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Scheingefechte um Spanien

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Am 21. Februar 1943 erhielt der damalige britische Botschafter in Madrid, Sir Samuel Hoare, der während seines Aufenthaltes im „katholischsten Lande der Erde” zum Katholizismus konvertiert hatte, ein persönliches Memorandum des spanischen Staatschefs, der darin unter anderem folgendes ausführte:

„Unsere Beunruhigung vor dem russs’sdien Vormarsch wird nicht nur von den neutralen Staaten geteilt, sondern auch, von allen Menschen, die in Europa noch Instinkt und die Fähigkeit besitzen, die herannahende Gefahr zu fühlen. Der Kommunismus ist eine ungeheure Drohung für die Welt, und jetzt, da er von den Waffen einer großen Macht unterstützt wird, müßten alle, die nicht blind sind, erschrecken.

Wenn Rußland siegreich aus diesem Kriege hervorginge, so glauben wir, daß selbst England unser Haltung einnehmen wird, und vielleicht werden ihm dann unsere Befürchtungen nicht übertrieben erscheinen… Wenn der Verlauf des Krieges unverändert fortschreitet, ist es offenbar, daß die russischen Heere tief in Deutschland eindringen werden… Wir fragen: Gibt es eine Macht in Mitteleuropa, in diesem Mosaik von Nationen und Rassen ohne Halt noch Einheit, ausgeblutet im Krieg und entkräftet unter den Besatzungen, die sich den Zielen Stalins entgegenstellen könnte? Offensichtlich nicht. Wir können annehmen, daß in jenen Nationen nach,der deutschen Besatzungszeit der Kommunismus ans Ruder kommen wird… Wir appellieren an die Vernunft des britischen Volkes, damit es darüber nachdenke, denn wenn Rußland Deutschland besetzt, wird niemand und nichts es in Schranken halten können … Wenn Deutschland nicht bestünde, müßten wir Europäer es erfinden, denn es ist lächerlich, zu glauben, daß sein Platz von einer Föderation von Litauern, Polen, Tschechen und Rumänen eingenommen werden könnte, die sich im Nu in eine Föderation von Sowjetstaaten verwandeln würden.”

Am 25. Februar antwortete Hoare dem Generalissimus Franco in einem Brief, in dem er einem schönen, längst zerronnenen Wunschtraum Ausdruck gab:

„…Die wahrscheinliche Lage am Kriegsende wird die folgende sein: Gewaltige amerikanische und englische Heere halten den europäischen Kontinent besetzt. Diese Heere werden mit den besten Waffen aller Gattungen ausgerüstet sein. Sie werden aus frischen Jahrgängen und aus Elitetruppen zusammengesetzt sein, die mcfit so übel zugerichtet und abgekämpft sein werden wie die Truppen des russischen Heeres. Ich wage vorauszusagen, daß in jenem Moment zweifellos England die stärkste Militärmacht Europas sein wird .. Folglich wird, nach meiner Ansicht, der britische Einfluß der tiefgreifendste sein, den Europa jemals seit dem Sturz Napoleons erfahren hat… Ich kann also die Befürchtung, daß nach dem Kriege eine russ’sche Gefahr in Europa bestehen wird, nicht zu der meinen machen…”

In den letzten Jahren hatte die spanische Presse oft Gelegenheit, diese beiden Briefe als beredte Gedächtnisauffrischung und als Beweis der staatsmännischen Hellsichtigkeit Francos ohne weiteren Kommentar abzudrucken. Den Kommentar dazu bilden jeweils Tagesnachrichten, wie seinerzeit die russischen Vorschläge an Finnland, die Absetzung des rumänischen Königs, die Flucht Mikolajcziks aus Polen, die Abdankung Beneschs und der Fenstersturz Masaryks und jetzt die schon seit Monaten nicht abreißen wollenden Berichte über die Krise in Berlin.

