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Yanks, Briten und der D-Day

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D-Day-Erinnerung der Alliierten in England und in der Normandie. Wie kam es zu dem Erfolg gegen Nazi-Deutschland vor 50 Jahren?

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D-Day-Erinnerung der Alliierten in England und in der Normandie. Wie kam es zu dem Erfolg gegen Nazi-Deutschland vor 50 Jahren?

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Die Amerikaner (400.000 Tote im Zweiten Weltkrieg) gehen mit den Normandielandungen viel unbekümmerter um als die Deutschen

Die Alliierten hatten sich schon seit drei Jahren über den Ort und Zeitpunkt der Eröffnung einer „zweiten Front' gegen Nazi-Deutschland aufs heftigste gestritten. US-Präsident Franklin D. Roo-sevelt hatte den Sowjets schon im Mai 1942 einen Angriff über den Ärmelkanal nach Nordwestfrankreich versprochen, nachdem Stalin auf eine „zweite Front” im Westen gepocht hatte, um den drohenden Niedergang seiner Roten Armee zu verhindern.

Der britische Premier Winston Churchill drängte dann aber die Amerikaner, mit den Landungen in Nordafrika im November 1942 die Miniversion einer Landung zu akzeptieren. Der „Operation Touch” folgten im Juli 1943 weitere Landungen in Sizilien und im September auf dem italienischen Festlande.

Damit setzten sich die Briten mit ihrer peripheren Strategie im Mittelmeer durch, das Dritte Beich vom „weichen Unterleib” her zu attackieren. Der Kollaps des Hitlerregimes sollte im Inneren durch einen Zermürbungskrieg aus der Luft erfolgen. Nach den enormen Verlusten des Ersten Weltkrieges und dem Beinaheverlust ihres Expeditionskorps bei Dünkirchen 1940 sowie den historisch schlechten Erfahrungen bei den Galipolli-Landungen 1917 beziehungsweise dem Totaldesaster der Dieppe-Landung im August 1942 wollten die Briten keinen direkten Angriff auf die kampftüchtige Wehrmacht wagen, vor der man sich fürchtete. Die geschichtlich weniger vorbelasteten Amerikaner suchten nach Clausewitzscher Konzentration ihrer Kräfte in Nordwestfrankreich eine schnelle und direkte Entscheidungsschlacht mit Nazi-Deutschland und den raschen Vorstoß in die Rhein-Ruhr-Gegend, dem industriellen Herzen des Dritten Reiches. In Washington hielt man wenig von einer Verschwendung der Ressourcen im Mittelmeerraum und dachte nicht daran, für das britische Empire im Nahen und Mittleren Osten die Kastanien aus dem Feuer zu holen. Da die wenig vorbereiteten Amerikaner nach ihrem Kriegseintritt erst eine Armee aufzubauen hatten (die bis 1945 auf zwölf Millionen anwuchs!), wären es hauptsächlich britische „Tommies” gewesa, die den direkten Schlag zu führen gehabt hätten. Deshalb setzten sich zunächst Churchill und die britischen Stabschefs durch.

1943 intensivierten die Amerikaner ihre Bemühungen um eine ernstzunehmende zweite Front, da Stalins Ungeduld wuchs, waren es doch seine Divisionen, die im Kampf gegen die barbarische Kriegsführung von Hitlers Wehrmacht verbluteten. In Stalins Augen konnte die „Lend-Lease” Hilfe die zweite Front nicht ersetzen. Der Generalissimo konnte nach den wiederholten anglo-ameri-kanischen Verzögerungen und Vertröstungen seinen Kriegspartnern lediglich mit einem Separatfrieden mit Hitler drohen, um den er sich 1943 aber erfolglos bemühte.

Um dies zu verhindern, mußte Churchill auf der Gipfelkonferenz von Teheran im November 1943 klein beigeben. Auf Stalins Druck sollte die Eröffnung einer zweiten Front über den Ärmelkanal hinweg mit dem Zieldatum 1. Mai 1944 stattfinden und würde absolute Priorität vor der Front in Italien haben. Das hieß, daß von dort Divisionen und Landungsboote für die Vorbereitungen in England abgezogen werden würden. Dwight D. Eisenho-wer, ein Amerikaner, der in der schwierigen anglo-amerikanischen Koalitionskriegsführung ein besonderes diplomatisches Geschick bewiesen hatte, wurde zum Oberkom-mandierendeh ernannt.

Unbeliebte GIs

Ende 1943 begannen dann die konkreten Planungen für die Landungen in Frankreich auf Hochtouren zu laufen. Bereits im Jahre 1943 hatte ein kleiner, nach der Gipfelkonferenz von Casablanca (Jänner 1943) in London eingerichteter Planungsstab entschieden, die Calvadosküste der Cotentin-Halbinsel biete das günstigste Terrain und die beste Ge-zeitenfolge für den Aufbau von

Brückenköpfen; sie war zirka 150 Kilometer von den großen südenglischen Einschiffshäfen Portsmouth und Southampton entfernt. Dort würden die Deutschen am allerwenigsten eine Invasion erwarten. In diesem Glauben sollten sie von den Täuschungsmanövern der alliierten Geheimdienste („Operation Fortitu-de”) dann auch bestärkt werden.

Die Landungsarmee wurde von den ursprünglich fünf vorgesehenen Divisionen auf neun erweitert und die Landungsabschnitte ausgeweitet. Dafür mußte der Engpaß in der Produktion von Landungsbooten überwunden werden (Eisenhower bemerkte später, daß die gewaltigen US-Produktionen an Landungsbooten den Krieg gewannen).

Eisenhower hatte hart zu kämpfen, sich das Oberkommando über die alliierten Luftwaffen zu sichern. Damit setzte er sich gegen die Bombergeneräle durch, die nicht dazu geneigt waren, ihre Luftoffensiven gegen Deutschland zu unterbrechen. Eisenhower bestand darauf, daß sie Wochen vor der Invasion gezielt das französische Eisenbahnnetz zusammenschlugen, damit der Transport von Verstärkungen in die Normandie verhindert oder verlangsamt würde. So fielen vor dem 6. Juni 1944 76.000 Tonnen Bomben auf das französische Transportsystem; über die Seine gab es keine intakten Brücken mehr.

Am Vorabend der Invasion glich ganz Südengland einem großen Armeelager. Mit einer Invasion von 1,65 Millionen Truppen der US-Armee (Teil einer alliierten Armee von drei Millionen) hielt man die britischen Inseln friedlich „besetzt” und bereitete sich auf die Invasion vor. Die „Yanks” machten sich bei den Briten nicht so beliebt, weil sie mit ihrem materiellen Wohlstand ihnen die Frauen wegschnappten. In England hieß es, die GIs seien „over-se-xed, over-paid and over here”.

Die Ausbildung der größtenteils noch „grünen” GIs war hart und monoton. Im dichtbesiedelten England gab es immer wieder Probleme, genügend Manövergelände zu finden, auf dem auch scharf geschossen werden konnte. Nur zwei der fünf an den ersten Landungen beteiligten amerikanischen Divisionen hatten überhaupt Kriegserfahrung (und bei den Briten war es auch nicht viel besser). So mußten am 6. Juni oft Optimismus, Verwegenheit und Ignoranz über das, was auf sie zukam, die mangelnde Erfahrung wettmachen. Zusammen mit der materiellen Überlegenheit sollte es reichen.

Der Autor ist Associate üirector des Eisenhower Centers und Assistant Professor of History an der Universität von New Orleans.

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