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Das Tiroler Kulturland Bildungskonzept

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Der Kulturbegriff hat in unserer Zeit eine entscheidende Weitung erfahren. Dies bezieht sich vorerst auf die inhaltlichen Bestimmungen. Neben die „klassischen“, rein künstlerischen Disziplinen, bildende Kunst, Architektur, Literatur und Musik, sind heute gleichermaßen Fragen der Wissenschaft und Bildung, des Umweltschutzes und der Gemeinschaftspflege getreten.

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Der Kulturbegriff hat in unserer Zeit eine entscheidende Weitung erfahren. Dies bezieht sich vorerst auf die inhaltlichen Bestimmungen. Neben die „klassischen“, rein künstlerischen Disziplinen, bildende Kunst, Architektur, Literatur und Musik, sind heute gleichermaßen Fragen der Wissenschaft und Bildung, des Umweltschutzes und der Gemeinschaftspflege getreten.

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Damit ist Kultur nicht mehr Anliegen einzelner elitärer Kreise, sondern der gesamten Öffentlichkeit geworden. Mit Freude darf man feststellen, daß sich in breiten Schichten der Bevölkerung eine deutliche Hinwendung zu geistigen oder, genauer gesagt, zu kulturellen Bereichen abzeichnet.

Unser Land hat ein überaus reiches Kulturleben zu verzeichnen, das nicht nur die Prinzipien der Tradition, sondern auch des Fortschrittes umschließt. Es ist schwierig, aus dieser Fülle von kulturellen Äußerungen in gedrängter Form Schwerpunkte herauszugreifen, ohne dabei die Gesamtheit des Bildes zu verfärben. Die letzten Jahre haben jedenfalls einige hoffnungsvolle Ansätze der kulturellen Entwicklung gebracht.

Ich verweise hier etwa auf den Ausbau des Galerie wesens, das heute bereits 50 Ausstellungsstätten in allen Landesteilen bietet, und auf die Entwicklung der Heimatmuseen, die zur Festigung des kulturellen Selbstverständnisses der Bevölkerung führen sollen.

Auf dem musikalischen Sektor haben die „Internationale Sommerakademie“ und die „Festwoche für alte Musik“ in den wenigen Jahren ihres Bestandes einen erstaunlichen Ruf erlangt. In Zukunft soll, gleichsam einer Tradition entsprechend, auch die moderne Musik in verstärktem Maße zu Wort kommen. Das Musikschulwesen hat in den letzten zehn Jahren einen gewaltigen Aufschwung erfahren, die Schülerzahl hat sich von etwa 4000 auf zirka 10.000 erhöht.

Mit dem „Jahr der musischen Bildung“ hat das Bundesland Tirol auf dem Gebiet der musischen Betreu-

Bildungsurlaub für jeden?

Jeder der 2,7 Millionen Arbeitnehmer in Österreich soll das Recht haben, eine Woche j?ro Jahr „Bildungsurlaub“ zu nehmen. Er kann dabei selbst entscheiden, ob er berufliche Weiterbildung, Fortbildung auf dem Sektor der Allgemeinbildung bis zur religiösen Bildung oder politische Weiterbildung wählt. Die Bildungsfreistellung soll im Rahmen des Arbeitsrechtes als ausdrückliches Recht des Arbeitnehmers gesetzlich fixiert werden. Das sieht ein Katalog von Vorschlägen vor, den die Arbeitsgruppe „Bildungsfreistellung“ beim Unterrichtsministerium in einer Enquete präsentierte.

Die Arbeitsgruppe wurde 1975 eingesetzt, um die gedankliche Vorbereitung für die gesetzlichen Maßnahmen zur Einführung des Bildungsurlaubes zu treffen. Ihr gehören Vertreter der zuständigen Ministerien, der Interessenvertretungen und der Erwachsenenbildungsverbände an. In drei Projektgruppen wurden legistische Fragen, die Bildungsmotivation und Bildungsmodelle sowie die Kapazitätserhebung geklärt.

So erbrachten die bisherigen Untersuchungen, daß die vorhandenen räumlichen, pädagogischen und internatsmäßigen Voraussetzungen in Bildungszentren, Büdungsheimen und Vokshochschulen durchaus ausreichen würden, ab sofort fünf bis zehn Prozent bildungswilliger Arbeitnehmer zu versorgen. ung unserer Jugend ein Beispiel gesetzt, das auf Bundesebene Nachahmung findet. Die „Innsbrucker Wochenendgespräche“ führen alljährlich Literaten aus Europa zu Informationsgesprächen nach Innsbruck zusammen.

Erfolgreich waren unsere Bemühungen um ein vertieftes Verständnis der Bevölkerung gegenüber der Denkmalpflege und dem Ensembleschutz. Selbstverständlich wird auch in Zukunft die Volkskultur, in deren Rahmen die Blasmusikkapellen, Schützenkompanien, Volksbühnen, Chöre und Brauchtumsvereinigungen eine wichtige Aufgabe erfüllen, ein tragendes Fundament für das Gemeinleben in unseren Städten und Dörfern bilden.