Die bewegte internationale Lage ist in der Tat das stärkste erhaltende Moment für die Regierung Francos, die sich nach Kriegsende zunächst in einer durchaus nicht beneidenswerten Lage sah. Am V-Day loderten auch von den Bergen Spaniens, von den Pyrenäen, von der kantabrischen Kordillere, den Felsengipfeln der Sierra de Gredos und der Sierra Nevada die Freudenfeuer. Republikaner, Sozialisten, Kommunisten und Anarchisten, die aus der Anonymität inmitten der Bevölkerung der Städte und Talorte in die Berge geeilt waren, reichten sich im roten Schein der nächtlichen Feuer die Hände und lauschten mit pochenden Herzen den Erzählungen heimlich aus Frankreich in die Heimat zurückgekehrter Emigranten, die vom Maquiskampf in Frankreich und Italien berichteten, an dem auch sie, die spanischen Flüchtlinge, teilgenommen hatten. Und sie schworen, daß es bald auch in Spanien eine Piazzale di Loreto, ein Nürnberg geben müsse …

Aber inzwischen sind die spanischen Freiheitsfeuer erloschen, die Verschwörer wieder in der Masse der Bevölkerung untergetaucht und die Emissäre von jenseits der Grenzen verließen entmutigt das Land. Nicht einmal die gemeinsame Aktion der Vereinten Nationen, die 1946 ihre Gesandten von Madrid abberiefen, vermochte die Gegner Francos und des Phalangismus zu einer entscheidenden Tat in Bewegung zu setzen. Der psychologische Moment unmittelbar nach dem Krieg war von ihnen versäumt worden. Die im Ausland lebenden Führer der francofeind- lichen Kräftegruppen hatten ihn nicht erkannt; sie hatten in den Jahren eines für sie zu bequemen Exils ihre revolutionäre Tatkraft eingebüßt. In Grenoble, Valence, Toulouse und anderen Orten Frankreichs standen ganze Divisionen spanischer Maquis in alliierten Uniformen und mit alliierten Waffen ausgerüstet, noch kriegslustig nach einem kurzen Kampf für — Frankreichs Freiheit: in Spanien erwarteten sie sehnsüchtig ihre Freunde. Aber der Befehl zum Losschlagen blieb aus. Wahrscheinlich ist damit Spanien ein neues böses und kostspieliges Abenteuer erspart worden. Kleine Gruppen, die auf eigene Faust ins Val de Arän und andere Pyrenäentäler eingedrungen waren, wurden in wenigen Tagen von Regierungstruppen aufgerieben oder erneut über die Grenze zurückgejagt, wo französische Gendarmerie sie entwaffnete und in Lagern internierte, genau wie 1939.

Um jene Zeit besuchte der damalige spanische Außenminister Lequerica den amerikanischen Gesandten in Madrid, Mr. Hayes. Wie so oft, sprach Lequerica über sein Lieblingsthema: ein besseres Einvernehmen zwischen den USA und Spanien, das nach dem Kriege, wenn Amerika die Aufgabe, die ihm offensichtlich in Europa zufallen würde, gründlich erfüllen wollte, diesem als Brückenkopf dienen könnte. Hayes, dem früheren Geschichtsprofessor, erschien der Vorschlag richtig. In diesem Sinne kabelte er denn auch nach Washington.

Am 2. Dezember 1944 unterzeichneten Washington und Madrid ein Luftabko ramen, dessen Wortlaut niemals veröffentlicht wurde. In diesem wurden drei transozeanische Flugrouten festgelegt, mit Stützpunkten in Amerika, Madrid, Barcelona und Sevilla. Amerikanische Experten, welche die spanischen Autoritäten bei den Arbeiten zur Modernisierung jener Flughäfen beraten sollten, wurden nach Spanien abkommandiert. Jene Arbeiten sind so umfangreich, daß noch heute, besonders in B a r a j a s, dem Madrider Flughafen, alle paar Monate eine neue Startbahn dem Verkehr übergeben wird. Mammutmaschinen modernster amerikanischer Konstruktion bewegen Erdmassen, stampfen den Boden, walzen den Zement der Pisten. Barajas verwandelt sich in die Drehscheibe des internationalen Luftverkehrs zwischen Amerika, Europa, Afrika und dem Vorderen Orient.

Ein Blick auf die Karte zeigt, daß diese Drehscheibe von unermeßlicher strategischer Bedeutung werden kann in dem Fall eines internationalen Konflikts. Wenn daher irgendwem, so liegt den Generalstäben der Westmächte daran, daß gerade in diesem strategischen Hinterland absolute Ruhe und Sicherheit herrschen. Mag auch die Sympathie, welche die westlichen Alliierten für das gegenwärtige Regierungssystem in Spanien fühlen, noch so gering sein, es würde Ihnen ganz und gar nicht passen, in Spanien innerpolitische Verhältnisse zu sehen, die bei einer überstürzten Umwälzung zuverlässig einen getreuen Abklatsch jener des französischen Nachbarlandes darstellen würden.

