Saubere Politik mit frischen Gesichtern

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Mit der Kandidatenliste für die Nationalratswahl senden die Grünen ein klares Signal in Richtung Junge. Wird die "Sauberpartei“ auch bei anderen Zielgruppen punkten können?

Wenn es nach den Grünen geht, könnten die nächsten Nationalratswahlen schon bald stattfinden. Die Themen, mit denen sie punkten wollen, stehen. Und seit dem letzten Wochenende steht auch das Team.

Beim Bundeskongress in Linz hat die Partei ihre Kandidaten für die Bundesliste gewählt und Eva Glawischnig als Spitzenkandidatin bestätigt. Mit "sauberer Politik“ will das "Team der Unbestechlichen“ bei den kommenden Wahlen mindestens 15 Prozent der Stimmen erreichen - um die Hälfte mehr als 2008. Damals wählten etwas über 10 Prozent der Menschen die Grünen. "Bemerkenswert“ nennt Politikforscher Filzmaier diese Zielsetzung: "Wenn die SPÖ in der gleichen Relation rechnen würde, müsste sie 45 Prozent anpeilen.“ In Umfragen liegen die Grünen derzeit bei rund 13 Prozent. Glawischnig reicht das nicht: "Ich will, dass wir so stark werden, dass wir eine neue Mehrheit für eine neue Politik in diesem Land zustande bringen“, ließ sie am Bundeskongress wissen.

Gelingen soll das vor allem mit einem Thema: Dem Kampf gegen Korruption. Für Filzmaier ist diese Botschaft logisch: "Selten bestand so objektiv eine klare Strategie für eine Partei.“ Als einzige größere Parlamentspartei, gegen die nicht von der Staatsanwaltschaft ermittelt, liegt diese Themensetzung nahe. Die Kernfrage ist für Filzmaier aber eine andere: "Wie schaffen sie es, diese logische und wichtige Botschaft auf konkrete Zielgruppen herunterzubrechen?“

Listenplätze als Insiderdebatte?

Genau diese Schlüsselzielgruppe ist weniger klar: "Das könnten Wechselwähler in den Speckgürteln sein“, meint Filzmaier, "berufstätige Frauen in den Städten oder eine Teilgruppe der 50plus-Generation.“ Dort gäbe es - allein durch die Bevölkerungstruktur - die größten Zuwachs-chancen. Die Wählerschicht, um die die Grünen am offensichtlichsten buhlen, sind aber jüngere Wähler.

Das spiegelt sich auch auf der Kandidatenliste für die Nationalratswahl wieder. Dort setzten sich bei der Besetzung der Bundesliste zwei junge Talente gegen etablierte Grüne durch, obwohl sie beide zuvor beim Gerangel um die Landeslisten-Plätze gescheitert waren: Die Tirolerin Sigrid Maurer (27) bis 2011 Vorsitzende der Österreichischen Hochschülerschaft, wurde auf den sechsten Platz gewählt. Und der 23-jährige Kärntner Julian Schmid, der in Wien studiert und Bezirksrat in Wieden ist, ergatterte Platz acht. "Beide sind starke, engagierte Leute, die Menschen begeistern und Junge dazu einladen, sich mit Politik auseinanderzusetzen“, sagt Bundesgeschäftsführer Stefan Wallner. Für ihn ist die größte Herausforderung, dass bei vielen Jugendlichen das politische Interesse erst gar nicht erwacht: "Hier gegenzusteuern, und die Jugend nicht dem rechten Rand zu überlassen, ist klare Aufgabe der Grünen.“

Laut Filzmaier ist aber nicht nur die Besetzung der Listenplätze für die meisten Wähler eine "Insiderdebatte, die nicht wahlentscheidend ist.“ Auch, ob ein Kandidat amtserfahren oder jünger ist, ist nebensächlich: "Ausschlaggebend ist, ob sie es schaffen, einen Bezug zur Lebenswelt von Schlüsselzielgruppen herzustellen.“ Den Fokus auf studentische Wähler hätten die Grünen nicht nötig: "Denn dort sind sie schon Nummer eins.“

Koalition als strategisches Dilemma

Platz für die jungen Kandidaten machten Etablierte: Sozialsprecher Karl Öllinger etwa steht nicht auf der Bundesliste, sondern sitzt in Wien auf einem Kampfmandat. Ins Parlament schafft er es nur, wenn die Grünen in der Hauptstadt zwei Prozent zulegen. Kommen soziale Themen - ein Kernbereich - dadurch zu kurz? Könnte ihnen das schaden? "Nein“, sagt Wallner, der selbst Generalsekretär der Caritas war, bevor er zu den Grünen wechselte und damit rechnet, dass Öllinger im Nationalrat bleibt: "Viele von uns kommen aus dem Sozialbereich und sind sehr kompetent in diesem Feld.“

"Nein“, meint auch Peter Filzmaier. "Grünwähler sind nicht betroffen von Sozialpolitik. Für sie ist das Feld immer ein Solidaritätsthema.“ Die Chancen, dass die Grünen bei der Nationalratswahl an Stimmen gewinnen, sind also nicht schlecht. Doch selbst dann stehen die Grünen vor einem strategischen Dilemma: Rein rechnerisch werden sie keine Möglichkeit auf eine Zweierkoalition haben. Möglich wäre nur eine Regierung mit SPÖ und ÖVP. "Die Frage ‚Worum geht’s bei dieser Wahl?‘ könnte zu einem Mobilisierungsproblem führen“, warnt Filzmaier.

Viel Zeit zum Mobilisieren bleibt den Grünen, wenn es nach ihnen geht, nicht mehr: Neuwahlen im Frühling wären nämlich in ihrem Interesse. "In der Regierung werden Streit und Konflikte intensiver“, sagt Wallner, "je früher der Weg für neue Reformkräfte freigemacht wird, desto besser.“

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