EU Kandidaten Elefantenrunde Maastricht Von der Leyen.jpg - © APA / AFP / ANP / Marcel van Hoorn

EU-Wahl: Kandidatensystem mit „Knacks“

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Nach dem demokratischen Umfaller 2019 soll das Spitzenkandidatenprinzip bei den kommenden EU-Wahlen wieder umgesetzt werden. Wie groß dessen proeuropäisches Potenzial ist, zeigt der geifernde Widerstand der FPÖ.

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Nach dem demokratischen Umfaller 2019 soll das Spitzenkandidatenprinzip bei den kommenden EU-Wahlen wieder umgesetzt werden. Wie groß dessen proeuropäisches Potenzial ist, zeigt der geifernde Widerstand der FPÖ.

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Was in Graz für den Bürgermeisterinnensessel gereicht hat und der KPÖ in Salzburg zum Einzug in den Landtag und zum Vizebürgermeister verhalf, kann auch auf europäischer Ebene die Stimmen für linke Politik maximieren. Dachte sich Walter Baier, Spitzenkandidat der Europäischen Linken, und widmete sein Plädoyer bei der ersten Elefantenrunde dieser Europawahlen in Maastricht dem Thema Wohnraum: Weil zu teuer und zu knapp, gehöre europaweit eine Kostenbremse rein – und ein Mietpreisdeckel drauf, meinte der frühere KPÖ-Vorsitzende. Beim überwiegend studentischen Publikum war ihm der Applaus sicher. Von der Universität Maastricht und dem EU-Nachrichtenportal Politico organisiert, zeigte dieses Aufwärmtreffen am Vorabend zum 1. Mai, entlang welcher Konfliktlinien der Intensivwahlkampf bis zur Europawahl im Juni ausgetragen wird. Gleichzeitig machte das erste Aufeinandertreffen die Stärken und Schwächen des Spitzenkandidatenprinzips deutlich.

Das Wort gibt es im EU-Jargon nur auf Deutsch, denn Deutschland brachte dieses Verfahren als Modifizierung der Europawahlen 2014 ein. Und zwar um die EU demokratischer zu machen, wie die offizielle Begründung lautete. Die Politikerinnen und Politiker an der Spitze einer europäischen Parteifamilie sollten im Fall des Wahlsiegs auch die Spitze der EU-Kommission besetzen. Inoffiziell könnte man sagen, die EU-Wahlen sollten mithilfe dieses Prinzips „normaler“ werden, sich lokalen, regionalen, nationalen Urnengängen angleichen, wo immer Spitzenkandidaten für die Spitzenposition kandidieren und diese nach erfolgreicher Wahl besetzen. „Europa muss Graz oder Salzburg werden!“ – Walter Baiers Diskussionsstrategie zeigt: Die Europäische Linke lässt sich auf dieses Prinzip ein und macht bei dieser „Normalisierung“ europäischer Wahlgänge mit.

Vilimsky gegen Wolf

Dass das keineswegs selbstverständlich ist, zeigt das „Fremdeln“ der FPÖ mit dem deutschen Fremdwort im EU-Politsprech – und vor allem mit dem, wofür das EU-weite Spitzenkandidatenverfahren steht. Zwei Tage nach der europäischen Elefantenrunde in Maastricht warf FPÖ-Spitzenkandidat Harald Vilimsky dem „ZiB 2“-Moderator Armin Wolf in einer Aussendung „ganz miese Manipulation“ vor. Grund für die Aufregung war, dass Wolf den Spitzenkandidaten der AfD für die Europawahl, Markus Krah, im Rahmen einer Gesprächsreihe mit den EU-weiten Spitzenkandidaten in die „ZiB 2“ eingeladen hatte. Die Fraktion „Identität und Demokratie“ (ID) im Europarlament, zu der Krah wie Vilimsky gehören, „hat aber keinen EU-Spitzenkandidaten“, polterte Vilimsky gegen diese Einladungspolitik des ORF, „weil es schlichtweg kein Spitzenkandidatensystem gibt“. Diese Totalabsage konterkarierend, stand aber der dänische Europaabgeordnete Anders Vistisen als Vertreter der ID-Fraktion bei der Spitzenrunde in Maastricht auf der Bühne – und Vistisen (von der „Dansk Folkeparti“) wird auch bei den weiteren Diskussionen in diesem Format, das es laut FPÖ gar nicht gibt, die ID-Positionen vertreten. Der Disput zeigt: Die Internationale der Nationalisten kommt bereits in dieser scheinbar rein organisatorischen Frage auf keinen europäischen Nenner.

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