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Komische Oper und Große Symphonie

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Als Silvesterpremiere brachte die Staatsoper im Theater an der Wien Gaetano Donizettis „D o n P a s q u a 1 e“ nach dem Italienischen des Camme-rano. (Daß diese Aufführung erst jetzt besprochen wird, ist darauf zurückzuführen, daß die Presse erst für den 7. Jänner eingeladen wurde.) Man mag dieses Werk als „heiter-beschwingt“ und als letzte komische Oper preisen. Resümiert man nach der Aufführung den Gesamteindruck und befreit sich nach Möglichkeit von den konventionellen Epitheta, dann wird diese Reprise ein wenig fragwürdig. Vielleicht kann man auch heute noch mit einem italienischen Ensemble und einem für dieses Genre besonders begabten Regisseur das Spiel um den altmodischen, geizigen und leichtgläubigen Junggesellen, um die gefühlvolle und rechtschaffene, aber zu jähen Ausbrüchen neigende Norina, um den listenreichen Doktor Malatesta und den „giovine entusiasta“ Ernesto zu neuem Leben erwecken. Obwohl die Hauptpartien mit den besten zur Verfügung stehenden Kräften besetzt waren (Hilde Güden stand leider nicht zur Verfügung.'), war das Vergnügen nicht hundertprozentig. Das ist wohl auch auf das mangelnde Brio der Regie (Alfred Jerger) und der musikalischen Leitung (Michael Gielen) zurückzuführen; lähmend wirkte das verstaubte Bühnenbild, hübsch waren die Kostüme Reny Lohners. In der Titelpartie bot Oskar CzerWenka als Schauspieler und Sänger eine Glanzleistung; sehr schön wurde auch von Emmy Loose, Erich Kunz und Walter Kmentt gesungen. *

Mit Begeisterung und Sympathie, an der die Achtung vor dem konsequenten und warmherzigen Eintreten für seinen Meister teil hat, wird immer wieder Volkmar A n d r e a e begrüßt, sobald er am Dirigenfenpult erscheint, um eine Symphonie Bruckners zu zelebrieren. Wir hörten unter seiner Leitung von den Symphonikern im Zyklus „Die große Symphonie“ die Dritte, und von den Tonkünstlern, nach Haydns „Mirakel-Symphonie“, die Sechste. Der überaus herzliche und lang anhaltende Beifall galt den immer wieder ergreifenden monumentalen Schöpfungen des Meisters von St. Florian und seinem treuen Apostel.

Vor Bruckners 3. Symphonie spielte Edwin Fischer das 5. Klavierkonzert in Es-dur von Beethoven. Am übernächsten Abend interpretierte er Werke von Bach, Mozart, Beethoven (op. 10, Nr. 3; op. 111) und Schubert. Zwar ist die Technik des nunmehr bald 70jährigen von der Zeit nicht unberührt geblieben, doch wird der Gesamteindruck bestimmt durch die intuitive Erkenntnis und Darstellung des inneren Wesens, des Kerns jeder einzelnen Komposition — wodurch sich der wirklich bedeutende Musiker legitimiert. Auch verfügt Edwin Fischer über jenen eigenen Ton und Klang, der das persönlichste der pianistischen Kunst ist und der sich ebensowenig erlernen oder nachahmen läßt wie eine Handschrift. Trotz dieser Vorzüge empfand man die Länge dieses Abends, was wohl in erster Linie auf fehlende Kontraste, die durch ein oder zwei zeitgenössische Werke gesetzt worden wären, zurückzuführen ist.

Beim Klavierabend von Jörg D e m u s wirkte am persönlichsten das Programm, welches sich der junge Pianist gewählt hat, sowie das wohlbegründete und eloquente Bekenntnis zur Musik des Pariser Salons im 19. Jahrhundert (Chopin, Cesar Franck, Faure und Debussy — Suite Bergamasque). Wäre Demus der einzige talentierte junge Pianist in dieser Stadt, dann müßte man mit ihm ernsthafter über sein letztes Konzert sprechen. So aber fanden wir nichts gegen diesen Seitensprung einzuwenden und erfreuten uns an dem ehrlichen, gefühlvollen Spiel, das ein einziges Bekenntnis zur Romantik war.

Bis zur persönlichen Note hat es die junge, aus Wien stammende Amerikanerin Lilian K a 11 i r noch nicht gebracht. Für Bach und Beethoven (op. 78, Fis-dur) fehlt ihr noch einiges an Gestaltungskraft; dagegen zeigte sie in den Händel-Variationen von Brahms sowie in Stücken von Chopin, Bart6k und Hugo Kauder bedeutendes technisches Können und ein angenehmes poetisches Talent.

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