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Von Pius X. zu Benedikt XV.
ÖSTERREICH UND DER VATIKAN. Von Friedrich Engel-Janosi. Band II: 1903 bis 1918. Verlag Styria, Graz. 420 Seiten, 12 Abbildungen.
Professor Friedrich Engel-Janosi, der endlich nach so vielen Jahren der Abwesenheit nach Wien zurückgekehrte Ge- 1 ehrte, legt den zweiten Band seines Wer- , lies., über die Beziehungen zwischen Österreich und dem Vatikan der Öffentlichkeit vor. Er umfaßt die Pontifikate Pius’ X. und Benedikts XV., jene Zeitspanne also, die vom berühmten, zum letztenmal in der Geschichte ausgeübten Veto bei einer Papstwahl bis zum Ausgang des Weltkriegs reicht. Eine Epoche, die eigentlich im Zeichen zweier Persönlichkeiten stand: im Zeichen Rampollas und im Zeichen Pacellis. Denn das Jahr 1903, da Rampolla durch das berühmte Veto Kaiser Franz Josephs von der Wahl zum Papst ausgeschlossen wurde, setzte keinen Schlußstrich unter das öffentliche Leben dieses berühmten Kirchenmannes. Sein Schatten überlagerte im Gegenteil das ganze kommende Jahrzehnt. Und wäre er nicht 1913 gestorben, so wäre er sicher 1914 Papst geworden. So wurde es Benedikt XV. als „Rampolli di Rampolla“ — als Erbe des Rampolla. Und mitten im Krieg beginnt der Stern Monsignore Pacellis zu glänzen und zu steigen, bis er eines Tages den höchsten Gipfel der Welt erreicht. Es ist eine Epoche, die die Monarchie noch auf einen so hohen Gipfel der Macht zeigt, daß es ihr sogar möglich war. die Kandidatur eines ihr nicht genehmen Kardinals zum Papsttum zu verhindern, und es ist eine Epoche, die mit der tiefsten Erniedrigung, ja Zerstörung dieser Monarchie endet. In diesen knappen 15 Jahren waren die Beziehungen zwischen dem Vatikan und dem Habsburgerreich so gut wie schon lange nicht. Denn Pius X., der von sich selbst sagte, daß er zwölf Jahre seines Lebens ein getreuer Untertan der Monarchie gewesen war, hatte nicht nur tiefes Verständnis für deren Probleme, er war vor allem ein unpolitischer und nur der Seelsorge zugewandter Papst und ging somit allen politischen Konfliktstoffen aus dem Weg. Und unter Benedikts XV. Regierung liefen die Bemühungen des Vatikans und Österreichs eigentlich parallel: einen Konflikt der beiden Mächte mit Italien zu vermeiden bzw. durch einen gerechten Frieden den Weltkrieg zu beenden.
Mit souveräner Virtuosität beherrscht der Verfasser sein Thema, einer Virtuosität, die gewiß durch eine jahrzehntelange Beschäftigung mit diesem Thema erleichtert wurde. Der Leser ist sich nicht im klaren, was er eigentlich besonders bewundern soll: eben diese Virtuosität in der Behandlung des Stoffes oder die vornehme Art, an die Probleme heranzugehen. die nach Rankes Grundsatz sucht, zu zeigen, wie es denn wirklich war, die aber die Wahrheit nicht schroff und hart, sondern diskret und höflich sagt. Es ist beste österreichische Geschichtsschreibung, die hier vorliegt, geschult an einer alten Tradition, beispielgebend für künftige Generationen von Historikern.
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