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Ein Beitrag zum würdigen Altern

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„Schaffung von Einrichtungen, die den älteren Menschen bei Krankheit oder Pflegebedürftigkeit zu Hause betreuen, solange dies medizinisch vertretbar ist“, fordert die ÖVP in ihrem zuletzt vorgestellten Gesundheitskonzept. Solche Einrichtungen gibt es in anderen Ländern bereits. In Dänemark etwa hat sich das „Heimhelfer-System“ bewährt.

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„Schaffung von Einrichtungen, die den älteren Menschen bei Krankheit oder Pflegebedürftigkeit zu Hause betreuen, solange dies medizinisch vertretbar ist“, fordert die ÖVP in ihrem zuletzt vorgestellten Gesundheitskonzept. Solche Einrichtungen gibt es in anderen Ländern bereits. In Dänemark etwa hat sich das „Heimhelfer-System“ bewährt.

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Peter Skov ist 75. Seine Frau ist nach einem Schlaganfall völlig gelähmt. Sie liegt im Pflegeheim. Peter Skov selbst ist so rüstig, daß er in seinem Haus bleiben kann, seinem kleinen Haus am Waldrand, aus dem er so so ungern wegziehen möchte. Kochen und Aufräumen kann er allerdings nicht mehr. Doch dafür kommt täglich eine „Heimhelferin“ für ein paar Stunden zu ihm und erledigt, wozu ihm die Kräfte fehlen.

Dänemarks „Heimhelfer“ helfen in zwei Richtungen. Sie helfen alten, kranken und bedürftigen Menschen bei der täglichen Arbeit. Sie helfen ihnen auch durch den persönlichen Kontakt. Sie helfen anderseits dem Gesundheitswesen, da es Altersheimplätze für schwere Fälle sparen kann.

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Die Heimhelfer arbeiten nicht nur

bei alten Menschen, auch wenn sie dort ihren Haupteinsatz leisten. Auch eine Mutter, die krank wird, kann einen Helfer bekommen, der auf die Kinder aufpaßt. Oder eine Familie, die ein Baby erwartet. Das Prinzip heißt, daß Heimhelfer dort eingesetzt werden sollen, wo ihr Einsatz die einfachste, billigste und meistens auch für alle Seiten angenehmste Lösung darstellt.

Der Antrag auf Zuteilung eines Helfers muß vom praktischen Arzt gestellt werden, der ihn derK Gemeinde übermittelt. Die Gemeinde weist die Helfer zu und bezahlt sie, wobei der Hilfebedürftige je nach Vermögen der Gemeinde einen Teil der Kosten zurückerstattet.

Der Einsatz ist individuell abgestimmt und reicht von halbstündigen Besuchen mit dem Zweck, die täglichen Einkäufe zu erledigen, bis zu vollen Tageseinsätzen, wenn es gilt, die Kinder einer kranken Mutter zu versorgen.

In einer Zeit mit Arbeitslosigkeit ist der Job als Heimhelfer sehr gefragt, und die Einsatzstellen haben die Möglichkeit, unter den Bewerbern auszuwählen. Daher wird nun die Absolvierung eines achtwöchi-gen Grundkurses als Voraussetzung für den Einsatz vorgeschrieben. Der von manchen Gemeinden aus Kostengründen durchgeführte Versuch, den Arbeitseinsatz zu effektuieren, so daß ein Helfer möglichst viele Einsatzstellen pro Tag aufsuchen kann, hat nicht in die gewünschte Richtung gewirkt. Schließlich war der Um-

stand, daß der Helfer Zeit hatte, auch ein wenig an den persönlichen Problemen der Betreuten teilzunehmen, ein Hauptgrund für den Erfolg des Systems.

Heimhelfer verdienen derzeit etwa 85 Schilling pro Stunde, etwas mehr als ein dänischer Hilfsarbeiter. Die meisten Heimhelfer arbeiten auf Teilzeitbasis und mit stundenweiser Bezahlung. Das System ist für die Gemeinden nicht billig, die Lohnkosten belasten jedes Kommunenbudget, aber es ist immer noch weit günstiger als es die Alternative wäre, der Ausbau von Alters- und Pflegeheimen.

Doch das Heimhelfer-System ist nicht das einzige, was Dänemark auf dem Gebiet der Altenbetreuung zu bieten hat. Es ist - in Einzelfällen -auch möglich, sich ganz der Betreuung eines kranken Menschen zu widmen, um diesem die Einlieferung in ein Spital zu ersparen, und dafür bezahlt zu werden.

Nicht um Einzelfälle, sondern um einen Teil des Sozialsystems handelt es sich hingegen bei den „beschützten Wohnungen“, einer Zwischenstufe zwischen Heimpflege und Altersheim. In „beschützten Wohnungen“ wohnt ein alter Mensch, ein altes Paar wie in seiner eigenen Wohnung - ja, es ist seine eigene Wohnung, eine ganz gewöhnliche Wohnung mit den eigenen Möbeln, in der er seine Pension erhält - nicht wie im Altersheim nur ein Taschengeld -und davon seine Miete zahlt.

Einzige Besonderheit ist ein Alarmknopf, mit der die Wohnung ausgestattet ist, und mit dem aus dem naheliegenden Pflegeheim Hilfe gerufen werden kann.

Daß die Altersheime in Dänemark gemütlich und bequem sind und jedenfalls ganz bestimmt keine Wartestation aufs Sterben, gehört mit ins Bild. Daß dennoch viele alte Menschen alles tun wollen, um die Einlieferung in ein solches Heim zu vermeiden, ist wohl psychologisch bedingt.

Das dänische Sozialsystem trägt diesen Ängsten Rechnung und hat Alternativen entwickelt, die die „Endstation Altersheim“ so lange wie möglich vermeiden. Daß damit eine Uberfüllung dieser Heime vermieden wird, ist ein angenehmer Nebeneffekt. „Würdiges 'Altern“ soll mehr sein als ein Schlagwort.

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