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Von Mozart über die Romantik zur Gegenwart

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Es gehört zu den beglückendsten Erscheinungen unseres Musiklebens, daß der Name Mozart wieder so gerne und liebevoll beschworen wird und daß die Menschheit an den Gesundbrunnen der reinen Kunst dieses Schönheits- und Freudenspenders Erleichterung der Bürden einer an Hemmnissen und Entbehrungen reichen Gegenwart sucht. Aus der überquellenden Herzlichkeit des Publikumsbeifalls klingt den Ausübenden der Dank entgegen. Zweimal waren in den letzten Wochen Philharmonikerabende mit bedeutenden Solisten ausschließlich dem Schaffen Mozarts gewidmet. An dem ersten dieser Konzerte nahmen Emmy Loose und der erst kürzlich zum Kammersänger aufgerückte Anton Dermota von der Staatsoper entscheidenden Anteil. Neben Werken, die von der Opernbühne her vertraut sind, standen eine Konzertarie, K. V. 431, die der Meister für seinen ersten Belmonte Adamberger mit einer schön tragenden Kantilene ausgestattet hat, und die Arie der Aminta aus „Ii Re pastore“, in der die Sopranistin mit der Solovioline Willi Boskovskys erfolgreich wetteiferte, auf dem Programm. Bezaubernd gelang dem Orchester unter der Hand Felix Prohaskas die A-dur-Symphonic.

Auch die Mozartgemeinde sicherte sich diesmal für ihren Abend die Philharmoniker als Mittler. Es galt die Wiederkehr des Tages festüch zu begehen, an dem Mozart zu ständigem Aufenthalt nach Wien kam. Ein Vortrag Univ.-Prof. Dr. Wilhelm Fischers wurde der musikgeschichtlichen Bedeutung dieses Datums gerecht. Zwischen mehr oder minder häufig gehörten Werken wirkte eines der vier Hornkonzerte als Überraschung, deren Auftraggeber, Mozarts Landsmann und Faktotum Ignaz Leutgeb, Käsehändler und ausgezeichneter Beherrscher des Hornspiels in einer Person war. Der schwierigen Aufgabe, die der Komponist hier dem Solisten stellt, wurde Gottfried v. F r e i-b e r g vollauf gerecht. Sein philharmonischer Ton und seine glänzende Technik trugen dem Kunstler mehrere Hervorrufe ein. Rudolf M o r a 11, der Dirigent des Abends, erwies erneut seine Verbundenheit mit dem authentischen Mozartstil. Wenn das C o 11 e g i u m m u s i c u m mit einem Haydn-Mozart-Kon-zert hervortrat, so hatte man gehofft — bei dem älteren Meister war dies der Fall! —, daß auch der jüngere mit .Werken vertreten sein würde, die, etwas abseits von dem Vielgebotenen, sozusagen eine „Entdeckung“ darstellen konnten.

Mit gewichtigen Beiträgen war in den Konzerten der letzten Zeit die musikalische Romantik vertreten. So stimmte die Sozialistische Bildungszentrale eine Sonntagsmatinee ganz auf die romantische Note ab und stieß nach Werken von Schubert und Schumann (Klavierkonzert mit Doris Leischner) mit Max Reger in die Jüngstvergangenheit, mit Richard Strauß (Till Eulenspiegel) bis in die Gegenwart vor. Wie es scheint, stand dem Herzen des Dirigenten Karl H u d e z Max Reger am nächsten. Dabei. wurde bei dem bedeutenden Klangvolumen dieser Stücke erstaunliche Transparenz erzieh. Der Obhut dies gleichen Dirigenten war an diesem Tage auch ein Nachmktagskonzert anvertraut, dessen Pro-gramen mit Mendelssohn „Sommernachtstraum “-Musik, mit Weber und Rknsky-Korssakow ebenfalls auf der romantischen Linie lag und mir mit Maurice Ravels in den Konturen nur merkwürdig andeutend gehaltenen Poeme „La Valse“ in unsere Zeit hineinreichte. Karl Hudez besitzt eine lockere Dirigierhand und wirkt in der Geste maßvoll

In einem Orchesterkonzert der Konzert-haus-Gesellschaft sah sich Rudolf Moralt Aufgaben gegenüber, die ebenfalls in das Reich der Romantik führten. Die tänzerische Geste der großen C-dur-Symphonie Franz Schuberts kommt der Interpretation des Dirigenten ebenso entgegen wie etwa die im dionysischen „Tanzlied“ gipfelnde Tondichtung „Also sprach Zarathustra“ von Richard Strauß, dessen Schaffen ja eine besondere Domäne von Moralts Dirigierkunst darstellt. Als Mittler zwischen Schubert und Strauß wirkte Franz Liszt mit seinem Es-dur Klavierkonzert. Tibor v. W e h n e r fühlt sich, wie er auch wenige Tage später in einem Liszt-Wagner-R.-Strauß-Konzert erhärten konnte, in der virtuosen Klavierwelt Liszts heimisch, dämpft aber zugleich die Romantik dieses größten Klavierzauberers deutlich nach der Seite moderner Sachlichkeit ein. Die Expression ist hier gebändigt. Der Abend des Dreigestirns Liszt, Wagner, R. Strauß beschränkte sich auf Klavierstück und Lied. Anny K o n e t z n i rief mit den Wesen-donckliedern Erinnerungen an ihre, hoffentlich nur vorübergehend abgebrochene Bühnenlaufbahn , wach. Anton Dermota fand an der Charaktervielfalt Straußischer Liedkunst reichlich Gelegenheit, seinen Vortrag und seine Stimmkultur zu bewähren.

Auch die Philharmoniker, an deren Dirigentenpult diesmal Josef Krips erschien, wählten für ihr Sechstes Abonnementkonzert ein Programm aus dem romantischen Stimmungskreis. Die beiden in ihrem Leben und Schaffen so beziehungsreichen Meister Robert Schumann und Johannes Brahms waren mit ihrer Symphonie Nr. 4 vertreten. Man stellte zwischen sie die klangprächtige „Sakuntala“-Ouvertüre Carl Goldmarks mit ihrem Trompetenpomp und ihrer Harfenseligkeit. An dem Gegensatz schien sich die Eigenart der neuklassischen Symphoniker nur noch schärfer, zu profilieren. Josef Krips war wieder jmk seiner ganzen musikantischen Vitalität bei der Sache.

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