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Mit Atomstrom billiger

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„Bis Ende 1970 wird der Kemkraft- werksanteil an der Energieerzeugung der ganzen Welt nur gegen 3 Prozent ausmachen, bis Ende 1980 wird der Anteil bereits auf 13 Prozent steigen und Ende des Jahrhunderts dürfte mehr als die Hälfte der Stromerzeugung in der Welt auf Kernkraftwerke entfallen!" meint der Leiter der Volkswirtschaftlichen Abteilung der Internationalen Atombehörde, Dr. Rurik Krymm.

Jahr und Tag hatte man während der Koalitionszeit in Österreich den Bau von weiteren Wasser- und Dampfkraftwerken mit der Begründung empfohlen, Österreich könne sich Kernkraftanlagen eben nicht leisten. Jetzt baut man im Tullnerfeld ein Atomkraftwerk.

Inzwischen ist das Reservoir an noch zu erbauenden Wasserwerken fast erschöpft, die Mehrzahl der Dampfkraftwerke — wie beispielsweise das kalorische Werk St. Andrä in Kärnten — von Kohle auf öl umgestellt worden. Dazu Prof. Dr. Heinrich

Mandel, Vorstandsmitglied der Rheinisch-Westfälischen Elektrizitätswerk AG, Essen: „Die spezifischen Anlagekosten von Kernkraftwerken weisen eine Starke Kostendegression mit zunehmender Größe auf; sie liegen bei Kemkraft Werkseinheiten von rund 1000 MWe in der Größenordnung der Anlagekosten von Steinkohle- bzw Ölkraftwerken. Die Brennstoffkosten von Kernkraftwerken sind jedoch zum Teil wesentlich niedriger als diejenigen herkömmlicher Kraftwerke. Beispielsweise wird das Kernkraftwerk Biblis (BRD1 mit einer Nettoleistung von 1150 MWe bei einer Auslastung von 6500 Vollastbenutzungsstunden Jahreskosten von rund 1,1 Milliarden Schilling verursachen und eine Ersparnis an Jahreskosten gegenüber einem Ölkraftwerk von zirka 30 Prozent ermöglichen und gegenüber einem nichtsubventionier- ten Steinkohlenkraftwerk von rund 60 Prozent.“

Ängstliche in Österreich haben in den letzten Jahren immer wieder auf den Umstand hingewiesen, welche Gefährdung der Öffentlichkeit durch den Bau von Atomkraftwerken und das dadurch entstehende Problem der Abfallbeseitigung abzusehen wäre. Zwar wurde in Österreich bisher noch kein „Bundesgesetz über die friedliche Verwendung von Atomenergie und den Strahlenschutz“ verabschiedet, wie es in der Schweiz der Fall war, doch könnte uns der eidgenössische Nachbar zum Vorbild werden. Dr. F. Alder, der Präsident der Eidgenössischen Kommission für die Sicherheit von Atomanlagen: „Jedes Gesetz braucht seine Ergänzungen. Auch wir haben unser Strahlenschutzgesetz mit einer Reihe von Verordnungen versehen: So werden unter anderen die maximal zulässigen Expositionen von Personen und die Abgabe von Radioaktivität an die Umgebung geregelt. Eine weitere Verordnung statuiert eine Sicherheitskommission, welche die technische Begutachtung von

Projekten für Kernkraftwerke vornimmt, sowie in regelmäßigen Inspektionen die ln Betrieb stehenden Anlagen überwacht. Die radioaktiven Abfälle weiden vorerst lokal auf dem Gelände der Kernkraftwerke gelagert. Auf weite Sicht sind regionale Lagerstätten geplant. Das Einlagem ln geologischen Formationen wird zur Zelt nicht näher studiert, insbesondere weil geeignete Lagerstätten fehlen. Hingegen beteiligte sich die Schweiz in diesem Jahr an einer internationalen Aktion der ENEA, in deren Verlauf schwach aktive Abfälle im Atlantik versenkt wurden!" Freilich: Will man Reaktoren gefahrlos betreiben, so muß man das Problem lösen, die anschwellenden Strahluhgsmengen unschädlich zu halten, ihren Verbleib unter Kontrolle zu bringen. „Immense Mühe ist schon zur Bewältigung dieser Aufgabe aufgewendet worden“, meint die Wiener Professorin Doktor Pleskot. „Sie ist aber bisher ungelöst geblieben.“

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