Franco und sein Kreis sind sich des Vorteils ihrer Stellung wohl bewußt. Als ob es dessen noch bedurft hätte, bescheinigte ihnen das der auf Grund des Beschlusses der UN von Madrid scheidende Mr. Hayes ausdrücklich. In einem Buch, das er später über seine Kriegsmission auf der Iberischen HalbInsel schrieb, trat er für eine enge Zusammenarbeit mit Spanien ein, „gleichgültig, welche Regierungsform letzteres haben möge”.

Das Buch Mr. Hayes’ fand wenig Anklang in der Weltöffentlichkeit außer in Spanien. Damals strengten sich die westlichen Staatskanzleien noch an, mit Rußland auf gutem Fuß zu leben. Die spanische Presse und Propaganda deckten jedoch schon in aller Öffentlichkeit die Abgründe auf, die sich zwischen Rußland und seinen westlichen Bundesgenossen immer stärker abzeichneten. Diese Stimmen behielten, wie vorauszusehen war, recht. Die Verdammung des spanischen Regimes durch die UNO war die letzte Handlung der Großen Vier, bei der sie sich noch zu verständigen vermochten. Von da an wurden die Meinungsverschiedenheiten zwischen ihnen mit solcher Schnelligkeit übermächtig, daß die spanische Regierung sich wieder in einiger Gelassenheit fassen konnte. Um die Besorgnis und das Mißvergnügen des Volkes zu übertönen, begannen die spanische Presse und der Rundfunk ihre Sensations- und Nervenkampagne, in der sie nun schon seit zwei Jahren die internationalen Ereignisse in einer Form beleuchten, die.den harmlosen Bürger von einem Tag zum anderen das Schlimmste vermuten lassen könnte. Nirgendwo in Europa schreibt und spricht man so selbstverständlich über die Unumgänglichkeit eines neuen Krieges wie in Spanien. Immer noch liest man das Buch General Kindelans, des in Ungnade gefallenen innerspanischen Führers der Monarchisten, „Der nächste Krieg”, der innerhalb der nächsten -fünfundzwanzig Jahre ausbrechen soll und in dem Russen und Deutsche vereint gegen die Westmächte kämpfen. Gomez Aparicio, der Direktor des größten spanischen Nachrichtenbüros, summierte seine Erfahrungen und Vermutungen in dem in diesem Jahre erschienenen Buch „Hacia una nueva Guerra” („Einem neuen Krieg entgegen”). Wenn der spanische „Mann auf der Straße” diese gruseligen Perspektiven vor sich sieht, dann fühlt er sich irgendwie geborgen in der politisch isolierten Stellung seines Landes, und er hofft, daß Francos Klugheit auch in jenem kommenden Kriege eine Formel für Spaniens Neutralität finden werde.

Inzwischen trat der amerikanische Bevollmächtigte für Spanien, Mr. Culbertson, seinen Posten als Nachfolger Hayes’ in Madrid an. Auch Außenminister Lequerica war von dem gegenwärtigen Minister des Äußeren, Don Alberto Martin Artajo, abgelöst worden. Ganz unbekümmert um die durch den UNO-Entscheid hervorgerufene Abwesenheit fast sämtlicher diplomatischer Missionschefs von Madrid, wiederholte er dem im Gegensatz zu seinem Vorgänger vorsichtigen und mißtrauischen Mr. Culbertson das Angebot, das Senor Lequerica Mr. Hayes gemacht hatte. Mr. Culbertson War es gewesen, der zwei Jahre vorher in seiner Eigenschaft als Chef der Sektion Spanien des amerikanischen Staatsdepartements den Enthusiasmus Hayes’ für jene Idee entschieden gedämpft hatte.

Mr. Culbertsons Einstellung gegenüber Spanien und seinem Regime kommt in einer Erklärung gegenüber ausländischen Pressevertretern zum Ausdruck, die, obzwar schon vor längerer Zeit gegeben, gerade dadurch an Gewicht gewinnt, daß die Entwicklung ‘der Dinge bisher jenen Leitsätzen getreu abgelaufen ist.

