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Romane, Romane, Romane

19451960198020002020

IE KAUE SQJtm, Van Hm Ctyroi.Deutsch von Guido G. Meister. Walter-Verlas, Qlten, 196:3, 203 Seiten,

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ind wir äU nur Seiende, Handelsreisende, Gommas veyaggurg und wissen es nur nicht? Man kämmt auf den Verdacht, wenn man dieses Such liest, Dieser jernard ist in „Jedermann“ — allerdings ebenso romanhaft wie der andere mysterien-spieierisch ist. Aber er ist auch durchaus Franzose — sonst könnte er nicht so haarscharf und unerbittlich sich selbst lieben, persiflieren und beschreiben. Cayrol versteht

Sätze aneinanderzureihen wie es im Zerstörerischen nur ein Maschinengewehr kann; aber Cayrols Sprache ist prgzig in der lebenerhaitenden gelbstanalyse. Der Roman ist ein Pertrat des modernen Mensehen, der unterwegs ist; sein Stil ist aufregend, bedenkenerregend,

DER Schmarotzer, itentn, vu Juli

R e n a r ii. ÜberSSt? ven Manfred Müller. Hein v Gvrt. Stutleart, 19. 30 Seiten.

Dieser Roman ist 1892 bei Galli-mard in Paris erstmals erschienen; erst jetzt in deutscher Übersetzung, Warum? 1110 ist Jules Renard schon gestorben' — Der miese kleine Dich*-terling Henri wird ein Opfer ven scheußlich bourgeoisen Leuten; sie treiben ihn in die Rolle eines Schmarotzers, Verführers, Snobisten, well diese Vernets (so heißt im Roman diese Familie) für sich selbst nichts sind. Es grenzt an Masoehls-mus, daß zu seiner Rechtfertigung Henri diese Memoiren schreibt. Aber wie er schreibt! Hier ist Renards Kunst am Werke, denn dem bloßen „Henri“ traut man solche Reminiszenz gar nicht zu. Durchaus „französisch“ — und es ist dem Ubersetzer geglückt, diesen Eindruck zu hinterlassen. Hier liegt ein gutes, glänzende Buch über einen hinterhältigen, schäbigen Stoff vor dem Leser.

L'NTEH DEM J4GERMOND. Roman. Von Michael Fairell, Ans dem Ensllbclien von

Hermann stiehl. BM*ri(inVti1r, München. 67 Seiten, DM UM.

Dies ist der einzige Roman eines uns „Festländern“ unverständlichen Sonderlings, Er ist Ire,, und sein Werk spielt in Irland, das damals durchaus nicht „spielte“; England und Irland, irische Katholiken, irische Protestanten — alle und alles kämpfte nebeneinander und gegeneinander. Die Geschichte dieses Romans ist uns befremdlich: der Inhalt ist voller Spannung wie nur Dostojewski zu spannen vermochte. Ob es ein Entwicklungsroman ist? Auch dies. Ein politischer Roman? Auch dies. Und hinter allem vielleicht die Darstellung des Menschen in seiner ausweglosen menschlichen Situation? Auch dies. „Die wahre Pflicht besteht darin, auch jenen zu gehorchen, die man nicht leiden kann, die einem aber in dem einen oder anderen Lebensabschnitt übergeordnet sind.“ Ist dieser nüchtern-reale Gehorsam an Raum und Zeit des Einzelmenschen gemeint? Far-rell hat ein ärgerliches Buch geschrieben, das den Leser nicht losläßt. Da ist viel in unterer Viel-sehreiberzeit,

SCHERBEN, Ria .Vuf/ei.-hliuiläcn des

Georg C, Ven Siemen M S n s t f r. JakoB Hainer, Kol. S*S Seiten, DM gfjtl,

Briefe, Tagebuchblätter, Träume, Phantasien, Meditationen, Erinnerungen vor allem, Soliloquien und sogar Märchen: In allen diesen Formen wird ein Roman geboten — die schemenhaften „Aufzeichnungen des Georg C“. Nach den ersten Seiten „hört“ man „auf“; nicht um aufzuhören mit der Lektüre, sondern um des Horchens willen auf den Stil, auf die Sprache, in der dieses Buch geschrieben ist. Seit langer Zeit gerät dem Leser etwas in die Hand, was langsam und mit Vergnügen an der Sprache gelesen werden darf. Ebenso ist der Inhalt dieses „Romans“. Man wünschte sich einen Verleger, wie er hier beschrieben ist: einen, dem die Zeit und das Geld keine Rolle spielen, wenn eine „Bestandsaufnahme“ der Gegenwart eingeholt werden soll. Wissenschaftliche, wirtschaftliche, politische, kulturelle Belange werden von einem Menschen ganz subjektiv und eindringlich-schonungslos aufgedeckt. Der Schreiber selbst aber ist ein Mensch: aufrichtig mit sich selbst, Sünder und Prophet zugleich, unwichtig fürs Ganze, wichtig für sich selbst und alle, die mit ihm leben- Er ist ein Liebender: einstmals hatte er Frau und Kinder, die ein Bombardement ihm nahmen; dann hat er eine Braut und eine unvergeßliche Freundin, SO daß er zwischen beiden, in und mit beiden erlebt. Er erlebt die Gegenwart, die Vergangenheit eines 50jährigen Lebens, die Zukunft aus der Sicht eines Naturwissenschaftlers. Die „Bestandsaufnahme“ ist geglückt, aber der Schreiber scheitert äußerlich als Reporter in Algier, innerlich als Vollender seines Lebens. Solche Ohnmacht ist uns allen beschieden, wenn wir einverstanden sind damit, daß hiesiges Leben immer nur In „Scherben“ sein kann, •

