Schulterschluss der Reformer

Werbung
Werbung
Werbung

Zum ersten Mal organisierten die vier Reformbewegungen in Österreichs katholischer Kirche eine gemeinsame Veranstaltung. An der Haltung der Amtskirche gegenüber den Reformforderungen wird das allerdings kaum etwas ändern.

„Die Schubladen sind voll von Vorschlägen und Konzepten, was fehlt, ist die Umsetzung.“ So lautete die zentrale Botschaft der Enquete „Kirchenreform und Menschenrechte“, die am vergangenen Freitag in Wien stattfand. Formuliert wurde diese durch den Vorsitzenden der Plattform „Wir sind Kirche“, Hans Peter Hurka. Als Organisatoren der Enquete, an der etwa 120 Personen teilnahmen, traten neben „Wir sind Kirche“ auch die „Laieninitiative“, die „Pfarrer-Initiative“ und die Vereinigung „Priester ohne Amt“ auf.

Nach dem Eröffnungsstatement von „Laieninitiative“-Obmann Herbert Kohlmaier hielten die Theologen Walter Kirchschläger und Paul Weß, der Kirchenhistoriker Maximilian Liebmann sowie der Völkerrechtler Heribert Franz Köck ihre Impulsreferate, jeweils gefolgt von offenen Diskussionen zum jeweiligen Thema. Während der in Luzern tätige Neuestamentler Kirchschläger und der Pastoraltheologe Weß über die „Kirche in der Nachfolge Jesu Christi“ beziehungsweise die entsprechenden Strukturreformen in der Katholischen Kirche sprachen, lieferte Liebmann einen historischen Exkurs ins Mittelalter und zeigte auf, wie ein Laien-Monarch das Papsttum retten konnte. Der Linzer Religionsrechtler Köck schließlich sprach unter dem Vortragstitel „Menschenrechte in der Kirche“ über Verletzungen ebendieser, beispielsweise durch den Pflichtzölibat. Köck verwies im Zuge dessen auf das Recht auf Ehe und Familie auf der einen und das Recht auf freie Berufswahl auf der anderen Seite. Jemand, der gleichzeitig heiraten und katholischer Priester werden wolle, so Köck, müsse zwangsläufig auf eines dieser beiden Rechte verzichten. Das käme – innerkirchlich betrachtet – einer Menschenrechtsverletzung gleich, ebenso wie der Ausschluss von Frauen vom Priesteramt, wie der Jurist auf Nachfrage aus dem Plenum bestätigte.

Streitpunkt Frauenordination

Es war nicht das einzige Mal, dass die Frauenordination bei der Enquete diskutiert wurde. Die „Laieninitiative“ wehrt sich seit ihrer Gründung im April dagegen, die Zulassung von Frauen zum Priesteramt in ihren Forderungskatalog aufzunehmen. Als Grund dafür wird immer wieder angegeben, dass man trotz aller Kritik dennoch Gesprächsbereitschaft signalisieren und keine Forderungen an die Amtskirche stellen wolle, die ohnehin keinerlei Aussicht auf Erfolg hätten. Hier musste sich die „Laieninitiative“ der Kritik des Plenums stellen. Immer wieder wurde diese Causa von verschiedenen Diskutantinnen zur Sprache gebracht, unter anderem auch im Konnex mit dem Bedauern der Tatsache, dass bei der Enquete keine einzige Frau ein Podiumsreferat hielt.

Durch die Zurückhaltung der „Laieninitiative“ in diesem Punkt ergibt sich eine gewisse Schieflage im Gesamtbild der vier Reformbewegungen, für die die Enquete als erste gemeinsam organisierte Veranstaltung einen Art öffentlichen Schulterschluss darstellte. Denn im Unterschied zur „Laieninitiative“ fordern sowohl „Wir sind Kirche“ als auch die „Pfarrer-Initiative“ nicht nur das Diakonat, sondern auch das Priesteramt für Frauen. Dabei wäre gerade dies eine Forderung, die vor allem und gerade für die Laien zentral sein sollte. Auch Helmut Schüller von der „Pfarrer-Initiative“ erkannte dies und bat die Initiatoren der „Laieninitiative“ bei seinem Kurzstatement gegen Ende der Enquete, ihren Forderungskatalog diesbezüglich nochmals zu überdenken.

