Arbeitsplätze, Image und Millionen

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Was sich Österreich als Veranstalter der Fußball-Europameisterschaft 2008 an Vorteilen erwartet - und was den Salzburgern als Nicht-Veranstaltern der Olympischen Winterspiele 2010 entgeht.

Einfach unbeschreiblich - es war so ein flaues Gefühl in der Magengegend", erinnert sich Wolfgang Gramann, Generalsekretär des Österreichischen Fußballverbandes (ÖFB), an die Stunde der Entscheidung zurück, als der Europäische Fußballverband UEFA das Austragungsland der Europameisterschaft 2008 verlautete und die Wahl auf Österreich fiel. Gramann euphorisch: "Für ein kleines Land ist das eine Riesensensation."

Andererseits sind die Österreicher als Sportnation ohnehin schon vielen ein Begriff: "Mit Österreich verbindet man einfach Sport - dass die Leute zu uns nach Österreich kommen, um Sport zu betreiben, ist unumstritten. Fragen Sie einmal einen Deutschen, was er mit Österreich assoziiert: dass er im Winter zu uns Skifahren kommt", betont Silvia Welbich, Mitautorin der Studie "Wirtschaftsfaktor Sport" des Industriewissenschaftlichen Institutes (IWI) den Stellenwert von Sport in Österreich.

Erhoffte 240 Millionen

Die Begeisterung für die EM 2008 ist jedenfalls enorm: Rund 1,2 Millionen Tickets werden für die Spiele in den insgesamt acht Austragungsorten der Schweiz und Österreichs verkauft. Gleichzeitig werden Milliarden Menschen weltweit das Sportgroßereignis mittels Fernsehübertragung verfolgen. Wie hoch die Einnahmen der UEFA durch den Verkauf von TV-Rechten bei der EM 2008 sind, lässt sich zwar noch nicht abschätzen - aber zum Vergleich: Bei der EM 2004 in Portugal hat die UEFA allein in Europa über 510 Millionen Euro lukriert.

Die wirtschaftlichen Konsequenzen, die sich aus dem Zuschlag für Österreich als Austragungsort der EM 2008 ergeben, sind jedenfalls beachtlich: Laut einer Studie des Institutes für Höhere Studien kann mit einer zusätzlichen heimischen Gesamtwertschöpfung von bis zu 240 Millionen Euro gerechnet werden. Christian Helmenstein, Mitautor der Studie, erwartet sich durch die EM eine Abfolge von zahlreichen ökonomischen Effekten, die von der Bauwirtschaft bis hin zu einer erhöhten induzierten touristischen Nachfrage reichen: "Besonders vor dem Hintergrund sowohl unserer derzeitigen konjunkturellen Schwächen als auch gewisser struktureller Schwierigkeiten, die die Bauindustrie und der Tourismus aufweisen, ist die EM besonders zu begrüßen, da sie ja gerade in diesen beiden Bereichen zusätzliche wirtschaftliche Impulse auslöst."

Ausbau der Stadien

Insgesamt werden durch die EM in Österreich zwischen 2003 und 2008 rund 6.000 zusätzliche Arbeitsplätze geschaffen, davon allein in der Baubranche in den Jahren 2003 bis 2005 an die 2.200 Stellen: So muss etwa das Wiener Ernst Happel-Stadion um 15 Millionen Euro vergrößert werden, um dem erwarteten Zuschaueransturm 2008 gerecht werden zu können. Ähnliche Adaptierungen sind auch für das neue Salzburger sowie das Tivoli-Neu-Stadion in Innsbruck geplant. Der Bau des Klagenfurter Stadions ist hingegen noch in Schwebe. Gramann: "Es gibt unterschiedliche Pläne in Klagenfurt und multifunktionale Arenaplanungen um 60 Millionen Euro, aber da gibt es noch keine Entscheidung."

Die Finanzierung der Stadienausbauten erfolgt beim Ernst- Happel Stadion durch den Bund und die Stadt, beim Salzburger und Klagenfurter hingegen durch Drittelfinanzierung (Bund, Land, Stadt). Nur beim Tivoli-Stadion gibt es "einen politischen Pakt, dass der Bund die Adaptierung zur Gänze trägt", so der Generalsekretär des ÖFB.

In diesem Zusammenhang ist nach Helmenstein auch die Frage der Nachhaltigkeit wesentlich, die sich etwa in einer verbesserten Infrastruktur niederschlägt: "Das heißt konkret, dass wir zum Beispiel die Chance haben, die Stadien nach der EM weiterhin für Großevents zu nutzen und man auch Größen aus dem internationalen Musikgeschäft verstärkt nach Österreich holen kann."

