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Fest verdienen

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Mit Triumphgeheul und einem -riesigen Korb voller Süßigkeiten endet für den Kleinen die Ostereiersuche im Garten.

Leider beschenken viele Eltern ihre Kinder nicht nur mit Ostereiern, Stoffhasen und Nougatdelikatessen, sondern auch die lebenden Häschen sind sehr gefragt. Eine Mitarbeiterin des Wiener Tierschutzhauses meint dazu: „Man kann nicht sagen, daß nach Ostern mehr Tiere weggelegt werden; nach den Feiertagen werden vielleicht zehn Hasen bei uns abgegeben.“ Manche Leute wollen allerdings zu Ostern Tiere aus dem Tierschutzhaus verschenken. „Wir raten dann, einen Gutschein über das Geschenk auszustellen, und wenn der erste Geschenke-Rummel vorbei ist, kann der Beschenkte immer noch zu uns kommen“, meint die Mitarbeiterin.

Neues Leben, das eigentlich im Mittelpunkt der Osterfeiern stehen sollte, hat in Wirklichkeit nicht viel Wert. Geschickte Tierhändler wissen damit ein gutes Geschäft zu machen. Als besonderen Gag kann man den Kindern lebende, in den Frühlingsfarben eingefärbte Küken kaufen. Die Händler dürfen sich freilich beim Verkauf solcher Tiere nicht erwischen lassen, denn das Einfärben von Küken — ein „Brauch“ aus den südlichen Ländern - ist Tierquälerei.

Beim Tierschutzverein weiß man nichts von eingefärbten lebenden Tieren in Österreich. Die Mitarbeiterin des Tierschutzhauses erzählt: „Zu mir sind schon öfters Leute gekommen, die darauf aufmerksam gemacht haben, daß es in dieser oder jener Tierhandlung bunte Küken gibt. Wir gehen solchen Vorkommnissen natürlich nach und bringen sie zur Anzeige. Wenn man solche Tiere kaufen will, bekommt man sie unter der Hand.“ Auch mit Hasen, Hamstern und Meerschweinchen, die den Kindern statt der Schokolade-Langohren in den Osterkorb gelegt werden, verdienen die Tierhändler.

Die Spielwaren-Branche feiert zu Ostern auch ein wahres Fest.

Neben Puppen, Plüschhasen und Gesellschaftsspielen verkaufen sich Computer-Spiele und Baukästen aller Art besonders gut. Außerdem geht der“ Trend beim Ostereinkauf zu sportlicher Freizeitunterhaltung. Neben Federballspielen und Skateboards kann man den Kindern zum Beispiel einen elektrischen Gelände-Racer kaufen. Traditionelle Ostermärkte hingegen bieten vor allem Naturerzeugnisse an. Strohblumen in handgefertigten Tonvasen wiegen sich dort neben Gläsern mit Löwenzahn-Sirup und dem „Gusto-Essig“ mit eingelegten Heidel- oder Himbeeren. Man verkauft Palmkätzchen und alle Arten von Frühlingsblumen. „Bei mir wird am meisten von unseren handgemachten, mit Kräutern gefüllten Stoffhexen verkauft“, meint die Inhaberin eines Standes, „besonders gut gehen auch die Haserln aus Mohnkapseln und die Küken aus Filz.“ An einem anderen Stand sieht der Inhaber seinem aus Holz geschnitzten Hasen in Stoffkleidung zum Verwechseln ähnlich. Ob er da wohl das Vorbild war?

Handgemachte Ostergeschenke sind eher selten. Hasen oder Küken sind meist aus Plüsch oder Plastik und werden im Fernen Osten hergestellt. Ein Salzburger Erzeuger meint dazu: „Ich kann es mir nicht mehr leisten, die Oster-sachen in Österreich machen zu lassen, das ist viel zu teuer. Hasen und Küken in Trachtenanzügen werden bis aufs Haar gleich im Fernen Osten viel billiger erzeugt.“ Für handbemalte Glasoder Hühnereier müssen heimische Unternehmer allerdings auf österreichische Arbeitskräfte zurückgreifen.

Zum Ostermahl entdecken auch die Österreicher immer mehr das Lamm. Im Jahr 1987 wurden 38.602 Schafe verzehrt, die fast zur Gänze in der Alpenrepublik gezüchtet worden waren. Zwei Jahre davor waren es noch um rund 8.000 Tiere weniger. „Bei uns gibt es Lammfleisch nur auf längere Vorbestellung“, erklärt die Verkäuferin an einem Fleischstand in der Wiener Markthalle, „heuer wollen so viele einen Lammbraten, solche Mengen bekommen wir gar nicht geliefert.“

Höchst beliebt sind auch Oster-schinken und Putenfleisch. Als Nachspeise gibt es ein Stück vom in alten Backmodeln gefertigten Osterlamm aus sogenanntem Sandteig, der manchmal auch so schmeckt, wie er heißt.

Ei ist freilich nicht gleich Ei. Für Leute mit ausgefallenem Geschmack gibt es Wachtel-Eier, oder man sammelt die ausgeblasenen Eier artengeschützter Vögel. Naturschützer färben die Ostereier mit Rotenrübensaft oder Tee — der ergibt eine attraktive schmutzigbraune Farbe.

Aber viele Menschen erleben die Osterfeiertage gar nicht in Österreich. Sie sind längst auf den Kanarischen Inseln, in Thailand oder auf Rhodos. Fernreisen waren bei den meisten Reiseveranstaltern schon vor einigen Wochen ausgebucht. Besonders beliebt sind dieses Jahr Israel und wegen des niedrigen Dollarkurses die USA. Ein Mitarbeiter eines großen Flugreise-Anbieters meint: „Zu Ostern bleiben die Leute zu Hause, die nicht rechtzeitig gebucht haben. Probleme mit Restplätzen haben wir bei keinem einzigen Flugziel.“ Allerdings fliegt nicht die ganze Familie, sondern meist nur die Eltern. Die Kinder verbringen Ostern bei den Großeltern. Auch Städte-Kurzreisen ins umliegende Ausland sind heuer sehr gefragt und daher restlos ausgebucht.

Mindestens bei Jugendlichen, die es gerne laut haben, sollte Ostern „in“ sein. Man wird von Gründonnerstag bis Ostersonntag fürs Lärm-Machen sogar belohnt. Wer in dieser Zeit seine Osterratsche am lautesten betätigt, kann mit vielen Eiern und Schoko-Hasen rechnen.

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