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Ein Dokument internationaler Zusammenarbeit

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Am 4. März 1949 nahm der Wirts chafts- nd Sozialrat der Vereinten Nationen eine Resolution an, die den Generalsekretär anwies, im Einvernehmen mit den den Vereinten Nationen nahestehenden Sozialorganisationen einen zusammenfassenden Plan für eine möglichst weitgesteckte technische Hilfeleistung wirtschaftlich zurückgebliebener Länder zu entwerfen; insbesondere sollten in diesem Zusammenhang auch geeignete Vorschläge zur Finanzierung und Koordinierung der Planungen aufgezeigt werden. Die Arbeit ist als Diskussionsgrundlage für allfällige Maßnahmen zur Vorlage in der neunten Ratstagung der Vereinten Nationen gedacht.

Das Ergebnis dieser Gemeinschaftsarbeit liegt nun vor. Unter dem Titel „Technical Assistance for Economic Development —- Plan for an Expanded Co-Operative Programme Through the United Nations and the Specialized Agencies“ wurden vom Informationsdepartment der Vereinten Nationen, Lake Success, die ausgearbeiteten Vorschläge in Buchform veröffentlicht.

Der Plan sieht eine zeitlidi unbeschränkte Zusammenarbeit zur Steigerung der allgemeinen Produktivität vor. Welche Unterschiede darin heute in den einzelnen Ländern bestehen, geht aus einer Zusammenstellung der Durchschnittseinkommen pro Kopf der Bevölkerung hervor. Während dieses im Jahre 1947 in den USA etwas über 1400 Dollar • lag,’ bewegte sich das Durchschnittseinkommen in 14 anderen (europäischen) Staaten zwischen 440 und 900 Dollar. In 25 weiteren Ländern, die fast die Hälfte der Weltbevölkerung umfassen, lag der Durchschnitt vielfach unter 100 Dollar im Jahr.

Das Problem des technischen Ausgleichs und damit die Steigerung der allgemeinen Produktivität muß daher von verschiedenen Seiten des Wirtschafts- und Sozialbereichs angefaßt werden. Die wachsende Weltbevölkerung verlangt eine umfangreiche Steigerung der Nahrungsmittelgrundlagen (Erhöhung der landwirtschaftlichen Produktivität), die aber ohne gleichzeitige Entwicklung auf dem industriellen und verkehrstechnischen Bereich undenkbar ist. Dies erfordert aber wieder eine Ausweitung und Verfeinerung des Welthandels- und Finanzierungsmechanismus. Dies alles ist ohne gleichzeitige Maßnahmen zur Hebung der Gesundheitsverhältnisse und Erziehung, zur Verbesserung der Arbeitsbedingungen und eines Minimums an sozialer Sicherheit (Schutz des Alters, der Kranken, der Frau und des Kindes) nicht möglich.

Höhere kulturelle Leistungen können nur auf der Grundlage angemessener wirtschaftlicher und sozialer Zustände erwachsen. Der technische Fortschritt stellt zur Erreichung dieser Ziele seinen erheblichen Beitrag bei. Die Differenziertheit der modernen Wirtschaftsmittel ist es, die eine fortschreitende Produktivitätssteigerung und damit die Höhe des jeweiligen Lebensstandards bestimmt. Die Frage der Durchführung von Investitionen in bestimmten Schlüsselbereichen der Wirtschaft, Standortplanung sowie Feststellung der zur Verfügung stehenden finanziellen Mittel, ist daher eine Aufgabe, die im Hinblick auf die heute „räumlich zusammengerückte“ Welt nur wieder mit einem weltweiten Maßstab gelöst werden kann. Bei diesen Planungen, die sich auf lange Sicht zu erstrecken haben, müssen die organischen Zusammenhänge nicht nur der einzelnen Volkswirtschaften, sondern darüber hinaus von Wirtschaftsräumen kontinentaler Prägung gewahrt bleiben. Der Aufbau technisch zurückgebliebener Wirtschaften erfordert von diesen in der Übergangszeit zweifellos ernste soziale und wirtschaftliche Lasten, die sich aber in späteren Entwicklungsabschnitten, wo sich die Investitionen voll auswirken, in einer natürlichen Steigerung der allgemeinen Lebenshaltung manifestieren. Auch Österreich ist heute in ähnlicher Lage, da es vor allem gilt, eine wesentliche Steigerung der industriellen (und landwirtschaftlichen) Leistungsfähigkeit herbeizuführen, was nur wieder im Wege kapitalintensiveren Wirtschaften (Aufbau der Produktionsgüterindustrien) erreicht werden kann. Auf dieser Linie liegt auch der zielbewußt durchgeführte Ersatz der verloren- gegapgenen Kapitalssubstanz. Der Bericht unterstreicht in diesem Zusammenhang die Wichtigkeit der individuellen Initiative und der individuellen Arbeitssteigerung.

Die Formen der technischen Hilfe sind verschieden. Auf der tieferen Ebene ist es die Beratung, die sich auf höheren Stufen zur praktischen Hilfeleistung durch Austausch moderner Produktionsmethoden, Lieferung von Rohstoffen und Investitionsgütern usw. steigert, um in der Hilfeleistung auf wirtschaftspolitischer und legislativer Ebene im Berichtswesen und in einem umfassenden technischen Informationsdienst die Ergänzung zu finden. Um die Organisation dieser technischen Hilfeleistung aufziehen zu können, wurde von den Vereinten Nationen ein Kostenvoranschlag von 35,9 Millionen Dollar für das erstejahrundvon 50,2 Millionen Dollar für das zweite Jahr aufgestellt. In weiterer Folge wird auch seitens der beteiligten Regierungen, von denen ja überdies die gedachte Hilfe beim Generalsekretariat anzusprechen ist, ein finanzieller Beitrag erwartet. Die Realisierung der Hilfeleistung soll durh? multilaterale Regierungsabkommen in Anlehnung an die Vereinten Nationen und ihre Organisationen erfolgen.

Die Autoren des Berihtes haben sih zweifellos redliche Mühe gegeben, ihrer Aufgabe gerecht zu werden, die Vorshläge für die Sanierung der einzelnen Sozialbereihe sind von einem bemerkenswerten Idealismus getragen. Es sind wirtschaftlich Zielsetzungen, die im Hinblick auf die stetig wachsende Weltbevölkerung in die Praxis umgesetzt werden sollen. Für Europa beispielsweise sind die vorgelagerten, reichen afrikanischen Rohstoffvorkommen als Reserve für di europäische Industrie vorgesehen. Trotz allem darf nicht vergessen werden, daß letzten Endes der technishe Fortshritt nur ein Mittel zur Schaffung einer besseren Welt sein kann, deren Gestaltung jedoch ruht von der Materie Und ihrer zunehmenden Meisterung, sondern vom Geist her die bestimmenden, vor allem sittlichen Impulse empfängt.

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