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Das Volk muß leiden

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Zu den Wunden, unter denen Afrika leidet, zählen die Bürgerkriege. Für die einen Länder — wie etwa Uganda — liegt die Ursache des Krieges in der Rivalität zwischen Stämmen. In Äthiopien und im Sudan hat der Krieg sowohl ideologische Gründe als auch solche der regionalen Identität. Die Konflikte in Angola und in Mo-zambique haben rein ideologische Wurzeln.

Angola und Mozambique haben den ehemaligen portugiesischen Kolonisator gemeinsam. Sie errangen die Unabhängigkeit in einem bewaffneten Befreiungskrieg. Den Marxismus-Leninismus praktizieren sie als sozio-ökonomisches System. Beide kämpfen gegen eine antikommunistische Guerilla im eigenen Land, die von den destabilisierenden Akten Südafrikas unterstützt wird.

„O Povo sof re“ - „Das Volk leidet“. Diesen Aufruf kann man überall in Angola hören. Das Volk in den Städten und Dörfern sehnt sich nach Brot und Frieden. Beides wird es aber nicht so bald erhalten.

In 13 Jahren hat dieser Krieg drei Viertel des Landes zerstört. Er verhindert eine normale ökonomische Entwicklung. Praktisch sind alle landwirtschaftlichen Produkte eines Landes, das alles hatte, vernichtet.

1975 wurden in Angola 300.000 Tonnen Mais und 180.000 Tonnen Kaffee verkauft. Zehn Jahre später waren es nur mehr 20.000 beziehungsweise 17.000 Tonnen. Mit Ausnahme der Armee und des Erdöls sind alle wirtschaftlichen Sektoren gelähmt.

Seit ihrem Machtantritt in Luanda kämpft die Einheitspartei mit marxistischer Führung, die

MPLA (Volksbefreiungsbewegung Angolas), gegen die prowestliche Guerilla UNITA (Nationale Vereinigung für die volle Unabhängigkeit Angolas), die -geführt von Jonas Savimbi — von Pretoria und Washington unterstützt wird.

Die Guerilla kontrolliert ein Drittel des Territoriums. Neben der FAPLA (Volksstreitkräfte für die Befreiung Angolas) unterstützen kubanische Soldaten die Angolaner in ihrem Kampf, was den Staat 400 Millionen US-Dollar (40 Prozent der Oleinnah-men) kostet.

Der Einsatz der Kubaner ist eine Folge der effizienten und direkten Unterstützung der UNITA durch die SADF (South African Defense Force).

In den vergangenen zehn Jahren haben die UNITA und die Südafrikaner gehofft, durch grausame Uberfälle auf strategische Basen der angolanischen Streitkräfte im Südosten des Landes einen militärischen Durchbruch zu schaffen, der auch zum Verlust der Kontrolle über den Eisenbahnknoten Cuemba führen hätte sollen. Dieser ist nicht nur für Angola, sondern auch für Sambia und Zaire lebensnotwendig.

Der Mißerfolg zeigte den Südafrikanern, daß Angola der erste •schwarzafrikanische Staat ist, der auf die Kriegsmaschinerie mit gleicher Technik antworten kann. Das führte zu jener ausweglosen Situation, die zu diplomatischen Gesprächen zwang.

Für Pretoria und Washington

UNITA-Chef Jonas Savimbi

ist ungeachtet ihrer Unstimmigkeiten eine „afghanische Lösung“, Abzug der Kubaner und Bildung einer „unabhängigen, nationalen politischen Koalition“, vorstellbar. Für Luanda und seine Verbündeten ist die Lösung nur im Rahmen globaler Entscheidungen möglich: Stopp der südafrikanischen und amerikanischen Hilfe an die UNITA, Abzug der Südafrikaner und Verwirklichung der UNO-Resolution 435 — die Unabhängigkeit Namibias.

Mozambique ist ein direkter Nachbar Südafrikas und hält mit dem Hafen Beira - für Malawi, Sambia und Zimbabwe ein Weg zum Indischen Ozean — eine wichtige strategische Position inne.

Auch die an der Macht befindliche marxistische Partei FRELI-MO (Befreiungsfront Mozambi-

ques) kämpft gegen die antimarxistische Guerilla RENAMO (Nationaler Widerstand Mozambi-ques). Die RENAMO ist besonders grausam. Sie foltert ihre Gefangenen, schneidet Ohren, Nasen, Lippen und Brüste ab.

Ungeachtet offizieller Erklärungen ihres Führers, Alfonso Dhlakama, gibt es Fakten dafür, daß Pretoria diese Organisation leitet. Auf der Seite Mozambiques kämpfen Soldaten aus Malawi, Zimbabwe und Tansania.

Die Armee Mozambiques ist nicht effektiv. Gegen Sabotageakte südafrikanischer Kommandos ist sie nicht gerüstet.

(Camera-Press)

Im Unterschied zur UNITA in Angola ist die RENAMO keine glaubwürdige politische Alternative. Der mozambiquische Widerstand hat keine politische Struktur.

Die Menschen hungern, Kinder sterben. 1986 sind 8.000 Kinder an den Kriegsfolgen zugrunde gegangen.

Pretoria gestaltet seine Beziehungen zu Luanda und Maputo nach dem Motto „Zuckerbrot und Peitsche“. Aber der Staat Pretoria liegt im Todeskampf. Zu hoffen ist auf ein baldiges Ende des Apartheidregimes. Doch bis dahin wird sich die chaotische wirtschaftliche Situation in Angola und Mozambique nicht ändern.

Das Apartheidregime ist der Gordische Knoten.

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