„Ich kann frank und frei erklären, daß zwischen den Vereinigten Staaten und Spanien absolut nichts auf dem Gebiete einer militärischen Zusammenarbeit besteht. Genau so wenig existiert eine ,GleidischaItung’ der Bewaffnung. Das Staatsdepartement hat grundsätzlich nichts dagegen einzuwenden, daß die spanische Privatindustrie in den Vereinigten Staaten Kredite erhält. Im übrigen hat General Marshall unsere Haltung genau umschrieben. Die Ge indung Europas erfordert selbstverständlich eine zukünftige Zusammenarbeit mit Spanien. Wir Nordamerikaner wünschen, daß eine Liberalisierung der spanischen Regierung diese Zusammenarbeit ermögliche.”

In Privatkreisen äußerte der amerikanische Geschäftsträger ganz offen: „Amerikas Hilfe wird einsetzen, wenn das spanische Verwaltungswesen und die Syndikate von den zahlreichen und unfähigen Schmarotzern der phalangistischen Bürokratie befreit sein werden; wenn es der Presse gestattet sein wird, furchtlos die Skandale des Versorgungswesens und des Schwarzen Marktes anzuprangern; wenn alle Spanier guten Willens wieder innerhalb, der Grenzen ihres Vaterlandes gemeinsam an dessen Gesundung arbeiten können, mögen sie Republikaner, Monarchisten, Sozialisten oder Phalangisten gewesen sein.”

Das freilich ist eine Bedingung, die den orthodoxen Phalangisten am meisten in Harnisch bringt. Während etwa in Österreich wie auch in Norwegen, Italien, Holland, Dänemark heute jeder nicht hoffnungslos mieseisüchtige Mensch alten Haß und alte Schuld vergessen und begraben wissen möchte, liest man in Spanien noch heute, zehn Jahre nach Beendigung des BürgerKrieges, Haßtiraden intransigenter Phalangisten in. den Zeitungen, die . fast wörtlich aus dem „Angriff” oder dem „VB” unseligen Angedenkens abgeschrieben sein könnten. In portugiesischen Zeitungen hingegen rufen spanische Monarchisten zur Versöhnung selbst der einst unversöhnlichsten politischen Gegner auf. Und zur Ehre des spanischen Volkes sei gesagt, daß ihm die Ritterlichkeit seiner Rasse noch nicht abhanden gekommen ist, denn außer jenen unter Pseudonymen schreibenden „Wahrem der Idee” (so könnte man sie auch hier nennen), die irgendwie unspanisch wirken, hegt kein Mensch Haß- oder Rachegefühle, und die freie politische Meinungsäußerung von Mensch zu Mensch in aller Öffentlichkeit verursacht weder leidenschaftliche Diskussionen noch Tumulte.

Inzwischen tritt auf politischem und wirtschaftlichem Gebiet deutlich zutage, daß die Ächtung Spaniens durch die UNO über kurz oder lang vollkommen hinfällig sein wird. Nordamerika und England haben sie auf wirtschaftlichem Gebiet nie beachtet. Die Industrie anderer Staaten, Frankreichs, Hollands, Belgiens, Italiens, zeigte sich eine Zeitlang widerwillig, mit Spanien Geschäfte abzuschließen. Sehr zu ihrem Schaden. Denn in die entstehenden Breschen wie auch in den großen. Leerraum, den das Verschwinden des deutschen Handelspartners in den Handelsstatistiken Spaniens hinterlassen hat, traten amerikanische, englische und argentinische Handelspartner. Wenn Spaniens Wirtschaft die „ideelle Blockade” des Landes durch die UNO überlebt hat, so verdankt sie es jenen drei Staateh. Den an schnelles Handeln gewohnten amerikanischen und britischen Industriellen fällt es freilich, schwer, sich an ein Geschäftsgebaren zu gewöhnen, bei dem etwa zwei bis drei Jahre vergehen- können, ehe es zum Beispiel die größten spanischen Eisenhüttenwerke, die Hochofenwerke von Biskaya, fertigbringen, die zuständigen Regierungsstellen davon zu überzeugen, daß die Bessemerglocken, Koksöfen und Walzstraßen, welche die Deutschen vor dreißig, zwanzig .und . zehn Jahren bauten, dringend der Überholung bedürfen, da sie längst nicht mehr auf der Hälfte ihrer anfänglichen Kapazität arbeiten. Daß die Nordamerikaner die Verbindung zu Spanien nicht abreißen lassen wollen, zeigen nur zu deutlich die wiederholten Besuche amerikanischer Politiker, Militärs oder Vertreter der Industrie. Besondere Bedeutung muß der letzten Kommission, die Anfang Oktober Madrid einen Besuch abstattete, beigemessen werden. Sie bestand aus dem Senator Guer- ney, Chef der Senatskommission für nationale Verteidigung, dem General Pearson (Heer), Pottner (Luftwaffe), dem Admiral Woolridge und weiteren Offizieren und Beamten verschiedener Sektionen der Washingtoner Ministerien. Immerhin äußerte kürzlich ein amerikanischer Luftfahrtsachverständiger, daß Spanien als Luftstützpunkt im Kriege nur von taktischer, nicht strategischer Bedeutung sei. Diese strategische Bedeutung komme den Azoren und der Cyrenaika zu, die Iberische Halbinsel behalte nur ihre Bedeutung für lokale Operationen über Westeuropa. Amerika aber hätte es nicht nötig, diese Luftbasis jetzt schon auszubauen. Wenn der Zeitpunkt gekommen sei, würden in wenigen Wochen und Monaten auf der spanischen Meseta Riesenflugplätze mit Metallpisten und gut getarnten Hangars entstehen. Eine solche Sprache verstehen spanische Politiker nicht, die in ihrem Lande die Erfahrung machen müssen, daß man Jahre, selbst Jahrzehnte an einem Flugplatz herumbastelt, der dann drei Wochen nach seiner Einweihung beim ersten Regenschauer ausfällt.

