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Philharmonischer Glanz - solistische Reflexe

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Die große Fuge in B, welche ursprünglich den abschließenden sechsten Satz im Streichquartett op. 130 von Beethoven bildete, fand in der architektonischen Dimension bei den Zeitgenossen des Meisters wenig Verständnis. Es ist daher begreiflich gewesen, wenn Bülow und Weingartner die Fuge, welche 1827 eine eigene Werkzahl bekam, versuchshalber von einem Streichorchester spielen ließen. In dieser Form, die Dimitri Mitropoulos an der Spitze der W i e- ner Philharmoniker dirigierte, ist — nicht zuletzt durch die Neigung des Dirigenten für die Logik und straffe Rhythmik — erneut der Widerstreit aufgeflammt: Monumentalität des Klanges oder geistige Konzentration, wie sie nun einmal bei der Durchsichtigkeit des Quartettspiels entsteht. So wie das Werk im großen Musikvereinssaal in der kühle Ueberlegung und instrumentalen Wohlklang zusam- menfassende. Wiedergabe erklang, scheinen viele Gegensätze gelöst. Allerdings blieb der Eindruck vorwaltend, daß man hier weniger eine Fuge für Streicher hörte als vielmehr eine symphonische Gleichung. Mozarts „Konzertante Symphonie für Violine und Viola“ Solisten Willy Boskovsky und Rudolf Streng zeigte einigen Gegensatz zwischen der gemüthaften Haltung der Solisten und der dramatisierenden Hand des Dirigenten, der dann glänzend bei den Auszügen aus dem Ballett „Romeo und Julia" von Prokofieff waltete.

Die vornehme Persönlichkeit und diskrete Stabführung von Sir Malcolm S a r g e n t setzten sich selbst in der programmatischen „Symphonie Fanta- stique“ von Berlioz durch und nahmen der üblichen Orgiastik man hat das Werk in letzter Zeit mehrfach gehört alle Schärfe. Im Klavierkonzert op. 54 von Schumann Solist: Friedrich Gulda ging die Rechnung zwischen Intellektualität und Romantik nicht ganz auf. Sehr innig, mit allen Zugaben bukolischer Atmosphäre, gelang den Wiener Symphonikern die englische Rhapsodie „Brigg Fair“ von Delius.

Den ersten Abend der neuen Spielzeit widmete das Konzerthausquartett die Herren Kämper, Titze, Erich Weis und Beinl überwiegend der Klassik. Da stand an der Spitze des Programms das Streichquintett op. 13 Nr. 5 von Boccherini mit dem altbekannten Menuett, bemerkenswert durch die erst wieder von Schubert herangezogene doppelte Celli- besetzung. Ein glattes, wohlklingendes, aber über die Gebrauchsmusik nicht hinausgelangendes Werk — eines der 125 Streichquintette, die der Meister von Lucca geschrieben hat. Im Klavierquintett Solist: Jörg Demus von P.fitzner leuchtete einmal an diesem Abend im Mozartsaal die in gedämpften Farben liegende, von der Sehnsucht unbestimmter Weite erfüllte Landschaft der Romantik auf und rührten Erinnerungen an „Palestrina“ im Adagio. Hier bewährte sich Jörg Demus in seinem ureigensten Element. Das köstliche Klarinettenquintett Mozarts mit Alfred Prinz als Solist bedeutete in der Abstimmung des Klanges den Höhepunkt.

Der in den Vereinigten Staaten lebende, in Wien 193 5 geborene Pianist Anton K u e r t i, Leventritt- Preisträger von 1957, brachte Werke von Mozart, Beethoven, Schubert, Schumann und aus dem zeitgenössischen Schaffen die Sonate 1935 von Ernst Bloch. Das mechanistische Prinzip, die klare Technik, der saubere Anschlag — alles wohlbedacht und berechnet — hatten bei Bloch ihren berechtigten Platz. Bei Mozart und Beethoven Sonate op. 110 blieben die synthetische Kraft und die Gefühlsweite streckenweise aus.

Ebenfalls stark mechanistisch zeigte sich der aus den Staaten gekommene Gien Sherman. Die An- schlagwe.ise und Haltung der Handflächen erlaubten kein fein abgestuftes Klavierspiel.

Die im Sendesaal von Radio Wien erstaufgeführte 5. Symphonie von Jean Rivier ist ein konventionell gebautes, Kontraste wirkungsbewußt vortragendes, zuweilen etwas dick instrumentiertes Werk. Es spielte das Orchester des Oesterreichischen Rundfunks unter Kurt Richter.

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