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Geldregen in leere Parteikassen

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Wenn es darum geht, die Löcher in den eigenen Kassen zu stopfen, dann geschieht dies bei Parteien geradezu über Nacht. Das war bisher so und ist auch bei der neuesten Geldbeschaffungsaktion nicht anders. Die Besteuerung der Parteispenden wurde vor knapp drei Jahren vom Nationalrat fast um Mitternacht, so gut wie ohne Zuschauer, gesenkt. Für 1990 würden 1989 zunächst blitzschnell die Mittel der politischen Akademien aufgestockt, und bei den zusätzlichen 100 Millionen Schilling für Wahlkampfkosten machte man im Vorjahr auch nicht viel Federlesens.

Der jüngste Geldregen - abermals rund 100 Millionen dazu -wurde so überraschend entriert, daß es der Klubobmann der Grünen, Johannes Voggenhuber, „handstreichartig” nannte.

Die Sache bringt die Koalitionsparteien etwas in Argumentationsnotstand und die Opposition in ein Dilemma. Denn alle Parteien haben finanzielle Zubesserungen nötig, aber die Oppositionsparteien zieren sich, die Gaben anzunehmen. „Nein” zu sagen und dann doch die Hand aufzuhalten, würde sie unglaubwürdig machen; einem „Nein” aber die konsequente Tat folgen zu lassen, bekäme der jeweils eigenen Finanzlage sehr schlecht. Also sagt man vorläufig „Jein”.

FPÖ-Klubobmann Norbert Gu-gerbauer wetterte im Gespräch mit der FURCHE - noch vor der für den 21. März angesetzten Abstimmung im Nationalratsplenum - gegen die Anhebung der Parteisubvention und nannte sie „in der jetzigen Budgetsituation unverantwortlich”. Ob seine Partei aber die Auszahlung beantragen wird, konnte auch er nicht sagen. Gugerbauer verwies auf den nächsten Bundes-FP-Vorstand.

Bei den Grünen ist die Lage ähnlich. Diesmal ist nämlich die Situation anders als bei der zusätzlichen 100-Millionen-Spritze, die sich die Parteien voriges Jahr genehmigten. Damals verzichtete die FPÖ auf ihre rund 13 Millionen, die dann auf die anderen Parteien aufgeteilt wurden. Die Grünen kassierten ihren Anteil, gaben ihn aber Bürgerinitiativen weiter. Diesmal aber muß eine Partei die Auszahlung ihres Anteils beantragen. Tut sie dies nicht, verfällt das Geld.

Wie auch immer: Die Angelegenheit erinnert an einen „Kundenrausch” im Selbstbedienungsladen. Und die SP-VP-Koalition gibt sich relativ wenig Mühe, etwas zu verbergen.

Zunächst wird einmal die „normale” Parteienförderung des Bundes um 85 auf 191 Millionen Schilling aufgestockt. Dazu kommt eine Erhöhung der ursprünglich mit 102 Millionen dotierten Subvention für die politsichen Akademien um 7,8 Millionen Schilling. Dann wird auch noch für die Kreisky-Stif tung und die Raab-Stiftung etwas ausgeschüttet (30 Millionen). Damit kommt man schon auf rund 300 Millionen Schilling an Bundesförderung für die Parteien. Wohlgemerkt: der heurige Geldsegen ist nicht als einmalige Zahlung deklariert wie die 100 Millionen des Vorjahres.

Rechnet man noch die Ausgaben für die Parlamentsklubs hinzu, neuerdings um 11,8 Millionen Schilling als „gemeinsame Ausgaben für National- und Bundesrat” aufgestockt, dann ergibt das einen ganz schönen Batzen.

Namentlich für den Parlamentsbetrieb und die Arbeit der Abgeordneten, ist der Sinn dieses Aufwandes nicht bestritten. Die Fraktionen konnten sich nunmehr mit EDV-Anlagen ausrüsten und erhalten einige Dienstposten als „lebende Subventionen” (Referenten für die Ausschußarbeit) dazu.

Aber was ist mit dem anderen Teil der „Gaben”? Off iziell wird die Erhöhung-eigentlich ist „Budgetsparen” angesagt - mit Aktivitäten in Sachen EG und der Öffnung des Ostens begründet. Das stimmt mit der bisherigen Linie überein: schon im Vorjahr wurde die Aufbesserung für die politischen Akademien damit begründet. Und die Parteien tun auch einiges mehr auf dem internationalen Sektor.

Allerdings pfeifen es die Spatzen von den Dächern, daß in den Parteikassen Ebbe herrscht. Die Spenden sind, vor allem wegen einer geänderten Stimmungslage angesichts verschiedener Skandale, drastisch zurückgegangen, weiß man nicht nur bei der ÖVP. Der SPÖ liegt beispielsweise auch die Trennung von der „AZ” im Magen; an die 70 Millionen betrugen bekanntlich die Schulden. Über Schulden der Partei wollte Zentralsekretär Peter Marizzi „im Detail nichts sagen”. Undauchbei der FPÖ und bei den Grünen schweigt man sich aus; Gugerbauer dementiert eine tiefe Verschuldung seiner Partei.

„Milliardenunternehmen”

Das Wahlergebnis hat den Großparteien, voran der ÖVP, eine Verdünnung des öffentlichen Geldflusses beschert. Somit ändert man nun die Gesetzeslage. Offiziell sind die Parteien ja nicht reich: In den publizierten Rechenschaftsberichten für 1989 wies die SPÖ Einnahmen von 288,4 Millionen auf, davon kamen 41,5 Millionen Schilling als Parteienförderung. Die ÖVP erhielt 39,8 Millionen Subvention und brachte es auf 121,8 Millionen Schil -ling Einnahmen. Die FPÖ erhielt als Parteienförderung 12,4 und die Grünen 7,3 Millionen Schilling.

Das alles sagt noch nichts über die Gebarung zwischengeschalteter Vereinigungen und Stiftungen und nichts über die Landesparteien aus. Alles zusammengenommen dürfte schon vor einem oder vor zwei Jahren die Milliardengrenze überschritten worden sein.

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