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Während Österreichs Fußballfreunde auf ein zweites „Wunder von Wembley“ hofften, wurde die österreichische Nationalmannschaft von einem ausgezeichneten englischen Team in Grund und Boden gespielt. Die österreichische Mannschaft, unter der Leitung Stastnys in den letzten Jahren recht erfolgreich, erlitt eine der schlimmsten Niederlagen in der Geschichte der Länderspiele. Mittlerweile erlitt die Natio-

nalmannschaft in Hannover gegen Deutschland eine neue Niederlage. Eindeutige Rückschläge für Österreichs Fußball: in zwei Spielen elf Verlusttreffer, kein einziges eigenes Tor. Dabei hat die Nationalmannschaft im heurigen Jahr gegen Holland, den Weltmeister Brasilien und Ungarn sehr gut gefallen und die Hoffnung erweckt, die österreichische Nationalmannschaft könne An-

schluß an die europäische Spitze finden. Wenn man jedoch bedenkt, daß unsere führenden Vereinsmannschaften seit Jahren teilweise blamable Niederlagen beziehen und in den europäischen Klubbewerben kaum über die erste Runde hinauskommen, kommt der Rückfall der Nationalmannschaft nicht unerwartet.

Seit Jahren wird im ÖFB von Reformen geredet, aber die im Herbst des Vorjahres groß angekündigte Reformkommission ist nach anfänglichem Eifer und dem Studium ausländischer Vorbilder sanft entschlafen. Derzeit ist aber der Ruf nach einer Reorganisation des heimischen Fußballbetriebes nicht zu überhören. Das vom Präsidenten des österreichischen Fußballbundes, Gero, in einer Pressekonferenz vorgelegte Reformpaket enthält höchstens einige Retouchen, radikale Experimente werden nicht gewagt.

Es wäre jedoch verfehlt, alle Schuld dem Fußballbund anzulasten, auch die Spitzenvereine haben großen Anteil an der seit Jahren unbefriedigenden Situation im heimischen Fußballsport. Der ÖFB müßte endlich die Voraussetzungen für die Gesundung des Spitzenfußballes schaffen, die Vereine müßten den schon hie und da zaghaft be-schrittenen Weg zum Profisport konsequent beschreiten.

Ein Abbau der Zahl der in Österreich tätigen Legionäre ist sicher zu begrüßen, es ist aber zu bedenken, daß ein zugkräftiger ausländischer Klassespieler für einen Profiklub eine Publikumsattraktion darstellt. Es wäre nur an der Zeit, anstatt dreier mittelmäßiger einen erstklassigen Ausländer den heimischen Zuschauern anzubieten.

Die wesentlichste Voraussetzung für eine Gesundung des Spitzenfußballes wäre aber sicherlich die pro-

fessionelle Einstellung der Vereine. Ein Verein mit einem Monatsbudget bis zu einer Million Schilling und mit Bruttospieleinnahmen in der gleichen Höhe stellt einen Wirtschaftskörper dar, den man nicht mit einem ehrenamtlichen Präsidenten, einem hauptamtlichen Trainer und eventuell einem hauptamtlichen Klubsekretär führen kann. Die Vereine müßten endlich der Wirtschaft nicht nur Sponsormillionen aus der Tasche locken, sondern sich auch der Methoden des modernen Managements bedienen. Das heute in Österreich so verbreitete Sponsorsystem bewirkt so lange nur ein Weiterwursteln, als diese Gelder nicht zu gezielten Investitionen benützt werden. Die Vereine vergessen oh den Einnahmen aus den Sponsorgeldern, daß sie auf Dauer doch nur von den Eintrittsgeldern der Fußballanhänger leben können. Und um diese Zuschauer in verstärktem Maße auf die Plätze zu bringen, muß in Zukunft mehr geboten werden. Die Sponsoren täten gut daran, ihre Gelder nicht nur für den Spielererwerb, sondern auch für Tribünenbauten, Flutlichtanlagen, Tribünenheizungen, der Schaffung zusätzlicher Parkmöglichkeiten und ähnlichem zu widmen. Für jedes Wirtschaftsunternehmen ist es selbstverständlich, daß erst langfristige Investitionen Gewinne möglich machen.

Es müßte doch bei einigem guten Willen bei allen Beteiligten möglich sein, in Wien, Graz und Linz (aber auch in Salzburg und Innsbruck) einen Profiklub internationalen Standards zu schaffen. Damit wäre ein großer Schritt zu einer Aufwärtsentwicklung des gesamten österreichischen Fußballs getan.

Abschließend sei noch bemerkt, daß an der Spitze des österreichischen Fußballs nicht ein ehrenamtliches Verwaltungsorgan, sondern ein mit weltreichenden Vollmachten ausgestatteter Manager stehen sollte. Dem derzeitigen Präsidenten, mag er auch noch so von gutem Willen erfüllt sein, traut kaum ein Fußballanhänger die notwendigen drastischen Maßnahmen zu.

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