Paul Auster - Paul Auster - © Foto: dpa-Zentralbild/Soeren Stache

„Daher ist alles möglich“. Zum Tod von Paul Auster

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Mit Paul Auster starb am 30. April einer der wichtigsten US-amerikanischen Schriftsteller der Gegenwart. Ein Nachruf.

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Mit Paul Auster starb am 30. April einer der wichtigsten US-amerikanischen Schriftsteller der Gegenwart. Ein Nachruf.

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„AM ANFANG war alles lebendig. Die kleinsten Gegenstände waren mit pochenden Herzen ausgestattet, und selbst die Wolken hatten Namen. Scheren konnten gehen, Telefone und Teekessel waren Cousins, Augen und Brillen waren Brüder.“ So beginnt Paul Auster seinen „Bericht aus dem Inneren“ (2013, dt. 2014), in dem er sich auf die Suche nach den Gedanken seiner Kindheit und Jugend begab. Was er beschreibt, kennt man aus der eigenen Kindheit. Diesen Blick des Kindes hat Paul Auster zum Glück nie abgelegt, trotz all des Wissens, des Gelesenen, der Reflexion und des wachen politischen Interesses.

Die Figuren, die er seit seiner New-York-Trilogie „Stadt aus Glas“, „Schlagschatten“, „Hinter verschlossenen Türen“ (1985–87) erschaffen hat, erinnern daran. Allen voran Walt in „Mr. Vertigo“ (1994, dt. 1996), dem das Fliegenkönnen in der Pubertät allerdings abhandenkommt. Austers Figuren sind auf der Suche; was sie finden, erwarten sie nicht – und es stellt vor neue Fragen. Detektiv Quinn bleibt am Ende ein rotes Notizbuch, Detektiv Blue, der Black beschatten soll, trifft auf seine eigenen Schriften. Ständig kreuzt der Zufall die Wege. Im Alter angekommen, sind Austers Figuren mit Trauer, Erinnerung und Rückblick, aber auch mit politischen Verhältnissen beschäftigt, etwa der Literaturkritiker August Brill (!) in „Mann im Dunkel“ (2008). Dem Schriftsteller Mr. Black in „Reisen im Skriptorium“ (2006, dt. 2007) begegnen Figuren aus Austers früheren Romanen.

Möglichkeitssinn

Immer wieder und immer wieder neu: Literatur als Möglichkeit, die vielen Möglichkeiten zu sehen. Wenn jemand den Möglichkeitssinn zur Sprache gebracht hat, auf unterschiedliche Weisen, dann Paul Auster. Er studierte als Stipendiat an der Columbia-Universität und beschrieb die Auseinandersetzung mit „Tristram Shandy“ als „bis dahin anregendste intellektuelle Herausforderung“ seines Lebens, „ein gewaltiger Sprung in ein Universum voller Wunder, Offenbarungen und Glückseligkeit“, die Diskussionen als „ebenso lebhaft wie provozierend, und danach war dein Leben nicht mehr wie vorher“.

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