PROZESS MEDUSA, Roman. Von Ervin K. Münz. Paul Züolnay, Wien. 260 Selten.

Münz hat ein quälendes Buch geschrieben: will er menschliche Möglichkeiten beschreiben, wenn er Schiffbrüchigen-Schicksale erzählt? Will er menschliche Reue im Angesicht menschlicher Selbst-Rechtfertigung darstellen? Ist der Schiffbrüchige der Mensch? Ist der vor sein Gewissen Geforderte der Mensch? Ist der Mensch beides: schiffbrüchig immer, gewissengequält immer? Kann auf Erden die Rechnung nie aufgehen und bedarf der göttlichen Gnade? — Hier hat ein Kleiner, ein Unentschiedener versagt; sein Schiff kam nicht an das Ziel, und die Anvertrauten waren autoritätslos sich selbst überlassen. Der überlebende Kommandant wurde nachträglich verurteilt und kann sich diesem Urteil dennoch nicht anschließen: immer sind persönliche und den Umständen entsprechende Gegenargument' möglich; das beweisen Anklage und Verteidigung, Lob und Verdammung. Wie also lebt der Mensch auf Erden denn „richtig“? Der Kommandant der untergegangenen Fregatte „Medusa“, der Graf Chaumarey, kennt sich weder von außen (im stattgehabten Prozeß gegen ihn) noch von innen (im stets wiederholten Prozeß auf seinem Schloß mit den Puppen seiner ehemaligen Richter), Er gibt der Gnade nach. Nicht allein aus Resignation, um der Ruhe willen; sondern wegen der Größe des Lebern, wegen des Umfangs dessen, was „Leben“ heißt: das Einzelne, das Kleine, das Aktuelle „lebt“ immer im Ganzen, im Großen, im Göttlichen, Port ist es aufgehoben: zunichte, erhöht, verklärt...

DER UNMENSCH. Roman, Van Rudolf Nu-sauer. AU St! Englischen übersetzt von Fötor NauJack. Dioieno. Verla, Zürich. 31) Seittn,

Wie man zu einem Unmenschen wird und wie man unter einem solchen lebt — hier wird es beschrieben. Ein Unmensch ist ein Produkt seiner Umwelt; es gäbe ihn nicht, wenn nicht die Zeit reif wäre; es gibt ihn nicht mehr, wenn seine Um-Zeit mit deutlichen Spuren über ihn hinweggegangen ist. Wir lesen über die Nachkriegszeiten des ersten und zweiten Weltkrieges. Andreas, der „Held“ der Unmenschlichkeit, ist immer guten Gewissens (was unverdaute Vergangenheit immer vergißt!). Er ist Chiliast, Utopist: durch Elend und Grausamkeit, durch Revolution und Terror würden wir eines Tages zur allgemeinen Menschenliebe kommen; leider vergißt der Held, daß Liebe, als Lieben und Geliebtwerden, Gnade von Gottes Gnaden ist. Die Lektüre ist also unerfreulich, gleichwohl spannend; ist unbequem-ärgerlich, gleichwohl aufrüttelnd-gesundmachend; der Leser leidet und enthebt sich zugleich; er ist beteiligt und abgestoßen. Aber nichts ist verfremdet- Nassauer Ist Jude, aber niemals wird die eigene Kriegserfahrung des Verfassers zur Anklage, niemals zum Ressentiment So war es; so ist es; endgültig: Homo homlnl lupus — Der Mensch ist des Menschen größter Feind! Aber auch aus diesem Meisterwerk wird man nicht erfahren, ob Grausamkeit, Angst oder Geltungsbedürfnis den Mensehen wider den Mensehen treibt...Wer jemals im KZ war, sollte dieses Buch nicht lesen: weder Bestätigung noch Leugnung der geschilderten Situationen würden diesem helfen. Ist „Dichtung“ uns vielleicht deshalb gegeben? —

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