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Lebensfrage hxport

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Die Zeit der Wiener Frühjahrsmesse, der rsten und zugleich größten österreichischen Messeveranstaltung jedes Jahres, gibt nun schon routinemäßig Anlaß zur Bestimmung des Standortes der österreichischen Wirtschaft. Wir wissen, daß die Konjunkturflaute vpn der noch anhaltenden Schwäche des Binnenmarktes verursacht ist, während anderseits die öffentlichen Haushalte — allen voran naturgemäß das Bundesbudget — und der Export weiterhin als kräftigste Stützen unserer wirtschaftlichen Entwicklung gelten können.

Die in den westeuropäischen Industriestaaten bereits seit einigen Monaten sich abzeichnende neuerliche Belebung der Konjunktur läßt auch für Österreich Impulse für ein wieder kräftigeres Wirtschaftswachstum erwarten. Wenn die weltweit spürbar gewordene Rezession bei uns nicht jene Intensität erreichte wie in anderen Ländern, so ist dies in hohem Maße den Bemühungen unserer Exporteure zu danken, die trotz teilweise stark gesunkener Gewinnmargen die angestammten Absatzmärkte im wesentlichen halten und darüber hinaus zahlreiche neue Verkaufschancen realisieren konnten- Da gleichzeitig die Einfuhr rückläufig war, hat die strukturell passive Handelsbilanz auch von dieser Seite her eine wohltuende Entlastung erfahren.

Der Pflege und Förderung des Exports kommt sohin gerade in diesen Wochen und Monaten besondere Bedeutung zu. Außenhandeltreibende Wirtschaft und staatliche Wirtschaftspolitik müssen inniger denn je Zusammenwirken, Österreichs Position im Welthandel zu behaupten, ja weiter auszubauen.

Nun hat ja die gewiß nicht völlig befriedigende territoriale Streuung des österreichischen Außenhandels der staatlichen Handelspolitik schon in den vergangenen Jahren manche Sorge bereitet, Räumliche Nachbarschaft, historische freundschaftliche Bindungen und ein weitgehend gemeinsames Schicksal seit dem Ende des letzten Krieges haben — und wir begrüßen das — zu einer besonders intensiven wirtschaftlichen Zusammenarbeit und damit zu einem verstärkten Warenverkehr mit einer Reihe von Staaten des freien Europas geführt und damit deren Anteil an unserem gesamten Güteraustausch mit dem Ausland erheblich wachsen lassen.- Anderseits mußte die EWG-Problematik naturgemäß gerade für unser Land brennend werden, das noch vor wenigen Jahren immerhin 50 Prozent seiner Ausfuhr auf den Märkten der Sechs absetzte, während es heute, bedingt durch die zunehmende zollmäßige Diskriminierung und durch die Außenseiterstellung allgemein, nur noch wenig mehr als 40 Prozent sind.

Hier tritt also an die österreichische Integrationspolitik in nächster Zeit die Aufgabe heran, mit der EWG und den Mitgliedstaaten alle Wege zu prüfen, diie unser Land dem fortbestehenden Ziel eine3 wirtschaftlichen Vertrages besonderer Art näherbringen könnten.

Indessen stellen wir mit Befriedigung einen ständig steigenden Handelsverkehr mit den Partnerstaaten der EFTA fest. Der völlige Wegfall der Binnenzölle mit Ende 1966 hat hier sowohl bei der Ausfuhr als auch bei der Einfuhr hohe Zuwachsraten gebracht. Dazu kommt, daß auch die Struktur der gehandelten Waren für Österreich sehr interessant ist. Zweifellos ist die EFTA keine Lösung auf Dauer, doch soll man auch ihre Leistungen in Richtung auf einen Abbau der Handelsschranken in Europa nicht übersehen.

Im Osthandel kommt Österreich auf Grund der gegebenen Umstände über ein gewisses Volumen des Warenverkehrs offenbar nicht hinaus, wenngleich wir uns um eine Ausweitung der Wirtschaftsbeziehungen mit den Oststaaten ständig bemühen.

Der Handel mit Übersee ist hingegen noch weitestgehend „unterentwickelt”. Abgesehen vom Verkehr mit den USA ist unser Warenaustausch mit den Ländern des amerikanischen, des afrikanischen oder etwa auch des asiatischen Kontinents geradezu lächerlich gering. Verwöhnt durch die langjährige Hausse im Absatz in die nahegelegenen europäischen Bereiche blieben den österreichischen Exporteuren die längste Zedt Mühe und Risiko der Anbahnung und Durchführung von Geschäften mit weit entfernten Partnern erspart. In dem Maße aber, in dem einerseits das Geschäft mit den traditionellen Kunden schwieriger zu werden begann, anderseits die Entwicklungshilfe bisher ungewohnte Breitengrade ins Blickfeld rief, haben österreichische Exporteure ihr Interesse mehr und mehr jener terra Incognita zuzuwenden begonnen, auf der sie sich inzwischen gleichfalls einem verstärkten internationalen Wettbewerb gegenübersehen. Zweifellos weckt beziehungsweise hebt aber der auch in diesen Ländern steigende Lebensstandard den Bedarf der dortigen Bevölkerung an zahlreichen Girtern, so daß sich daraus auch den österreichischen Exportbestrebungen manche neuen Chancen eröffnen.

Die österreichische Exportindustrie und der Csterreichische Exporthandel haben in den zwei Jahrzehnten, in denen es wieder einen nennenswerten österreichischen Außenhandel gibt, große Leistungen für unsere Wirtschaft und für alle Bürger dieses Staates erbracht. Worum es heute geht, das ist gleichwohl eine Verstärkung aller Bemühungen, im Kampf auf den Weltmärkten zu bestehen, einem Kampf, der auf dem heimischen Markt beginnt.

Noch mehr Exportgesinnung, noch mehr Initiative und Wagemut, das muß heute unsere Forderung sein! Exportieren ist aber kein Privileg der Großen. Auch die Vielzahl der mittleren und kleineren Betriebe, soweit diese für eine Exportproduktion in Betracht kommen, muß in steigendem Maße den Weg zum Export finden und sich hierfür allenfalls zu geeigneten Gemeinschaften zusammenschließen.

Die staatliche Ausfuhrförderung und die Wirtschaftsförderung der Kammerorganisation haben in den letzten Jahren einen ansehnlichen organisatorischen und finanziellen Ausbau erfahren. Dennoch wird Österreich als kleines Land mit wirtschaftlich potenten Staaten nicht immer Schritt halten können. Was aber möglich ist, soll von beiden Seiten, von der Wirtschaft und vom Staat, zu tun versucht werden. Wieder einmal ist der Export zur tragenden Säule der wirtschaftlichen Wohlfahrt dieses Landes geworden.

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