Dieser Artikel erschien am 8. September 1956. Ernst Karl Winters volle Bedeutung als geistiger Vater der „großen Koalition“ und eines neuen österreichischen Selbstverständnisses wird erst jetzt erkannt und vielleicht noch klarer in der Zukunft erkannt werden. Seine Lieblingsidee, Österreich in einer südosteuropäischen Föderation, erscheint wie eine gewaltige, vielen noch heute unfaßbare Vision am Hintergrund der Weltpolitik.•Wenn die Völkergemeinschaft Südosteuropas sich auch grundsätzlich von den drei europäischen Großnationen, Rußland, Deutschland und Italien,
Die Lage seit dem „deutschen Frieden“ 1 ist ernster denn je. Die Optimisten glaubten, daß wir ein Jahr Ruhe haben werden (und kommt Zeit, kommt Rat), die Pessimisten zählen die neue Atempause (oder Galgenfrist) nach Wochen. Wahrscheinlich haben diejenigen Recht, die behaupten, Österreich sei mehr denn je der Spielball von Faktoren, die außerhalb des Landes liegen. Sicher ist nur das eine, daß der Kampf nicht beendet ist, daß er vielmehr mit verstärkter Wucht in absehbarer Zeit aufs neue einsetzen wird und daß daher kein Tag zu verlieren ist, um die Vorbereitungen dafür zu treffen.
Fünfmal sind die Amerikaner bisher von den Russen im kalten Krieg überrundet worden: dreimal wurde das amerikanische Monopol — der A-, ,H- und U-Bombe — gebrochen (im September 1949, August 1953, November 1955), zweimal ein russisches Monopol — die interkontinentale Rakete und der Erdsatellit — aufgestellt (August und September 1957). Alle diese Daten, von denen ich die ersten vier selbst in Amerika erlebt habe, waren ein tiefgehender Schock für die Amerikaner (mehr für das offizielle Amerika als für die apathischen breiten Massen des amerikanischen Volkes), aus dem nunmehr
Die Wiener Atomkonferenz, die, wenn sie Glück hat, ihr Werk im toten Winkel der aufeinander gerichteten interkontinentalen Raketen aufbauen wird, die jedenfalls der Schatten des Erdsatelliten getroffen hat, gibt dem Verfasser’, der inzwischen wieder von New York nach Wien zurückgekehrt ist, die Gelegenheit zu einigen Anmerkungen, die über die praktischen Probleme, die ihn früher beschäftigten, weit hinausweisen, trotzdem aber des realistischen Hintergrundes keineswegs entbehren.Die technische Entwicklung unseres Zeitalters ist für die einen Grund, sich einem naiven Optimismus ohne
Der Regen, der in den letzten Tagen über Oesterreich, Bayern und der Schweiz fiel, war, wie die Fachleute feststellten, in einem gefährlichen Maß radioaktiv aufgeladen. Dadurch erhalten die nachstehenden Ausführungen auch für unsere Zonen besondere Aktualität. „Die Furche”In den achttägigen Aussagen zahlreicher amerikanischer Gelehrter vor dem Holifield Committee, dem parlamentarischen Unterausschuß des Atomausschusses (JAEC = Joint Atomic Energy Committee), über den bereits berichtet wurde (siehe „Furche”, 21. Juni), zeichneten sich deutlich zwei Richtungen unter den
Im amerikanischen „Atomklima” beginnen sich einschneidende Veränderungen abzuzeichnen. Was nach der Explosion der H-Bombe im März 1954 nur eine Handvoll von Wissenschaftern zu sagen wagte, ist heute nahezu die Allgemeinüberzeugung der amerikanischen Wissenschaft geworden. Auch die Staatsführung trägt, in die Defensive gedrängt, diesem Umschwung Rechnung, indem sie seit geraumer Zeit verspricht, mit ihren Atombombenexperimenten nichts anderes mehr bewirken zu wollen, als die „schmutzige” Bombe von seinerzeit durch eine Serie „reiner” Bomben ersetzen zu wollen, die angeblich
Weiden Amerika und Rußland jemals einen solchen, totalen, ethischen, internationalen Atompikt schließen, der wirklich Erfolg verspricht? Nach menschlichem Ermessen werden die beiden Weltmächte diesen Pakt niemals schließen. Sie werden beide vielleicht noch geraume Zeit vor der sie gleicherweise bedrohenden Katastrophe heilsame Furcht empfinden, wodurch ihnen wechselseitige Zurückhaltung vorübergehend zur zweiten Natur werden kann (wie Albert Schweitzer es in seiner jüngsten Kundgebung in Oslo erhofft). Darin liegt zweifellos das Rudiment einer internationalen Ethik, das noch immer
In diesem historischen Augenblick ist das Atomkraftwettrüsten der beiden Weltkonstellationen das Uebel, das zuerst einmal überwunden werden muß, soll die Zivilisation der Menschheit den Antagonismus ihrer beiden Hälften überdauern. Als Amerika unter Roose- velt und Truman, den beiden Präsidenten des amerikanischen Liberalismus, die Atomkraft im Krieg einzusetzen und im Frieden auszugestalten begann, waren die Amerikaner beider Richtungen in dem ihnen eigentümlichen Zivilisations- eptimismus bereit, darauf zu schwören, daß sie kraft des amerikanischen Industriepotentials ein