Hinter den Kulissen geht inzwischen der heimliche Transformationsprozeß des spanischen Staatswesens weiter. Jenseits der Grenzen sondern sich spanische Republikaner und Liberale betont von den Linksradikalen ab, mit denen sie ein Jahrzehnt lang die Sehnsüchte und Bitternisse des Exils teilten, und suchen Wjege der Verständigung mit den Monarchisten. Diese selbst, die sich bei einer möglichen Rückkehr nach Spanien allein zu schwach fühlen und von den Phalangisten leicht überspielt sehen würden, zeigen sich weniger intransigent mit ihren einstigen unerbittlichen Gegnern. Gil Robles, der Führer der Monarchisten im Exil und Bevollmächtigte Don Juans, verhandelt mit Indalecio Prieto, dessen republikanische Garden einst Blutbäder unter den königstreuen Offizieren angerichtet hatten. Don Juan zeigt sich jetzt auch Franco gegenüber verhandlungsbereiter als etwa vor drei Jahren, als er es entrüstet ablehnte, in direkte Verhandlungen mit dem Diktator zu treten. In diesem Sommer trafen sich beide zum erstenmal außerhalb der spanischen Hoheitsgewässer vor San Sebastian. Die Rückkehr Don Juans scheint nun bald Gewißheit. Aber ebenso gewiß ist es, daß der spanische König seinen „Regenten” nicht mehr so ohne weiteres an die Wand drücken kann. In einer freien Wahl, in der es nur kleine „Schönheitsfehler” gab, hat das spanische Volk schon seinen Willen kundgetan. Es hat sich für die monarchistische Staatsform entschieden und zugleich, ohne es richtig zu erkennen — denn die einzige Wahlpropaganda, diejenige des Staates und der „Accion Catölica”, hat es verstanden, jene Punkte des Gesetzentwurfes meisterhaft zu verschleiern —, hat es die tragenden Kräfte des gegenwärtigen Regimes in ihrer Stellung bestätigt. Ein von Franco eingesetzter Kronrat hat gemeinsam mit den Cortes darüber zu wachen, „daß die durch die nationale Revolution errungenen Werte nicht verlorengehen”. Den Kronrat bilden Generäle, Admiräle, kirchliche Würdenträger und Hierarchen des Phalangismus. Jetzt handelt es sich für letztere nur noch darum, zu verhindern, daß mit den Monarchisten zu radikale demokratisch-republikanische Kräfte ins Land zurückkehren. Sobald die, wie gesagt, in dieser Hinsicht nur zu gern tolerant sein wollenden Monarchisten mit den sich gegenüber den „Izquierdistas” (Linksstehenden) vollkommen unversöhnlich gebärdenden Phalangisten auf einen für beide Teile erträglichen Vergleich gekommen sein werden, wird die Stunde der Wiedergeburt der spanischen Monarchie schlagen.

Anihr wird es liegen und an der klugen Leitung ihrer anglo-amerikanischen Freunde, sich ebenso diskret, wie sie sich einführte, trotz den mit dem „Regenten des Königreichs” eingegangenen Verpflichtungen, trotz Franco-Kronrat und Phalange- Cortes zu einer wahrhaft und nicht nur scheinbar konstitutionellen Monarchie zu entwickeln.

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