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Pannoniens letzte Ruhestätten

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Deutsch-Altenburger Kurgästen und bildungsbeflissenen Ausflüglern wird neuerdings wieder ein museal aufbereiteter Einblick in die römische Vergangenheit unseres Landes gewährt. Über Privatinitiative des Restaurators des Österreichischen Archäologischen Instituts, Franz Xaver Prascsaits, und einer Gruppe freiwilliger Helfer wurde in einem von der Gemeinde Petronell aufgekauften Siedlungshaus ein kleines Museum etabliert.

Da das Museum Carnuntinum in Bad Deutsch-Altenburg nach wie vor wegen Umbaues geschlossen ist, bildet das Museum Petronell-Carnuntum in der Hauptstraße Nr. 439 bis auf weiteres das einzige Beispiel für eine informative Zur-Schaustel-lung der Erde entrissener Relikte der ehemaligen Militär- und Handelsmetropole an der mittleren Donau.

Das Museum Petronell-Carnuntum stellt vor allen den antiken Totenkult vor. Daneben ist, in einen Schauraum eingegliedert, der 1980/ 1981 von Hof rat Herma Stiglitz vom österreichischen Archäologischen Institut freigelegte Hauptkanal, der sich an dieser Stelle mit einem Wasserleitungsstrang des 3,6 Hektar großen Carnuntiner Auxiliar-(Reiter-)KastelLs aus dem 1./2. Jahrhundert n Chr. kreuzt, zu sehen

Die Exponate stammen von den ebenfalls von Hofrat Stiglitz geleiteten Rettungsgrabungen im Zusammenhang mit dem Bau der neuen Schnellstraße B 9, deren Trasse das große Gräberfeld südlich des Amphitheaters II sowie die Gräberstraße schneidet.

Die Gräberstraße führte vom Legionslager nach Südwesten über Bruck an der Leitha, entlang des Neusiedler Sees in Richtung Aqui-leia (Italien), und ist nach den hier angelegten Gräbern für verstorbene Militärangehörige benannt. Das Gräberfeldsüdlich vom Amphitheater der Zivilstadt diente hingegen als letzte Ruhestätte für Bürger der Provinzhauptstadt Oberpanno-niens. Seiner Entdeckung verdanken wir ergänzende Erkenntnisse über die Entwicklung von Camuntum, das unter Kaiser Hadrian das Stadtrecht erhaltenhat (etwa 132 n.Chr.).

Nachgewiesen werden konnten bei den wissenschaftlichen Untersuchungen sowohl Körper-als auch Brandbestattungen. Bis zum zweiten Jahrhundert überwogen., die Verbrennungen, gegen400-wahrscheinlich als Folge der zunehmenden Christianisierung -gingen diese zurück und im Jahre 768 wurden sie überhaupt verboten.

Unter den Brandbestattungen registrierten die Archäologen vor allem von speziellen Ster-bevereinen durchgeführte Beisetzungen in sogenannten

Bustumsgräbern, bei denen der Leichnam nicht wie üblich auf dem eigentlichen Verbrennungsplatz, sondern direkt über der Grabstelle verbrannt worden war, ehe die Asche in einem Steinbehälter oder in einer tönernen Urne unter Abhaltung zeremonieller Totenopfer unter die Erde gebettet wurde. Ob das in einer einfachen oder mit Ziegeln abgedeckten Grube geschah, hing von der Höhe der Begräbniskosten ab.

Auch bei der Körperbestattung gab es je nach den finanziellen Möglichkeiten der Familie differenzierte Beisetzungsarten. Entweder wurde der in ein Leichentuch gehüllte Tote in die bloße Erde versenkt oder in einem Holzsarg begraben. Vermögende Bürger bestatteten ihre Angehörigen in steinernen Kisten, Sarkophagen oder Grabhäusern. Waren die Sarkophage mit Reliefs geschmückt, wurden sie allerdings trotz drohender Todesstraf e schon in der Antike von Grabräubern zerschlagen und ausgeraubt

Zu den religiösen Pflichten der Römer gehörte es, dem Toten nicht nur eine Münze für den Fährmann ins Reich des Schattens in den Mund zu legen, sondern ihm auch Lebensmittel und Getränke ins trübe und freudlose Jenseits mitzugeben, oft auch mit duftenden Ölen, Parfüms und Salben gefüllte kleine Glas-fläschchen

Manchmal kamen auch persönliche Geschenke - etwa Schmuck oder Spielzeug - dazu.

Prascsaits und seine idealistischen Helfer haben im Museum zehn Gräber verschiedenen Typs und einen Grabstein aufgebaut In Vitrinen sind diverse Grabbeigaben zu sehen Von den Helfern verfaßte, hektographierte Informationsblätter erläutern die Exponate. Das Museum ist an Samstagen und Sonntagen geöffnet, kann jedoch über Ansuchen auch in Begleitung eines bei den Ausgrabungen des Auxiliarkastells beschäftigen Archäologen beziehungsweise eines dieser „Freiwilligen“ außerhalb dieser Zeiten besichtigt werden.

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