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Verfolgte Kirche

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Im Burgenland beschritt nach dem Antritt der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft als erste Kirchenbehörde die Apostolische Administratur den Leidensweg. Sie wurde vom Amtssitz in Eisenstadt vertrieben, mußte nach Mattersburg in das Haus der katholischen Lehrerakademie wandern, mußte auch dieses aufgeben und bezog sodann bescheidene Räume in Sauerbrunn; das Seminar in Mattersburg wurde als staatliche Oberschule verwendet.

Da der Name „Burgenhnd“ als Ausdruck eines freien Bundeslandes in einem freien Österreich zum Verschwinden gebracht und das Land selber zerschlagen und den „Gauen“ „Niederdonau“ und „Steiermark“ eingegliedert wurde, wurde die Amtsbezeichnung „Apostolische Administratur des Burgenlandes“ immer wieder beanstandet; das Ansinnen, den Titel abzulegen, von der Leitung der Administratur jedoch abgewiesen.

Die Schicksale des Klerus waren im Burgenland keine besseren als im übrigen Österreich. P. Johann Kapistran P i e 11 e r, der Franziskanerguardian in Eisenstadt, wurde eingekerkert, zum Tode verurteilt und beim Herannahen der Russen in Stein an der Donau hingerichtet.

Erzdechant Stefan Osztovits von Rechnitz, ein arbeitseifriger, bei der Bevölkerung populärer Priester, wurde von seiner Pfarre vertrieben und starb in der Verbannung in Sauerbrunn.

Drei Priester waren jahrelang in Dachau, zwei in Karlau in Graz, einer starb dort bei einem Bombenangriff, viele Geistliche waren kürzere oder längere Zeit eingekerkert oder in Schutzhaft. Viele andere erhielten Gauverbot, Kreisausweisung, Schulverbot oder empfindliche Geldbußen. Schwer wurden auch die Ordensleute getroffen: Die von den Töchtern des göttlichen Erlösers mit großen Opfern und Entbehrungen erbauten Häuser mit Schulen, so insbesondere in Eisenstadt, Neusiedl am See, Steinberg, R e c h n i t z und andere wurden ohne Ablöse beschlagnahmt. Alle Ordensschwestern wurden aus den Gebieten, die an Ungarn grenzen, überhaupt ausgewiesen mit' der Begründung: „staatsgefährliche Einstellung und Haitun g“.

Das w oh 1 o r g a n i s i e r t e katholische Schulwesen des Landes, bekanntlich eine alte Einrichtung, wurde mit einem Schlage vernichtet.

Es wurden aufgelöst: 268 katholische Volksschulen, 5 katholische Hauptschulen, 2 katholische Lehrerakademien, Kindergärten und Sonderschulen.

Die kirchlichen Schulgebäude wurden den Gemeinden übertragen.

Wie im übrigen Österreich wurden sämtliche katholischen Vereine aufgelöst, so über hundert katholische Burschenvereine und Mädchenbünde.

Die Schicksale der Franziskanerordensprovinz Wien

Die Beschlagnahme des Ordensseminars in Graz war die erste sehr empfindliche Maßnahme gegen die Ordensprovinz, die Niederösterreich, Steiermark und Burgenland umfaßt. Die gesamten Einrichtungen für rund hundert Zöglinge wurden verschleppt, die Räume an verschiedene nationalsozialistische Organisationen zwangsvermietet. Junge Ordensmitglieder, die am öffentlichen Gymnasium in St. Pölten studierten, erhielten Studienverbot.

Der schwerste Schlag war die Verhaftung des damaligen Provinzials P. Dr. Angelus Steinwender und des Klosterobern von Eisenstadt P. Dr. Capistran P i e 11 e r. Beide wurden des Hochverrates beschuldigt, vom Volksgericht zum Tode verurteilt und knapp vor dem Einmarsch der alliierten Truppen von der SS in Stein an der Donau erschossen. Ein dritter Pater starb an den Entbehrungen der „Schutzhaft“. Zwei Patres hatten Gauverbot, ein Pater Predigtverbot für das ganze Reichsgebiet außer seiner Pfarrgemeinde. Acht Patres hatten Einkerkerungen zu überstehen.

Wiederaufbau der Calasantiner-kirchc

Kurze Zeit nach dem Osterfest 1945

durchlief Wien die Nachricht von der Bombardierung einer Kirche im 14. Bezirk, der 22 Tote und zahllose Verwundete zum Opfer fielen. Wien wi' bereits zum Verteidigungsbereich erklärt worden und beim Nahen von Bombern wurde kein Alarm gegeben. Knapp vor einer Andacht, als sich schon viele Gläubige in der Kirche befanden, durchbohrten die Bomben das Kirchendach

und explodierten inmitten des Schiffes, das so umfangreiche Zerstörungen aufwies, daß eigentlich nur die Umfassungsmauern erhalten blieben.

Es ist ein Zeichen für den starken Wie-deraufbauwillen, daß dieses Gotteshaus trotz der Schwere der Zeit in knapp einem Jahr wiedererstehen und am Vorabend des Palmsonntages durch Kardinal Innitzer neu eingeweiht werden konnte. Unter den Ehrengästen sah man Vertreter aller drei politischen Parteien.

Es ist die Leistung des Rektons der PP. Calasantiner, P. Heinrich Wagner, daß die Kirche in der gegenwärtigen Zeit erneuert werden konnte. Auf der Qualität des Materiales und den Proportionen seiner Teile beruht die Hauptwirkung des Raumes, dessen künstlerische Gestaltung in Händen von Architekt Dipl.-Ing. Karl Raimund Lorenz lag. Die Wände, die früher nicht sehr glückliche Fresken aus der zweiten Hälfte des vorigen Jahrhunderts bedeckten, sind jetzt licht getüncht, nur die alte Profilierung wurde behalten. Die Bogenfelder wurden mit Medaillons der Evangelisten und Apostel geschmückt. Eine völlige Veränderung hat das Presbyterium erfahren. Der Schlichtheit des ganzen Raumes ist nur auf den Altären der starke Akzmt von Gold und Rot auf dem zarten rötlich-gelben Grund des Steines entgegengestellt. Die den Hochaltar beherrschende Statue des heiligen Joseph, die der Vernichtung entgangen ist, thront nun wieder, gründlich überarbeitet und verändert, unter dem Baldachin des neuen Hochaltares. Die eingestürzte Stuckdecke wurde durch eine schwere eichene Holzkassettendecke ersetzt. Mit besonderer Liebe wurden die aus Metall gefertigten Details gestaltet. Alles in allem ein modernes Gotteshaus, dem es aber nicht, wie so manchen modernen Kirchen, an Wärme mangelt.

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