Aber auch die Tourismusbranche hat 2008 Grund zum Jubeln: Denn alle Gäste (Mannschaften, Begleitpersonen, Journalisten, offizielle wie sonstige Besucher) verursachen in den Austragungsmonaten Juni und Juli zwischen 600.000 bis 920.000 zusätzliche Nächtigungen. Ganz zu schweigen von dem längerfristigen Nutzen für die einzelnen Regionen durch sogenannte Nachhall-Effekte. "Diese entstehen dadurch, dass Österreich die Chance hat, sich im internationalen Kontext als interessante Tourismusdestination zu profilieren", so Helmenstein.

Werbeeffekt

Wie hoch der Werbeeffekt für Österreich durch die Austragung der EM aber im Endeffekt sein wird, lässt sich schwer quantifizieren. Helmenstein: "Das hängt einerseits von der Berichterstattung ab und davon, welche persönlichen Erfahrungen die Gäste machen und andererseits auch davon, wie weit es gelingt, Dienstleistungen zu entwickeln, die diese Impulse über die Jahre hinaus tragen." Die Auswirkungen auf den Telekommunikationssektor sind zwar durch die besonders starken Marktveränderungen in diesem Bereich derzeit noch schwer abzuschätzen, doch die in Österreich anwesenden Journalisten werden - verteilt auf die 23 Tage der Endrunde - voraussichtlich etwa 43.000 Stunden telefonieren und bis zu 57.000 Stunden Internet und Fax nutzen.

Und nicht zuletzt ist Spitzensport ein wichtiger Anreiz für den österreichischen Breitensport, der wiederum einen Beitrag zu einem größeren Gesundheitsbewusstsein innerhalb der Bevölkerung leisten kann. Gramann zusammenfassend über die EM: "Ein Geschenk des Himmels zur richtigen Zeit."

Ernüchterung in Salzburg

Während also große Euphorie beim ÖFB herrscht, leckt Salzburg hingegen seine Wunden.

"Es herrscht Ernüchterung", beschreibt Helmut Hüttinger, Klubobmann der "Bürgerliste Salzburg", die Stimmung nach der Vergabe der Olympischen Winterspiele 2010 an Vancouver (siehe S. 23).

Österreich entgehen dadurch mehr als 19.000 zusätzliche Arbeitsplätze und eine vermehrte Wertschöpfung in der Höhe von 865 Millionen Euro - wirtschaftliche Effekte, die die Winterspiele mit sich gebracht hätten. Zu diesen Ergebnissen ist das IHS im Zuge seiner Studie "Wirtschaftsfaktor Olympische Spiele in Salzburg" gekommen. Mitautorin Anna Kleissner sieht aber neben weitreichenden ökonomischen Effekten auch psychologische, die ihre Auswirkungen auf die Wirtschaft haben hätten können: "Die Menschen können sich durch ein solches Großevent - das zeigen Umfragen - gut mit der eigenen Heimat identifizieren. Das schlägt sich dann natürlich auch in einer relativ guten Stimmung nieder - auch in wirtschaftlicher Hinsicht."

"... kommen einem Tränen"

"Es gibt keine einzige Marketing- Aktivität, die uns wie die Olympiade dieses Schaufenster geboten hätte," bemerkt Leo Bauernberger, Geschäftsführer der "Salzburger Land Tourismus Gesellschaft" und fügt hinzu: "Als Tourismus und Marketingverantwortlicher für das Land Salzburgs kommen einem schon die Tränen, wenn auf einmal diese Blase zerplatzt."

Kleines Trostpflaster: auch wenn Salzburg den erhofften Zuschlag nicht bekommen hat - allein die Bewerbung hat nach Ansicht der IHS- Experten neben einer schon realisierten zusätzlichen Wertschöpfung in der Höhe von 5,2 Millionen Euro und weitgehend nachhaltigen infrastrukturellen Entwicklungen (etwa den Bau des neuen Salzburger Stadions) auch einen Image- und Bekanntheitszuwachs gebracht. Der Werbeeffekt sei, so Kleissner, zwar zum gegenwärtigen Zeitpunkt noch schwer zu quantifizieren, doch habe Salzburg durch seine Bekanntheit im Zuge seiner Bewerbung einige Zusatzveranstaltungen nach Salzburg bringen können, wie etwa die Nacht des Sports oder den Big Airworld Cup.

Trotz der Enttäuschung wird inzwischen aber schon wieder über eine neuerliche Bewerbung nachgedacht. Salzburgs Landeshauptmann Franz Schausberger dazu: "Grundsätzlich sollte man dieses Ziel beibehalten." (Siehe S. 23)

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