Im Bereich des Bildungswesens sehen wir uns einer ungeheuren dynamischen Entwicklung gegenüber. Tirol hat die Verantwortung für die Bildung der Menschen unseres Landes von jeher sehr ernst genommen und hat den Ausbau der Bildungseinrichtungen vom Kindergarten bis zur Erwachsenenbildung in den Mittelpunkt seiner Bemühungen gestellt. Hierbei hat sich die Bildungspolitik des Landes zum Ziel gesetzt, einerseits den geographischen Gegebenheiten Tirols zum Trotz die Chance der Kinder in den entlegensten Tälern soweit wie irgend möglich zu verbessern und anderseits das Bildungsangebot so vielfältig zu gestalten, daß jedem Kind und jedem Erwachsenen eine seinen persönlichen Anlagen und Fähigkeiten, aber auch seinem Leistungswillen entsprechende Aus- und Weiterbildung ermöglicht wird.

Erstes Anliegen des Tiroler Bildungskonzeptes ist es, den Nachteil der Kinder aus dem ländlichen Bereich so weit wie möglich auszugleichen und ihre Bildungschancen zu vergrößern. Daher wurden die Voraussetzungen für die Errichtung von Hauptschulen in einem Maße erleichtert, daß die Zahl der Hauptschulen in acht Jahren fast verdoppelt werden konnte, die Zahl der Schüler wurde nahezu verdreifacht.

Im Wissen um die Bedeutung vorschulischer Bildungseinrichtungen hat Tirol für die Förderung der Kindergartenerhaltung einen Weg gefunden, der innerhalb von zwei Jahren die Zahl der Kindergärten um 37,5% steigen ließ. 1972/73 hat es in Tirol 140 Kindergärten mit 301 Gruppen gegeben. 1977/78, also nur fünf Jahre später, gab es 247 Kindergärten mit 447 Gruppen, wobei die Kinderzahl je Gruppe von 35 auf 29 gesenkt werden konnte.

Aber auch was das mittlere und höhere Schulwesen anlangt, sind weite Bereiche des Bildungskonzeptes bereits verwirklicht. Während die Hauptschule als Basis ausgebaut wurde, konnten auch in jedem Bezirk allgemeinbildende und berufsbildende mittlere und höhere Schulen errichtet werden.

Der Ausbau des kaufmännischen Schulwesens ist in Tirol mit 11 Handelsschulen und 7 Handelsakademien vorläufig abgeschlossen. Für den technisch-gewerblichen Bereich sieht das Konzept die Errichtung einer HTL in Imst vor, so daß neben Kramsach, Jenbach, Fulpmes und Innsbruck (HTL I und HTL II) sowohl eine geographische Streuung als auch eine große Vielfalt der Fachrichtungen gegeben ist.

Einen neuen Weg geht Tirol auch im Angebot der Erwachsenenbildung durch die „Tiroler Erwachsenenschule“ an den Hauptschulen. Über 90 Außenstellen sind über das Land verteilt, womit neben den traditionellen Einrichtungen wie Volkshochschule, Katholisches Bildungswerk, dem WIFI und dem BFI gerade dieser Bildungsbereich stark ausgeweitet werden konnte.

Der besondere Ausbau des öffentlichen Büchereiwesens und seine bildungspolitischen Auswirkungen mögen durch folgende Zahlen deutlich werden: In den letzten fünf Jahren wurden die 70 öffentlichen Büchereien auf 142 erhöht. Den 62.000 Jahreslesern stehen 420.000 Bücher zur Verfügung. Im Jahr 1978 fanden 580.000 Entlehnungen statt. 300 freiwillige Mithelfer stehen hierzu zur Verfügung.

Neue Akzente gibt es in Tirol auch auf dem Gebiet der Politischen Bildung. Die Aktion „Du und dein Lebensraum“ beschäftigt Schüler aller Altersstufen mit Fragen der Erhaltung und Gestaltung einer lebens-und liebenswerten Umwelt.

Zusammenfassend kann also gesagt werden, daß die großen Linien des Bildungskonzeptes in Tirol konsequent verfolgt werden:

Abbau des Land-Stadt-Gefälles zur Erreichung einer möglichst hohen Chancengerechtigkeit, Förderung vorschulischer Bildungseinrichtungen einerseits, eine gute Basis mit Anschlußschulen (Oberstufengymnasien und berufsbildende Schulen) sowie eine große Vielfalt der Erwachsenenbildung anderseits.

Der umfassende Kultur- und Bildungsbegriff wird ständig neu überdacht und ergänzt, um den Menschen in Tirol neben einem sicheren Beruf auch den kulturellen Bereich in seiner Mannigfaltigkeit zu eröffnen.

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