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Weh im Aufbruch
Es tut sich was in der Welt. Erstarrte Strukturen brechen auf, totgeglaubte Lava setzt sich wieder in Bewegung. Mit .Aufbruch und Neugestaltung“ kennzeichnete Österreichs Außenminister Alois Mock die „besondere Zeit“, in welche die Ost-West-Beziehungen eingetreten sind.
Keine Frage: In Gang gesetzt hat viele dieser Prozesse der neue KPdSU-Generalsekretär Michail Gorbatschow. Aber Ronald Reagan, der Präsident der USA, hat nicht senil, sondern viril darauf reagiert (genauer: reagieren lassen). Die Ergebnisse sind vorzeigbar: der im Dezember 1987 unterzeichnete Vertrag über die Abschaffung aller Mittelstreckenraketen (INF), das fast fertige Abkommen über eine Halbierung der atomaren Langstreckensysteme (START), der Pakt über den Sowjetabzug aus Afghanistan.
Für die INF-Ratifizierung im US-Senat hat das jüngste Außenministertreffen der Supermächte in Genf den Weg geebnet. Im Herbst könnte START fertig sein. Dann werden wohl chemische und konventionelle Waffen an die Reihe kommen.
Hier wird es sich besonders spießen, weil davon nicht nur die Großen unmittelbar betroffen sind. Um ein Verhandlung smandat im Rahmen der Konferenz für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (KSZE) wird seit langem gerungen.
Aber auch in die KSZE-Konferenz, die seit November 1986 in Wien tagt, ist neuer Wind gekommen. Erstmals haben nicht nur im NATO-Flügel einzelne Staaten Profil gezeigt — auch im Ostblock haben vor allem die DDR, Polen und Ungarn eine gewisse (sicher mit Moskau akkordierte) Eigenständigkeit erkennen lassen.
Besonders aktiv aber waren diesmal die Neutralen und Nichtgebundenen
(N+N), die ihrerseits viele gegenläufige Interessen zu überwinden hatten. Aber die neun N+N'-Außenminister haben es geschafft, der 35-Nationen-Konferenz den Entwurf eines Schlußdokumentes vorzulegen, an dem die anderen 26 Länder nicht vorüberkönnen. Die Menschenrechte im allgemeinen und im besonderen, Religionsfreiheit (daran hatte Jugoslawien zu schlucken) und Bewegungsfreiheit über Blockgrenzen hinweg stehen im Mittelpunkt des einstimmig verabschiedeten Dokuments, das Minister Mock der Öffentlichkeit präsentierte.
Manche N+N-Partner wie die Schweiz hätten sich noch deutlichere Worte gewünscht. Aber Politik besteht aus Kompromissen. Es hat schon viel faulere als dieses N+N-Papier gegeben.
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