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Es gilt das Prinzip der Subsidicirität

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Nach heutigem Stand bleibt in Schul- und Bildungsfragen jedes EU-Mitglied weitgehend Herr im eigenen Haus.

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Nach heutigem Stand bleibt in Schul- und Bildungsfragen jedes EU-Mitglied weitgehend Herr im eigenen Haus.

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usammenarbeit ja, Vereinheitlichung nein - auf diese kurze J Formel körmte man die Bil-dungspohtik innerhalb der Europäischen Union bringen. Im EG-Vertrag ist das Subsidiaritätsprinzip in Bildungsfragen (Artikel 126) festgehalten:

„Die Gemeinschaft trägt zur Entwicklung einer qualitativ hochstehenden Bildung dadurch bei, dciß sie die Zusammenarbeit zwischen den Mitgliedstaaten fördert und die Tätigkeit der Mitghedsstaaten unter strikter Beachtung der Verantwortung der Mitgliedsstaaten für die Lehrinhalte und die Gestaltvmg des Bildungssystems sowie der Vielfalt ihrer Kulturen und Sprachen erfor-derhchenfalls unterstützt und ergänzt."

An den Schulsystemen der einzelnen Länder muß und wird sich daher kurz- und mittelfristig nichts Wesentliches ändern. Der Vertrag formuliert zwar einzelne allgemeine Bildungsziele, sieht aber keinerlei gesetzliche Maßnahmen, sondern nur Fördermaßnahmen und Empfehlungen vor, um diese Ziele zu verwirklichen. Jegliche „Harmonisierung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften der Mitgliedsstaaten" wird sogar explizit ausgeschlossen. Als Ziele werden speziell formuliert:

■ Entwicklung der evuopäischen Dimension im Bildimgswesen, insbesondere durch Erlernen und Verbreitung der Sprachen der Mitgliedsstaaten;

■ Förderung der Mobihtät von Lernenden und Lehrenden, auch durch die Förderung der akademischen Anerkennung der Diplome und Studienzeiten;

■ Förderung der Zusammenarbeit zwischen den Bildungseinrichtungen;

■ Ausbau des Informations- und Erfahrungsaustausches über gemeinsame Probleme im Rahmen der Bildungssysteme der Mitgliedsstaaten;

■ Förderung des Ausbaus des Jugendaustausches und des Austausches sozialpädagogischer Betreuer;

■ Förderung der Entwicklung der Femlehre.

Im Bereich Berufsbildungspolitik (Artikel 127) werden vor allem Anpassung an industrielle Wandlungsprozesse, Verbesserung der Ausbildung im Hinbhck auf den Arbeitsmarkt, Mobilität, Zusammenarbeit, Informations- und Erfahrungsaustausch betont, aber ebenso deutlich die Eigenverantwortxmg der Mitgliedsstaaten.

Für Diskussionen sorgen im Bildungsbereich in erster Linie Fragen des Zuganges zu konkreten Berufen, wie weit zum Beispiel Österreichs HTL-Ingenieure der EU-Richtlinie über die Anerkennung von Hoch-schuldiplomen entsprechen. Nun sollen ihnen die ihrer Ausbildung entsprechenden Berufe im Ausland durchaus offenstehen. Wie der Präsident des HTL-Direktoren-Verbandes, Eduard Müller, jüngst erklärte, werde eine neue EU-Richtlinie mit 18. Juni 1994 die volle Anerkennung der HTL-Ingenieure sicherstellen. Mehr ein Titelstreit als eine Frage der Bildungspolitik war der Disput darüber, ob planende Baumeister zur Wahrung ihrer Chancen im Ausland den Titel „gewerblicher Architekt" führen dürfen.

Da die Freizügigkeit des Personenverkehrs eine der vier Grundfreiheiten in EWR imd EU ist, steht einer größeren Mobilität im Bildungsbereich, ob von Lehrern oder Studenten, wenig im Weg. Österreicher können anderswo leichter Fuß fassen, EU-Ausländer leichter in Österreich. Ein Ansturm von Nume-rus-clausus-Flüchtlingen aus dem Ausland gilt als unwahr Jscheinlich, denn in Österreich darf nur studieren, wer auch in seiner Heimat Anspruch auf einen Studienplatz hätte. Man erwartet, daß diese Vorschrift auch vor einem internationalen Gericht hält.

Obwohl Österreichs Bildungssystem in Europa sicher im Spitzenfeld liegt, steUt der EU-Beitritt eine Herausforderung dar, dieses System weiter zu überdenken. Themen, bei denen sich das lohnen könnte, sind: der Bereich der Zehn-bis Vierzehnjährigen, der Polytechnische Lehrgang, die starke Aufsplitterung der Lehrlingsausbildung und des Bereiches der berufsbildenden Schulen, der für europäische Begriffe noch geringe Prozentsatz von Maturanten und Akademikern, die vergleichsweise hohen Drop-out-Raten.

Mit der Einführung der Fachhochschulen (demnächst schon an den vier Standorten Dornbim, Krems, Wien und Wiener Neustadt), ist man sicher auf dem richtigen Weg, mit verstärktem Sprachunterricht und mit Austauschprogrammen sicher auch. Aber Vokabelkenntnisse und Reisetickets allein lösen noch nicht die mit dem EU-Bildungsauftrag untrermbar verbundene Aufgabe, junge Menschen zu echten wertbewußten Europäern zu erziehen.

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