Helga Kromp-Kolb: „Der COP-Tanker ist zu langsam“
Wie sieht Österreichs bekannteste Klimaforscherin den UN-Gipfel in Dubai? Helga Kromp-Kolb über technische Irrwege und wichtige Fragen für den Wirtshaustisch.
Wie sieht Österreichs bekannteste Klimaforscherin den UN-Gipfel in Dubai? Helga Kromp-Kolb über technische Irrwege und wichtige Fragen für den Wirtshaustisch.
„Ich weiß, dass das manchen lästig ist, aber solange das Ziel eines guten Lebens für alle innerhalb der ökologischen Grenzen des Planeten nicht erreicht ist und solange es meine physische und geistige Gesundheit zulässt, werde ich weiterkämpfen.“ Das schreibt Österreichs bekannteste Klimaforscherin Helga Kromp-Kolb, die vor Kurzem ihren 75. Geburtstag feierte, in ihrem neuen Buch „Für Pessimismus ist es zu spät“. Anlässlich des Weltklimagipfels in Dubai (COP 28) bat DIE FURCHE die Expertin, die vor 30 Jahren ihren ersten „ZiB“-Auftritt hatte, zum Gespräch über Technologie, Politik und Debattenkultur.
DIE FURCHE: Was sagen Sie zum Austragungsort der Klimakonferenz? Kritiker sehen in den Vereinigten Arabischen Emiraten einen „Drogendealer“, der die fossile Sucht eigentlich weiter bedienen möchte ...
Helga Kromp-Kolb: Man sollte einen Ort wählen, wo ein gewisses Bemühen zu erkennen ist – das ist in Dubai nicht der Fall. Andererseits konnte man hoffen, dass angesichts der vielen Kritik auch dort eine neue Haltung von „Jetzt zeigen wir es ihnen aber!“ entsteht. Die Chancen, dass bei der COP 28 weitreichende Maßnahmen beschlossen werden, sind aber nicht sehr hoch.
DIE FURCHE: Umweltministerin Leonore Gewessler zeigt sich im Bereich der erneuerbaren Energien und beim neuen Ziel der Energieeffizienz optimistisch. Wie ist Ihre Einschätzung?
Kromp-Kolb: Das sehe ich auch so, weil es da relativ wenig Widerstände gibt. Es werden eine Verdreifachung der Erneuerbaren sowie eine Verdoppelung der Effizienzrate anvisiert. Das kann gelingen, weil die arabischen Länder zwar noch völlig auf fossile Energien ausgerichtet sind, zugleich aber beste Voraussetzungen für Erneuerbare haben. Auch beim Loss and Damage-Fonds für Schäden und Verluste durch die Klimakrise sind Fortschritte zu erwarten.
DIE FURCHE: Besonders umstritten ist das „Carbon Capture and Storage“, kurz CCS: Durch Abgasreinigung und unterirdische Speicherung soll ein Großteil des CO₂ aus der Atmosphäre ferngehalten werden. Was halten Sie von dieser Technologie?
Kromp-Kolb: Hier lauert die Gefahr, dass gesagt wird, wir reduzieren die Emissionen auf technischem Weg. Die Technologie kann diese Versprechen aber nicht halten. Sie ist nicht skalierbar, noch dazu würde die Abgasreinigung angesichts der hohen Emissionsraten sehr lange dauern. Das wäre nur bei großen Erfolgen im Klimaschutz denkbar, also knapp vor einer CO₂-Nettonull. Die leistungsfähigsten Anlagen in den USA können die Erderwärmung um rund 15 Minuten pro Jahr verringern – das ist so gut wie nichts.
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