zurückgreifen.

Le Figaro zitiert Sarkozy so: "Wir können nicht die kommenden acht Jahre damit verbringen, uns nicht auf dem höchsten Niveau der Staats- und Regierungschefs zu treffen." Gemeint ist das eingangs erwähnte positive Echo auf die von Frankreich initiierte gemeinsame Vorgehensweise zur Rettung der Finanzmärkte.

Euro-Wirtschaftsregierung umstritten

Mehr noch, Paris will schon lange eine veritable Wirtschaftsregierung der Euro-Länder. Während der 1990er Jahre bis zur Einführung des Euro schwebte Frankreich dieser Plan vor, der nun von Sarkozy weitergesponnen wird, schreibt die französische Tageszeitung. Bereits der Verdacht der Einführung einer neuen Wirtschaftsregierung stieß beim deutschen Finanzminister Peer Steinbrück auf Ablehnung. Ebenso sprach sich Finanzminister Wilhelm Molterer gegen eine solche aus. Er bezeichnete den Elf-Punkte-Vorschlag des französischen EU-Ratsvorsitzes jedoch als exzellente Grundlage. Als besonders positiv lobte Molterer, dass dem Internationalen Währungsfonds künftig eine "führende Rolle in der globalen Finanzarchitektur" zukommen soll. Weiter will Molterer verstärkt eine Diskussion über eine einheitliche Finanztransaktionssteuer auf globaler wie auf europäischer Ebene führen. Zudem wünscht sich Wien eine "offene Diskussion" über Mindeststandards bei Finanzprodukten analog zu den Kriterien für Lebensmittel. Kritik an der Position Österreichs ließ nicht lange auf sich warten. Das globalisierungskritische Netzwerk Attac bezeichnet Molterer in seiner jüngsten Aussendung als einen Schutzpatron der Steuerflüchtlinge. Molterer halte seine Hände schützend über "Dunkelkammern im internationalen Finanzsystem wie Liechtenstein und Österreich".

Demokratisches Bretton Woods II

Neben Attac kritisieren 630 Organisationen aus 88 Ländern (Stand Ende Oktober), dass zur Weltfinanzkonferenz nur die 20 mächtigsten Regierungen eingeladen sind. Es wird gefordert, dass alle Regierungen der Welt sowie globale nichtstaatliche Organisationen zu einem Bretton Woods II einzuladen seien. Die EU reklamierte Spanien auf die Einladungsliste, da es viel Erfahrung mit der Kontrolle des eigenen Banksystems habe, so EU-Kommissionspräsident José Manuel Barroso.

Der Name "Bretton Woods" rührt von der internationalen Konferenz her, die vom 1. bis 23. Juli 1944 in Bretton Woods/USA stattfand. Aus ihr ging die Weltbank und der Internationale Währungsfonds sowie das bis 1973 bestehende Währungssystem mit dem goldhinterlegten US-Dollar als Leitwährung hervor. Der Ökonom John Maynard Keynes kritisierte bereits 1944, dass nicht einen nationale, sondern eine künstliche Währung als Leitwährung fungieren solle. Diese Forderung bringt Attac in die aktuelle Diskussion mit ein. Wenn die Notenbanken die Wechselkurse zur künstlichen Leitwährung gemeinsam festlegen und verteidigen, profitierten alle von höchster Stabilität.

6,5 Mrd.

Euro beträgt der Notkrebdit für Ungarn, den die EU-Finanzminister am 4. November billigten. Der Kredit ist Teil eines internationalen Hilfspakets, das mit 20 Milliarden Euro Ungarn vor dem Staatsbankrott retten soll.

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