Kohlmaier bestätigt dennoch gegenüber der FURCHE nochmals: „Wir beschränken uns bewusst auf jene Forderungen, die wir für realistisch halten, und die auch unter zahlreichen renommierten Theologen so eingestuft werden.“ Nachdem selbst diese Forderungen aber bisher auf keinerlei Gehör gestoßen seien, stehe im kommenden Jahr hauptsächlich das Anstreben einer Kirchenreform auf der Agenda der „Laieninitiative“. Der Gedanke dahinter, so Kohlmaier: „Wenn man mit einem System konfrontiert ist, das es zulässt, unseren Forderungskatalog ohne Weiteres zu ignorieren, dann ist es wohl an der Zeit, dieses System zu überdenken.“

Angesichts der bisherigen Reaktionen der Amtskirche auf die Forderungen der Reformbewegungen ist das durchaus nachvollziehbar. Jüngstes Beispiel dafür war ein Brief des Grazer Bischofs Egon Kapellari an die Initiatoren der „Laieninitiative“, in dem dieser festhielt, er sei „nicht bereit, einen Weg gegen Rom oder an Rom vorbei zu gehen“. Ein solche Weg führe zwingend zu einer „Spaltung der Kirche auch dann, wenn manche Initiatoren einer Bewegung dies ausschließen wollen“. Kapellari sprach sich außerdem entschieden gegen die Ordination von Frauen und für den Zölibat aus. Die Kirche habe von Christus her keine Vollmacht, Frauen zu weihen. Weder die öffentliche Meinung noch ein neues Konzil könnten daran etwas ändern. Was die „Laieninitiative“ als „starre vatikanische Religionsbürokratie“ bezeichne, so Kapellari, könne sehr wohl auch ein Widerstand sein, „der sich später als prophetisch erweisen könnte“. Und auch was die Art der Kommunikation der Reformbewegungen angeht, fand Kapellari klare Worte: „Einige Äußerungen aus dem Gesamtbereich der mit Ihnen verbundenen Initiativen lassen ein erwartbares Maß an Noblesse vermissen.“

Ein Brief von Bischof Kapellari

Sowohl die „Laieninitiative“ als auch „Wir sind Kirche“ reagierten naturgemäß wenig begeistert auf Kapellaris Brief. Dem Vorwurf, „gegen Rom oder an Rom vorbei gehen“ zu wollen, hielten die Initiatoren der „Laieninitiative“ beispielsweise entgegen, dass sie stets Gesprächsbereitschaft signalisiert hätten. Die Gefahr einer Spaltung sehen sie nicht, weil es längst ein „heimliches Schisma“ zwischen der Kirchenleitung und dem Gottesvolk gebe, das sie zu überbrücken versuchten. „Wir sind Kirche“ forderte indes einen „Dialog auf gleicher Augenhöhe“: „Dialog ist nicht fallweise gütiges Gewähren von Audienzen zur freundlichen Plauderei“, heißt es auf der Webseite, „sondern die ergebnisoffene, lösungsorientierte und konsequente Auseinandersetzung mit Für und Wider der seit Langem offenen Probleme“.

Eine neue Kirchenverfassung steht angesichts dieser Kommunikationsschwierigkeiten ganz oben auf der Wunschliste beider Organisationen. Zu diesem Zweck soll es im Juni 2010 die nächste gemeinsame Veranstaltung geben, bei der über die Möglichkeiten und Perspektiven einer solche diskutiert werden soll. Die Reformwilligen bleiben also nach wie vor optimistisch, auch wenn die Äußerungen der Amtskirche dazu kaum Anlass geben.

Ein Thema. Viele Standpunkte. Im FURCHE-Navigator weiterlesen.

FURCHE-Navigator Vorschau
Werbung
Werbung
Werbung