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Überschaubar und dezentral

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In lockerer Folge bringt die FURCHE Stellungnahmen von führenden Persönlichkeiten der Wirtschaft zum Thema erfolgreiche Wirtschaftspolitik für die Zukunft. Im folgenden Beitrag plädiert der Generaldirektor der Volksbanken AG für mehr Freiraum auf betrieblicher Ebene.

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In lockerer Folge bringt die FURCHE Stellungnahmen von führenden Persönlichkeiten der Wirtschaft zum Thema erfolgreiche Wirtschaftspolitik für die Zukunft. Im folgenden Beitrag plädiert der Generaldirektor der Volksbanken AG für mehr Freiraum auf betrieblicher Ebene.

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Die gegenwärtigen Tendenzen und Kennzahlen der Wirtschaft sind meiner festen Uber-, zeugung nach Ergebnisse langfristiger Entwicklungen. Wie sieht daher sozusagen das weltwirtschaftliche Panorama der letzten Jahrzehnte kurz skizziert aus?

• Um die Jahrhundertwende galt noch die „pax britannica” mit dem unbestrittenen Finanzzentrum London. Aber auch Großteile des Humankapitals standen durch die Kolonialisierung unter der Führung Englands.

• Ab 1945 wurde die pax britannica von der „pax americana” abgelöst. Das Bretton-Woods-Sy-stem machte den Dollar für Jahrzehnte zur unangefochtenen Leit-und Reservewährung der Welt.

• Ab 1970 wurde die Vorherrschaft Washingtons und New Yorks durch eine multipolare Landschaft abgelöst. Es entstanden zusätzliche Zentren wirtschaftlicher Macht in Westeuropa, Japan, im Nahen Osten und in den sogenannten Schwellenländern.

• Dieses letzte Jahrzehnt war gekennzeichnet durch einen Umbruch der Weltwährungsordnung, durch zwei Olschocks, von denen der erste im Jahre 1974 eine Vervierfachung der ölrechnun-gen bedeutete und eine Verschärfung der Wettbewerbssituation auf grund der neuen internationalen Arbeitsteilung.

Die österreichische Wirtschaft hat im 20. Jahrhundert eine fast 40jährige Stagnationsphase durchgemacht, und zwar wurde erst 1953 wieder das Pro-Kopf-Einkommen des Jahres 1914 erreicht. Nach den Boomjahren der Nachkriegszeit zeichnet sich ein Ende der Aufholphase ab; man wird sich an Realwachstumsraten von zwei, maximal drei Prozent gewöhnen müssen.

Während die Zuwachsrate des Bruttoinlandsproduktes 1980 in Österreich noch 3,1 Prozent betrug, ist diese Ziffer 1981 auf 0,1 Prozent zurückgegangen. Einschneidende negative Auswirkungen auf Osterreich konnten bisher aufgrund kurzfristig wirksamer Gegensteuerungsmaßnahmen noch relativ erfolgreich abgewehrt werden. Kann aber das einzige Rezept, nämlich immer höhere Staatsverschuldung, die Konstitution des Patienten Wirtschaft stärken oder wäre nicht der Beginn einer Langfristtherapie hoch an der Zeit?

Während Österreich international gute Erfolge in der kurzfristigen Bekämpfung der Arbeitslosigkeit bescheinigt werden — in einzelnen Bezirken ist die Arbeitslosenrate leider nicht so harmlos und erreicht bisweilen zweistellige Prozentsätze —, sind unsere Produkte, gemessen an internationalen Maßstäben, zu wenig forschungsintensiv.

Zweifellos wurden bereits erfolgversprechende Schritte dagegen unternommen, wie die Intensivierung der Forschungsförderung, die Topkreditaktion oder die Verabschiedung des Beteiligungsfondsgesetzes. Darf es aber bei solchen punktuellen Maßnahmen bleiben?

Ohne ein Allheilrezept anbieten zu können, erscheint mir eine mit allen Partnern abgestimmte zielgerichtete und umfassende Wirtschaftspolitik notwendig: # Die Budgetpolitik darf nicht von der Frage ausgehen, ob ein Defizit gerade noch finanzierbar ist, sondern ob ein genügend großer Spielraum für Konjunkturpolitik sichergestellt ist. Die alte Weisheit, wonach Sparmeister zwar unangenehme Zeitgenossen, aber angenehme Vorfahren sind, kann auch auf jene, die zu viele Wechsel auf die Zukunft ziehen, umgemünzt werden: Bequeme Zeitgenossen, aber Buhmänner von morgen.

Robert Wychera (Foto Archiv)

# Die Gesundung einer Volkswirtschaft ist nur über den Weg gesunder Betriebswirtschaften möglich — darauf müßten sich Wirtschaftstheoretiker und Praktiker wieder vollends einigen. Vor zehn Jahren haben namhafte Persönlichkeiten noch behauptet, durch wirtschaftspolitische Maßnahmen (Steuerpolitik, Notenbankpolitik, Ausgabenpolitik, etc.) beinahe jedes gewünschte volkswirtschaftliche Ergebnis erzielen zu können. Dieser Glaube wurde mehr als erschüttert.

# Der Kreditapparat hat im Interesse der Volkswirtschaft eine Niedrigzinspolitik zu betreiben. Eine Hochzinslandschaft verhindert nämlich nicht nur Investitionen, weil die Kreditzinsen zu hoch sind, sondern verleitet allgemein zu Geldvermögens-, statt zu Realvermögensbildung.

• Grundsätzlich lassen sich Negativentwicklungen nie ausschließen, aber wenn ja, dann am besten durch Dezentralisierung, Machtverteilung - statt Kumulierung. Dadurch ist einerseits eine Risikominimierung und Risikostreuung, andererseits ein rasches Reagieren auf geänderte Marktsituationen möglich.

Das ist auch das Geheimnis der Klein- und Mittelbetriebe, in denen die ungeheuer positiven Einflußfaktoren des freien Unternehmertums, wie Ideenreichtum, Risikobereitschaft, totaler persönlicher Einsatz, günstiges Betriebs- und somit Arbeitsklima, voll zum Tragen kommen. Nicht das Abwürgen, sondern die Förderung dieser Faktoren erscheint mir vorrangig.

Abschließend möchte ich noch jenen, die in der Arbeitszeitverkürzung die Lösung aller Probleme sehen, ein paar Gedanken mitgeben. So bestechend die Logik, nämlich Verteilung der vorhandenen Arbeit auf mehr Menschen ist, so halsbrecherisch ist sie auch, wenn man sie konsequent durchdenkt: Je weniger Arbeit, desto mehr Wohlstand! Ich bin aber im Gegenteil der Meinung, daß nur durch Arbeit geistige, wie materielle Werte geschaffen werden können.

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